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Nach Macrons Sieg schließt der Dax im Minus

Freudensprünge für einen zukünftigen französischen Präsidenten Emmanuel Macron bleiben aus. Den Wahlausgang hatten die Märkte bereits vorweggenommen. Nach einem kurzen Sprung auf ein Rekordhoch verliert der Dax Punkte.

Der endgültige Wahlsieg Emmanuel Macrons hat die Rally an Europas Märkten nicht weiter befeuert. Der sozialliberale Parteilose setzte sich bei den französischen Präsidentschaftswahlen am Sonntag deutlich gegen die Rechtsaußen Marine Le Pen vom Front National durch. Anleger und Pro-Europäer zeigten sich sichtlich erleichtert. Ihr Schreckensszenario von der Lossagung Frankreichs von Europa, der Abkehr von Euro und Union, ist damit abgewendet. Doch die Kurse setzten ihren anhaltenden Höhenflug nur in den ersten Minuten fort. Schnell drehten die Börsen ins Minus, Gewinnmitnahmen prägten den Montagshandel.

Am Ende ging der Dax 0,2 Prozent leichter aus dem Handel bei 12.694 Punkten. Immerhin hatte es am Morgen für ein erneutes Rekordhoch beim Frankfurter Leitindex gereicht, das nun bei 12.762 Punkten liegt. Zeitgleich kletterte der französische CAC40 auf den höchsten Stand seit neun Jahren, ehe er um 0,9 Prozent fiel und bei 5382 Punkten schloss. Der Leitindex der Währungsunion, der Euro-Stoxx-50 gab ein halbes Prozent nach auf 3641 Stellen.

Dass die Freudensprünge ausblieben, lag daran, dass die schon stattgefunden hatten. Nach dem starken Abschneiden Macrons in der ersten Wahlrunde vor zwei Wochen, setzten die Anleger ganz auf den ehemaligen Wirtschaftsminister. Der Dax legte seitdem mehr als fünf Prozent zu, er überwand seine zwei Jahre alte Bestmarke, eilte von einem Rekord zum nächsten. Ein Wahlsieg Macrons war dementsprechend bereits eingepreist – man könnte sagen: Die Börsianer hatten ihn vorweggenommen. Ein weiterer Anstieg dürfte nun schwieriger werden. „Nach diesem Höhenflug ist der Dax überkauft und reif für eine Korrektur“, meinte etwa Analyst Christian Henke von IG Markets.

Das Rennen um das höchste Amt in der Grande Nation war im Vorfeld als europäische Schicksalswahl stilisiert worden, was nicht übertrieben war. Denn die Zustimmungswerte der Rechtspopulistin Marine Le Pen erreichten seit Monaten Spitzenwerte. Sie schimpfte auf den Islam, wollte ihr Land per Referendum aus dem Euro und der Europäischen Union führen. Auch links-außen positionierten sich Kandidaten in Fundamentalopposition zur europäischen Polit-Architektur, der sozialistische Kandidat Luc Melenchon feierte mit seinem anti-systemischen Kurs in der ersten Wahlrunde einen Achtungserfolg.

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Mit der Gefahr eines Frexits, dem Rückzug Frankreichs aus der EU, hätte mit einem Schlag das ganze Projekt Europa auf dem Spiel gestanden. Zumindest dieses Szenario konnte 2017 abgewendet werden. „Frankreich hat am Ende pro-Europa gewählt“, sagte Thomas Altmann vom Frankfurter Vermögensverwalter QC Partners. Von Macron erwartet man nun politische Reformen.

Die Märkte setzen ihre Hoffnungen auf wirtschaftsfreundliche Maßnahmen, die die lahmende Konjunktur in Schwung bringen und die hohe Arbeitslosigkeit bekämpfen – seit Jahren eines der Kernprobleme der zweitgrößten Wirtschaftsmacht des Euro-Raumes. Die pro-europäischen Kräfte in Politik und Zivilgesellschaft wiederum träumen von neuen Impulsen für die europäische Integration. Entscheidend wird sein, wie viel parlamentarische Unterstützung Macron bei den Wahlen zur Nationalversammlung im Juni erhalten kann.


