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„Das Apple-Imperium 2.0“: Gelingt Apple 2017 das Comeback?

Vieles in Apples Zukunft scheint ungewiss (Bild: dpa)
Vieles in Apples Zukunft scheint ungewiss (Bild: dpa)

Ungewohntes Bild in der Tech-Welt: Platzhirsch Apple schwächelt. Erstmals seit 2001 musste der iKonzern wieder fallende Umsätze und Gewinne in einem Geschäftsjahr ausweisen. Yahoo-Autor Nils Jacobsen analysiert in seinem neuen Buch „Das Apple-Imperium 2.0“, welchen Herausforderungen Apple sich in der Post-Steve-Jobs-Ära unter CEO Tim Cook stellen muss.

Der große Tag jährt sich diesen Samstag zum zehnten Mal: Tatsächlich so lange ist es nun schon her, dass Steve Jobs erstmals das iPhone enthüllte, mit dem Apple buchstäblich alles verändern sollte – die Nutzergewohnheiten, die Tech-Industrie, ja: am Ende den Lauf der Wirtschaftsgeschichte.

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„Das iPhone ist zu einem der erfolgreichsten und weltverändernden Produkte geworden“, feierte Apple-Chef Tim Cook im vergangenen Sommer den Verkauf des eine milliardsten Geräts. Wirtschaftlich betrachtet ist das sogar noch eine Untertreibung: Tatsächlich war nie ein Produkt in der Geschichte der Verbraucherelektronik erfolgreicher als das iPhone.

Absatzeinbruch: Apple verkaufte im Fiskaljahr 2016 17 Millionen iPhones weniger

Allein im vergangenen Geschäftsjahr generierte das Kultsmartphone für Apple mehr als 136 Milliarden Dollar Umsatz – das entspricht mehr als 63 Prozent der gesamten Konzernerlöse. Der Anteil an den Konzerngewinnen dürfte noch höher ausfallen: Analysten rechnen inzwischen damit, dass Apple rund 70 Prozent seiner Profite mit dem iPhone einfährt – das entsprach im vergangenen Geschäftsjahr allein einem Nettogewinn von 32 Milliarden Dollar.

Steve Jobs bei der Präsentation des ersten iPhones am 09.01.2007 (Bild: dpa)
Steve Jobs bei der Präsentation des ersten iPhones am 09.01.2007 (Bild: dpa)

Allein: Der Superlativ hat einen Haken. Ein Jahr zuvor konnte Apple nämlich 17 Millionen iPhones mehr verkaufen und entsprechend 18 Milliarden Dollar mehr Umsatz und 8 Milliarden Dollar höhere Gewinne generieren. Es ist das erste Mal seit 2001, dass der Kultkonzern aus Cupertino in einem Geschäftsjahr wieder rückläufige Umsätze und Gewinne zu verkraften hat.

iPhone 8 könnte Comeback bescheren – doch was kommt danach?

Der Grund ist schnell erklärt: Unter CEO Tim Cook, der seinen Mentor Steve Jobs vor mehr als fünf Jahren beerbte, scheint der Tech-Pionier an Innovationskraft verloren zu haben. Gleich zweimal brachte Apple ein iPhone auf den Markt, das seinem Vorgänger optisch glich: Das iPhone 7 sieht so aus wie das iPhone 6s, das wiederum im gleichen Design wie das iPhone 6 daherkam – lediglich unter der Oberfläche besserte Apple mit schnelleren Prozessoren und einer besseren Kamera nach.

Zwar rechnet die Techwelt 2017 beim iPhone 8 endlich wieder mit erkennbaren Neuerungen aus Cupertino, die Apple zur Rückkehr des Wachstums verhelfen dürften – doch was, wenn der Effekt in den Folgejahren schnell wieder verpufft und sich die Geschichte nachlassender Umsätze und Gewinne mit kaum veränderten Folge-Generationen in Form des iPhone 8s und 9 in den Jahren 2018-19 wiederholt?

