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Datenschützer warnen vor Corona-Impfpflicht durch die Hintertür

Können Unternehmen oder Fluglinien den Corona-Impfstatus abfragen? Datenschützer sind skeptisch und fordern gesetzliche Klarheit, um eine indirekte Impfpflicht auszuschließen.

Kurz nach Weihnachten begannen in Deutschland die Corona-Impfungen. Foto: dpa
Kurz nach Weihnachten begannen in Deutschland die Corona-Impfungen. Foto: dpa

Für die Bundesregierung ist die Sache klar. Dass es eine allgemeine Corona-Impfpflicht geben wird, hat sie immer wieder klar ausgeschlossen. Doch was ist, wenn es im praktischen Alltag ganz anders läuft und der Impfstatus dann plötzlich doch so großes Gewicht erhält, dass sich Bürger genötigt sehen könnten, sich impfen zu lassen? Etwa dann, wenn Geschäfte oder Restaurants den Zutritt ohne Nachweis einer Immunität verwehren.

Schon jetzt kündigen einzelne Unternehmen – wie die australische Airline Qantas – an, in Zukunft nur noch Geimpfte in den Genuss ihrer Dienstleistungen kommen zu lassen. Datenschützer sehen das Problem einer Impfpflicht durch die Hintertür, sollten bestimmte Lebensbereiche nur mit einem Immunitätsnachweis offenstehen.

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Bundesgesundheitsminister Jens Spahn machte nach dem Impfstart in Deutschland am Wochenende erneut deutlich, dass es keine Sonderrechte für Geimpfte geben dürfe. „Viele warten solidarisch, damit einige als Erste geimpft werden können.

Und die Noch-Nicht-Geimpften erwarten umgekehrt, dass sich die Geimpften solidarisch gedulden“, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Keiner sollte Sonderrechte einfordern, bis alle die Chance zur Impfung hatten.“ Diese gegenseitige Rücksicht halte die Nation zusammen.

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Ähnlich hatte sich auch Bundesinnenminister Horst Seehofer geäußert. „Eine Unterscheidung zwischen Geimpften und Nichtgeimpften kommt einer Impfpflicht gleich. Ich bin aber gegen einen Impfzwang“, sagte der CSU-Politiker der „Bild am Sonntag“. „Wir alle stecken in dieser Krise. Und wir sollten uns gemeinsam und solidarisch herauskämpfen.“

Auch Sonderrechte privater Unternehmen wie von Fluglinien oder Konzertveranstaltern für Geimpfte lehnt Seehofer ab. „Ich kann davor nur warnen“, sagte er. Dies spalte die Gesellschaft. „Des einen Privileg ist die Benachteiligung des anderen.“

Warnung vor der Impfstatus-Kontrolle

Baden-Württembergs Datenschutzbeauftragter Stefan Brink fürchtet dagegen bereits, dass auch manche Arbeitgeber oder auch die Kneipe an der Ecke sich darauf vorbereiteten, den Impfstatus von Kunden und Mitarbeitern zu erfragen. Aus diesem Grund hält er es für dringend geboten, eine gesetzliche Grundlage zum Umgang mit dem Corona-Impfstatus der Bürgerinnen und Bürger zu schaffen.

Zwar habe die Bundesregierung eindeutig erklärt, dass es keine Impfpflicht gebe. „Gleichzeitig ist allen klar, dass ohne eine breite Beteiligung der Bevölkerung die Pandemie im Wege von Impfungen nicht besiegt werden kann“, sagte Brink dem Handelsblatt. Es stelle sich daher die Frage, wie sich der Staat gegenüber Maßnahmen verhalte, die eine „mittelbare Impfpflicht durch die Hintertüre“ bedeuteten.

Die Aussagen von Regierungsmitgliedern wie Spahn und Seehofer reichen den Datenschützern nicht. Wie Brink hält auch der Hamburger Datenschützer Johannes Caspar mehr Verbindlichkeit für unabdingbar.

Welchen Stellenwert der Impfstatus eines Menschen in einer Gesellschaft haben dürfe, die einerseits auf der Selbstentfaltung des Individuums, andererseits auch auf Gleichheit und sozialer Rücksichtnahme beruhe, bedürfe einer zügigen Entscheidung des Gesetzgebers. „Andernfalls kann dies zu erheblichen sozialen Spannungen und der Entladung von Konflikten führen“, sagte Caspar dem Handelsblatt.

Auch der Datenschützer Brink warnte vor den Folgen einer möglichen Impfstatus-Kontrolle. Dadurch entstehe „ein ganz erheblicher Druck“ auf die Bürgerinnen und Bürger, „der einem staatlichen Impfzwang recht nahekommt“, sagte er. „Wer verweigert dem Arbeitgeber und seinen Berufskollegen gegenüber schon gern die Auskunft über seinen Impfstatus? Und wer behält seine Gesundheitsdaten schon für sich, wenn er endlich wieder ein Bier in der Stammkneipe trinken könnte?“

Diskussion um mögliche Privilegien

Seit Ausbruch der Corona-Pandemie gab es immer wieder Diskussionen über eine mögliche Privilegierung derjenigen, die sich in den Dienst der Pandemiebekämpfung stellen, indem sie staatliche Maßnahmen aktiv unterstützen.