Das Vertrauen ist da

Die Stimmung an den Börsen bleibt grundlegend positiv, dürfte Experten zufolge aber differenzierter werden. „Der Großteil des positiven Effektes aus der Wahl dürfte bereits in den Kursen stecken“, sagte Patrick Hussy, Geschäftsführer bei der Investmentberatung Sentix. „Der Wahlausgang sei insgesamt so erwartet worden. Das von Sentix am Wochenende erhobene Aktiensentiment für Papiere in Euro-Land zeige diese optimistischen Grundzüge. Das parallel gemessene mittelfristige Grundvertrauen in den Aktienmarkt sinke aber trotz dieser vermeintlich guten Nachrichten. Damit könnten in den nächsten Tagen die Kurse getreu dem Motto „Sell on good news“ sinken.

In Asien hatten man Macrons endgültigen Sieg noch ausschweifender gefeiert. Tokios Nikkei sprang um 2,3 Prozent auf einen Schlussstand von 19.895 Punkten, die 20.000-Punkte-Marke rückt nach 20 Monaten wieder in Sichtweite. Am Nachmittag vermochten es die US-Börsen nicht für frischen Wind zu sorgen. An der Wall Street notierte der Dow-Jones-Index 0,1 Prozent leichter bei 20.984 Punkten. Der S&P-500 eröffnete auf einem Rekordhoch von 2399 Punkten, fiel dann aber schnell zurück auf 2397 Stellen – ein Minus von 0,1 Prozent. Auch der Index der Technologiebörse Nasdaq markierte mit 6106 Punkten eine neue Bestmarke, ehe er 0,1 Prozent verlor auf 6095 Punkte.

Die Wahl im Hexagon scheint abgehakt. In den nächsten Tagen stehen vor allem die Berichtssaison im Fokus. Rund ein Dutzend Dax-Titel legt bis zum Wochenende die Zahlen des ersten Quartals vor. Dazu gehören unter anderem die Commerzbank, Munich Re und Eon (jeweils Dienstag), sowie die Deutsche Telekom (Donnerstag) und Allianz (Freitag). Im Ausland öffnen noch einige Nachzügler ihre Bücher wie Walt Disney am Dienstag. Am Freitag gibt außerdem der weltgrößte Stahlkocher Arcelor-Mittal seine Quartalsergebnisse bekannt.

Von den Gewinnmitnahmen im Montagshandel waren vor allem Finanztitel betroffen. Der Index für die Banken der Euro-Zone fiel um 0,7 Prozent, eröffnet hatte er mit einem Anderthalb-Jahres-Hoch. Frankreichs große Institute BNP Paribas, Credit Agricole und Societe Generale verloren zeitweise mehr als zwei Prozent. In Frankfurt verbilligte sich die Deutsche Bank um 1,2 Prozent, die Commerzbank landete mit einem Minus von teilweise über zwei Prozent auf dem letzten Dax-Platz. Nach Macrons Sieg in der ersten Wahlrunde Ende April hatten die europäischen Banken um knapp zwölf Prozent zugelegt - etwa doppelt so stark wie Dax und EuroStoxx50.

KONTEXT

Das sagen Ökonomen zum Wahlsieg Macrons

Michael Menhart (Chefvolkswirt Munich Re)

"Abzuwarten bleibt nun das Ergebnis der Parlamentswahlen im Juni. Macron kann nicht wie andere Präsidentschaftskandidaten auf die Unterstützung einer etablierten Partei zurückgreifen, auch wenn seine 'En Marche'-Bewegung in der letzten Zeit Unterstützer dazugewonnen hat. Im schlimmsten Fall droht Macron die 'Cohabitation' - das heißt, er müsste ohne eigene Mehrheit im Parlament regieren. Ernstzunehmende Reformen wären dann schwer umsetzbar."