Im nachfolgenden Kapitelauszug aus meinem neuen Buch „Das Apple-Imperium 2.0“ analysiere ich Apples problematische Abhängigkeit von seinem alternden Bestseller:

Auszug aus den Kapitel: „Krieg und Frieden“

Es bleibt dabei: Apples Erfolg ist auch zehn Jahre nach der Einführung auf Gedeih und Verderb an das Kultsmartphone gekoppelt. Doch was passiert, wenn Apples größte Erfindung in seiner vierzigjährigen Geschichte in Zukunft nun einmal an Strahlkraft verliert? (…)

Es wird die alles entscheidende Aufgabe der zweiten Hälfte von Tim Cooks Amtszeit als Apple-CEO sein, ein paar Millionen mehr verkaufte iPhones von Quartal zu Quartal auszureizen. Nur davon hängt Apples nahe bis mittelfristige Zukunft ab. Es ist ein Kampf von Upgradeprogramm zu Upgradeprogramm, von Launchverschiebungen um ein paar Tage, von der immer weiteren Optimierung der Zuliefererkette – mit einem Wort: ein erbitterter Kampf um die letzten Prozente Wachstum, um die Erfolgsserie nicht abreißen zu lassen.

Mit dieser Bürde, gegen die Fabelwerte von 2015 anzukämpfen, wird sich Apple bereits das ganze Jahr 2016 herumschlagen müssen. Die erste iPhone-Enttäuschung scheint dennoch nur eine Frage der Zeit. Denn selbst wenn der wenig revolutionäre Upgrade-Zyklus des iPhone 6s mit noch ein paar Prozent marginalem Wachstum überstanden ist, gibt es keine Gewähr, dass mit der nächsten neuen Generation die Dynamik wieder anzieht wie in der Vergangenheit.

Folgt das iPhone dem iPad und bricht irgendwann nachhaltiger ein, wäre ein Abdriften ins Negativwachstum trotz anziehender Apple Watch-Erlöse allerdings wohl kaum zu vermeiden – die Gewinne würden dann wieder sinken wie im letzten Geschäftsjahr zu besichtigen. Wohlgemerkt: auf einem deutlich höheren Niveau als 2013.

Barreserven federn Absatzeinbruch ab

Indes: Kein Konzern in der Wirtschaftsgeschichte war auf diesen Tag X besser vorbereitet als Apple. Die Cashreserven betragen inzwischen auch nach Abzug der Verbindlichkeiten auf dem Bondmarkt immer noch mehr als 150 Milliarden Dollar. Selbst die immensen Aktienrückkäufe von aktuell etwa 35 Milliarden Dollar pro Jahr knabbern bei derzeitigen Jahresgewinnen von über 45 Milliarden Dollar nicht am Polster. Auf der anderen Seite tragen allein die Aktienrückkäufe, die dem Kapitalmarkt jedes Jahr etwa 5 Prozent der gehandelten Anteilsscheine entziehen, zu einer Steigerung des Gewinns je Anteilsschein um aktuell fast 0,50 $ bei.

Die gute Nachricht für Tim Cook lautet, dass der letzte Tag des iPhones möglicherweise aber doch weitaus später kommt als noch vor ein, zwei Jahren erwartet. Vielleicht ist beim iPhone tatsächlich einmal alles anders – und der iPhone-Zyklus läuft weiter als alles, was wir bisher in der Geschichte der Verbraucherelektronik gesehen haben.

Apple-CEO Tim Cook wird wichtige weichen für die Zukunft des Konzerns stellen müssen (Bild: AP Photo/Richard Drew)
Apple-CEO Tim Cook wird wichtige weichen für die Zukunft des Konzerns stellen müssen (Bild: AP Photo/Richard Drew)

Vielleicht kommt das nächste ganz große Ding, das unser Leben so auf den Kopf stellen wird wie das iPhone, wie der Computer, wie das Fernsehen, wie das Flugzeug, wie das Automobil, wie die Eisenbahn, wie die Elektrizität, wie die Druckerpresse eben erst in einem solch historischen Zeitintervall – nicht in 2018, 2020, 2022 oder 2025, sondern später –, und wir benutzen bis dahin unsere iPhones in zehn Jahren immer noch wie wir heute unsere Macs benutzen. Was hat sich schließlich hardwaremäßig so Grundlegendes zwischen einem iMac und MacBook anno 2005 und 2015 außer der Prozessorgeschwindigkeit, Displayauflösung und der Gehäusetiefe verändert?