So hatte etwa der CDU-Europaabgeordnete Axel Voss im Mai 2020 vorgeschlagen, dass künftig nur Nutzer der Corona-Warn-App von Lockerungen der Beschränkungen des öffentlichen Lebens profitieren sollten. Sie sollten zum Beispiel zuerst wieder ins Restaurant, ins Kino, ins Theater und ins Freibad gehen dürfen.

Auch sollte es nach dem Willen der Bundesregierung einen Immunitätsausweis geben, mit dem Bürger nachweisen sollten, ob sie gegen das Coronavirus immun sind. Das Vorhaben stieß jedoch auf so großen Widerstand, dass Gesundheitsminister Spahn seine Pläne zunächst auf Eis legte.

Er bat daraufhin den Ethikrat um eine Stellungnahme. Das Gremium empfahl einen Verzicht auf einen solchen Ausweis, jedoch nur zum gegenwärtigen Zeitpunkt, weil es keine Gewissheit über die Art und die Dauer einer Immunität nach einer Covid-19-Erkrankung gibt.

Dass ein Covid-19-Impfpass wohl letztlich nichts anderes als ein Immunitätsausweis wäre, macht für den Datenschützer Brink in der Bewertung der möglichen Anwendung aber keinen Unterschied. Für ihn liegt auf der Hand, dass ein Arbeitgeber nicht nach dem Impfstatus fragen dürfe. „Für ihn sind alle Gesundheitsangaben seiner Mitarbeiter tabu“, betonte der Behördenchef.

„Und da ,nicht geimpft‘ ja keineswegs ,infiziert‘ bedeutet, besteht für den Arbeitgeber auch keine akute Notsituation, wo er aus der Fürsorgepflicht für die weiteren Beschäftigten handeln müsste.“ Von Rechts wegen erfahre der Arbeitgeber von seinen Beschäftigten nie mehr als die Angabe, dass er arbeitsfähig sei. „Nach dem Impfstatus darf er nicht fragen“, betonte Brink.

Riskante Kundschaft fernhalten

Arbeitsrechtler wie der Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und Recht der sozialen Sicherheit an der Universität Bonn, Gregor Thüsing, geben indes zu bedenken, dass das Fehlen einer gesetzlichen Impfpflicht nicht bedeute, dass eine mögliche Verweigerung ohne Konsequenzen bleiben müsse. In dem Zusammenhang nannte er die Pflegeberufe.

Hier könne der Arbeitgeber einen Beschäftigten, der sich einer Corona-Impfung verweigert, mit einem anderen Tätigkeitsfeld beauftragen, in dem er oder sie nicht mehr mit vulnerablen Menschen zu tun habe, sagte Thüsing kürzlich im Deutschlandfunk. Sogar ein Verlust des Entgeltanspruchs sei möglich, falls die Person ohne Impfung nicht mehr für die eigentliche Tätigkeit geeignet sei, betonte der Jurist. Der Arbeitgeber könne also dem Arbeitnehmer auftragen, sich pandemiekonform zu verhalten.

Außerdem hält es der Bonner Arbeitsrechtler für vorstellbar, dass beispielsweise Reiseunternehmen oder Klubbetreiber künftig ihr Angebot ausschließlich an geimpfte Personen richteten. Dies sei grundsätzlich zulässig.

Könnte es also schon bald gängige Praxis werden, dass private Dienstleister wie Fluggesellschaften, Hotels oder Fitnessklubs künftig Einblick in den Impfpass verlangen, um riskante Kundschaft fernzuhalten?

Zumindest für Anbieter von Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge, etwa der Bahn oder dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) hält der Datenschützer Brink die Frage nach dem Impfstatus datenschutzrechtlich für unzulässig. Bei nicht lebensnotwendigen Dienstleistungen, also etwa auch Restaurants oder Kinos sei die Frage hingegen „eher möglich, zumal sie sich auf das Hausrecht der Anbieter stützen ließe“.

Aber auch das sei umstritten, weshalb Brink die Politik am Zug sieht. „Daher plädiere ich dafür, dass der Gesetzgeber eindeutig festlegt, ob er an der Freiheit von jeglichem Impfzwang festhalten möchte oder ob er den mittelbaren Impfzwang toleriert – und daher solche Fragen nach dem Gesundheitsstatus zulässt“, betonte der Datenschützer. „Ich plädiere dafür, dass der Staat konsequent jedem Impfzwang – ob direkt oder indirekt – entgegentritt.“

(Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels wurde der Eindruck vermittelt, die Lufthansa wolle wie Qantas eine Impfpflicht für ihre Passagiere einführen. Tatsächlich will die Lufthansa genau das aber nicht. Airline-Chef Carsten Spohr sagte vielmehr in der „Welt am Sonntag“: „Persönlich gehe ich davon aus, dass bei Interkontinentalflügen auf bestimmten Strecken künftig jeder Passagier entweder getestet oder geimpft ist.“ In einer ersten Phase werde die Anzahl der Strecken mit verbindlichen Schnelltests zunächst zunehmen. „In der zweiten Phase wird es wahrscheinlich eine Option zwischen Test oder Impfnachweis geben.“ Wenn eine ausreichende Immunität der Weltbevölkerung erreicht sei, würde das Impfzertifikat dann überflüssig.)