Thomas Gitzel (Chefvolkswirt VP Bank)

"An den Finanzmärkten dürfte der Sieg von Emmanuel Macron für Erleichterung sorgen. Trotz der klaren Umfrageergebnisse zugunsten von Macron saß der Stachel des Brexit-Votums und der Ausgang der US-Präsidentschaftswahl noch tief. Ein gewisses Unwohlsein war deshalb vorhanden. Der Euro könnte noch leicht profitieren, da nun Spekulationen auf eine Ende der ultra-lockeren EZB-Geldpolitik zunehmen werden. Doch gerade hierbei ist Obacht angesagt. Die Inflationsraten im gemeinsamen Währungsraum werden noch über längere Zeit hinter den EZB-Vorgaben zurück bleiben. Grund für eine raschen geldpolitischen Kurswechsel besteht aus diesem Blickwinkel nicht. Die US-Notenbank bleibt derweil bei ihren moderaten Zinserhöhungen. Die transatlantische Zinsdifferenz spricht deshalb auf Sicht der kommenden Wochen für einen festeren US-Dollar. Daran ändert auch der Wahlsieg von Emmanuel Macron nichts."

Clemens Fuest, Präsident Ifo-Institut

"Mit dem Sieg von Emmanuel Macron ist die Gefahr einer tiefen politischen und ökonomischen Krise für Frankreich und die gesamte EU abgewendet. Nun steht der Präsident vor der schwierigen Aufgabe, Frankreich zu reformieren, um die wirtschaftlichen Probleme des Landes zu überwinden. Wenn ihm das gelingt, wird ganz Europa davon profitieren.

Für Deutschland wird Emmanuel Macron ein herausfordernder, aber konstruktiver Partner sein. Für die europäische Währungsunion wünscht Macron sich mehr Gemeinschaftshaftung und mehr Umverteilung. Es ist wichtig, dass Deutschland eigene Konzepte zur Weiterentwicklung der Euro-Zone entwickelt, um für die anstehenden Gespräche vorbereitet zu sein."

Bruno Cavalier, Chefvolkswirt der Bank Oddo BHF

"Macron hat wie erwartet einen Erdrutschsieg gegen Le Pen erzielt. Aber es gab viel mehr Nichtwähler oder leere Wahlzettel als in der ersten Runde, was darauf hindeutet, dass ein großer Teil der französischen Wähler nicht mit den Projekten von Macron einverstanden war.

Die politische Lage in Frankreich ist noch nie so zersplittert gewesen. Ziel von Marcron wird es sein, eine Mehrheit bei der Wahl zur Nationalversammlung im Juni zu gewinnen. Das liegt sicherlich nicht außer Reichweite, betrachtet man die Spaltung innerhalb der Mitte-Rechts-Partei."

Achim Wambach, Präsident des Zew-Instituts

"Entscheidend für die zukünftige Entwicklung in Europa wird vor allem sein, inwiefern es Emmanuel Macron gelingt, die Wirtschaft in Frankreich wieder in Gang zu bringen. In den vergangenen Jahren ist die wirtschaftliche Entwicklung in Frankreich der in Europa hinterhergelaufen. Hier kann Macron ansetzen, indem er die dringend notwendigen Strukturreformen in Frankreich voranbringt. Sein Programm sieht vor, die Staatsquote zu reduzieren, Unternehmenssteuern zu senken und die Arbeitsmärkte flexibler zu gestalten.

Von der wirtschaftlichen Erholung Frankreichs und einem starken Partner können Deutschland und Europa nur profitieren. Ausschlaggebend dafür wird aber sein, wie die Wahl zur französischen Nationalversammlung im Juni ausgehen wird und ob Emmanuel Macron eine stabile Mehrheit für seine Pläne findet."