„Die Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich“

Die schlechte Nachricht für Tim Cook besteht indes in historischen Vorbildern. „Die Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich“, wird ein Bonmot des großen amerikanischen Romanciers Mark Twain immer wieder gerne als Metapher für die Blaupause der Historizität gewählt. Mag sein, dass sich keine Geschichte 1:1 wiederholt, was sich jedoch gleicht, sind die Muster der Vergangenheit.

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Und der Blick zurück fällt bei einem anderen Kultprodukt aus Cupertino, nachdem es seinen Zenit überschritten hatte, fast gespenstisch aus: Im Jahr 2006 erlöste Apple noch 55 Prozent seiner Umsätze mit dem damaligen Kassenschlager iPod. Ein Jahrzehnt später sind es weniger als 1 Prozent. Tatsächlich sogar schon phasenweise 70 Prozent werden heute mit einem Produkt umgesetzt und verdient, das es 2006 noch gar nicht gab – dem iPhone.

Wenn sich der brutale Trend der kreativen Zerstörung fortschreibt, ist das iPhone des Jahres 2025 der iPod von heute. Im Umkehrschluss könnte das bedeuten: Das eigentliche Kerngeschäft des Jahres 2025 – vielleicht das iCar, vielleicht die Apple Watch und neue Wearable-Derivate, vielleicht ein ganz anderes iGadget, sehr wahrscheinlich aber eine Kombination aus allen zwei, drei neuen Geräten – existiert heute möglicherweise noch gar nicht.

Wird das iPhone zum neuen iPod?

Das ist einer der Gründe, warum die Börse die Aktien von Hightech-Unternehmen mitunter so skeptisch bewertet: Am Ende des Tages sind Hardware-, Software- oder Internetservice-Anbieter eben keine Rohstofferzeuger und Nahrungsmittelhersteller. Auf Öl, Wasser, Windeln und Babynahrung wird auch der coolste Städter im Jahr 2030 angewiesen sein, wenn iPhone und iPad ihren wohlverdienten Platz in Designausstellungen gefunden haben, so wie heute der erste iMac oder der iPod classic. In anderen Worten: Apple ist zur Innovation verdammt. Aktionäre schließen mit ihren Anteilsscheinen eine Wette auf die Zukunft ab.

Alles, jeder Zyklus, jedes Imperium, jede Regentschaft hat seine Zeit. Apples Zukunft, die längst fester Bestandteil von Kaffeesatzlesereien in der Tech- und Wirtschaftspresse geworden ist, ist trotz des beeindruckenden Comebacks der vergangenen Jahre offener denn je. Ein Ende von Apples Honig- und-Nektar-Periode, die mit dem ersten iPod Ende 2001 begann und sich bis heute unter dem Friedenszeiten-CEO Tim Cook erstreckt, ist aktuell noch nicht auszumachen.

“Das Apple Imperium 2.0” von Nils Jacobsen (Bild: Springer Verlag)
“Das Apple Imperium 2.0” von Nils Jacobsen (Bild: Springer Verlag)

Und doch: Was heißt das in einer sich ständig selbst erneuernden Branche wie der Tech-Industrie schon? Der enorme Aufstieg von Facebook, Google und auch Apple in den vergangenen zwei Jahrzehnten wäre niemals möglich gewesen, wenn die damaligen Platzhirsche Microsoft, Nokia oder Yahoo nicht große Innovationen verpasst hätten.

„Man kann die Punkte nicht miteinander verbinden, wenn man in die Zukunft blickt. Das geht nur im Rückblick“, erklärte Steve Jobs einst in seiner großen Stanford-Rede. „Sie müssen auf irgendetwas vertrauen – auf Ihren Bauch, Ihr Schicksal, das Leben, Karma. Dieser Ansatz hat mich nie enttäuscht, und er war der bestimmende Faktor in meinem Leben.“ Diese Gabe, intuitiv das nächste „One more Thing“ zu finden, bleibt auch der bestimmende Faktor für Apple.

Das Apple Imperium 2.0“ ist im Dezember 2016 im Springer Verlag, Wiesbaden, erschienen und umfasst 340 Seiten.

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