Anton Börner, Präsident des Außenhandelsverband BGA

"Das war eine Schicksalswahl für Europa. Die Franzosen haben für Europa und die Vernunft gestimmt. Es gibt keine bessere Nachricht für Deutschland: Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Emmanuel Macron. Wir haben die große Hoffnung, dass er die nötigen Reformen macht und die Weichen stellt für eine positive Entwicklung: für die Menschen, für die Wirtschaft und für Europa.

Für Europa heißt das, dass man sich jetzt an die Arbeit machen muss. Dass die rechtsextreme Marine Le Pen in die Stichwahl gelangt ist, war ein Warnsignal. Wir können nicht weitermachen wie bisher. Der Wahlausgang ist ein klarer Auftrag, die europäische Zusammenarbeit zu erneuern und zu vertiefen."

Jörg Krämer, Commerzbank-Chefvolkswirt

"Jetzt herrscht in Brüssel, Berlin und anderen Hauptstädten verständlicherweise Erleichterung. Auch ich freue mich. Aber nach der Wahl ist vor der Wahl. Macron wird bei den Parlamentswahlen im Juni kaum eine absolute Mehrheit erringen. Das spricht - zusammen mit seinem zögerlichen Programm - gegen eine beherzte Reformpolitik in Frankreich. Diese aber braucht das Land dringend. Außerdem stehen spätestens im Mai 2018 Parlamentswahlen in Italien an, wo das Lager der Links- und Rechtspopulisten ähnlich stark ist wie in Frankreich. Der Euro-Raum kommt nicht zur Ruhe.

Bislang haben es die Gegner einer Mitgliedschaft in der Währungsunion in keinem Land an die Regierung geschafft. Aber die EU darf sich nicht nur von Wahl zu Wahl hangeln. Europa braucht endlich eine gemeinsame Vision für solide Staatsfinanzen, die aber auch mit einem französischen Präsidenten Macron nicht in Sicht ist. Schließlich ist er für gemeinsame Anleihen, die die Bundesregierung zurecht ablehnt."

Marcel Fratzscher, DIW-Präsident

"Dies ist ein guter Tag für Frankreich, für Deutschland und für ganz Europa. Mit Emmanuel Macron hat Frankreich nun einen Präsidenten, der die besten Voraussetzungen mitbringt, um die Wirtschaft Frankreichs zu erneuern und Europa zu reformieren.

Macron steht vor ähnlich großen Herausforderungen wie Gerhard Schröder als Bundeskanzler vor 15 Jahren. Er muss harte Wirtschaftsreformen anstoßen und einen Mentalitätswandel herbeiführen, aber auch über 40 Prozent der Wählerinnen und Wähler mitnehmen, die in der ersten Wahlrunde für links- oder rechtsextreme Kandidaten gestimmt haben und alle die, die sich enthalten haben.

Die Bundesregierung muss sich offener gegenüber gerechtfertigter Kritik aus Europa und Frankreich zeigen. Macron hat wiederholt die Bundesregierung für ihre Wirtschaftspolitik - die Investitionsschwäche, der Handelsüberschuss und die restriktive Finanzpolitik - kritisiert. Die Bundesregierung sollte diese Kritik konstruktiv annehmen und daran arbeiten, für das Wohl Europas als Ganzes und im Eigeninteresse ihren Beitrag dafür zu leisten, dass sich die wirtschaftlichen Ungleichgewichte in Europa zurückbilden."

Holger Sandte, Nordea-Chefsvolkswirt

"Das war der erwartete klare - und ich meine auch verdiente - Erfolg für Macron. Ich rechne mit einem guten Abschneiden von En Marche! auch bei der Parlamentswahl. Macron's wirtschaftspolitischen Pläne werden Frankreich voranbringen, wenn er sie umsetzen kann. Nach fünf mehr oder weniger verlorenen Jahren darf Frankreich diese Chance nicht vergeigen, sonst werden die Extremisten noch stärker."