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„Dann jammert nicht rum und lasst mich in Ruhe“

Wie stabil ist der Frieden bei den Grünen? Ein Wutausbruch von Ministerpräsident Winfried Kretschmann über einen Beschluss der eigenen Partei ist im Netz gelandet. Das passt so gar nicht zur demonstrativen Einigkeit.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat beim Bundesparteitag der Grünen über einen Beschluss seiner Partei gelästert - und verärgert auf eine heimliche Videoaufzeichnung reagiert. In den Aufnahmen kritisiert er in erregtem Ton den Parteitagsbeschluss, ab 2030 keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr neu zuzulassen. Regierungssprecher Rudi Hoogvliet sprach am Donnerstagabend mit Blick auf die Veröffentlichung von einer „Verwilderung der Sitten“. Zuvor hatten „Stuttgarter Zeitung“ und die „Badische Zeitung“ (Online) darüber berichtet.

„Ein solcher Lauschangriff und dessen Veröffentlichung ist zumindest sittenwidrig“, sagte der Sprecher. Die Videoaufnahmen sind im Netz, unter anderem bei YouTube zu finden. Der Regierungssprecher sagte, es habe sich nicht um eine öffentliche Debatte beim Parteitag, sondern um ein privates Gespräch mit einem befreundeten Bundestagsabgeordneten gehandelt. Dies aufzunehmen, sei sehr fragwürdig. Der Sachverhalt selber sei aber nicht neu. Die Parteispitze in Berlin reagierte zunächst nicht.

Die Aufnahme stammt von „Journalistenwatch“, dem „Journal für Medienkritik und Gegenöffentlichkeit, wie es auf ihrer Homepage heißt. Auf Nachfrage des Handelsblatts nach dem Zustandekommen der Aufnahmen verwies der zuständige Redakteur Christian Jung auf einen Blogpost mit der Überschrift „Skandal: Linke Hetzblogs bezeichnen JouWatch als rechten Hetzblog!“.

„Kretschmann hat unsere Kamera, die sich auf einem Stativ befand und den über 100 Kg schweren Kameramann, der dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten die Hand während des Drehs hätte reichen können, gesehen“, heißt es da. Der Ministerpräsident habe die Aufnahmesituation erkannt und währenddessen mehrere Male Blickkontakt gesucht. Tatsächlich sieht man in dem Video, wie der Ministerpräsident mehrmals kurz in Richtung der Kamera guckt.

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Es ist bekannt, dass Kretschmann die Forderung skeptisch sieht, dass ab 2030 nur noch abgasfreie Autos neu zugelassen werden sollen. Er hält die Festlegung auf eine Jahreszahl für wenig tragfähig. In dem heimlichen Gesprächsmitschnitt äußert er in aufgeheiztem Ton Kritik an der Bundestagsfraktion und der Partei. So schimpfte er etwa: „Stell Dir vor, da fahren fünf Millionen Elektroautos rum. Wo sollen die denn alle tanken?“ An großen Tankstellen gebe es vielleicht Platz für zehn Autos. Einmal Auftanken dauere vielleicht 20 Minuten. „Wie soll das funktionieren? Ihr habt doch keine Ahnung!“, so Kretschmann weiter.

Für die Grünen ist der Mitschnitt ärgerlich, weil sie im Wahlkampf um ein geschlossenes Auftreten bemüht sind und Konflikte auf dem Berliner Bundesparteitag größtenteils im Hintergrund abgeräumt hatten. Kretschmann ist der beliebteste Grünen-Politiker in Deutschland, der erste grüne Ministerpräsident und einer der wichtigsten Vertreter des pragmatischen Realo-Flügels der Partei. Er koaliert in Baden-Württemberg mit der CDU. Im linken Parteiflügel gibt es immer wieder Kritik an Kretschmanns Politik und Ansichten.

Im Vorfeld des Parteitags vom vergangenen Wochenende hatten prominente Grüne beider Flügel, darunter auch Kretschmann, einen „Zehn-Punkte-Plan für grünes Regieren“ mitgetragen, der den Abschied vom Verbrennungsmotor enthielt - allerdings ohne Jahreszahl. Auf dem Parteitag hatten Kritiker die Angabe „ab 2030“ in diese Liste wichtiger Vorhaben hineinverhandelt, die das Schlusskapitel des Grünen-Programms für die Bundestagswahl am 24. September bildet.

Juristisch will das Staatsministerium in Stuttgart nicht gegen die Aufzeichnung vorgehen: „Wir werden keine rechtlichen Schritte einleiten“, sagte der Regierungssprecher. Gegenüber „faz.net“ sagte er, Kretschmann sei mit dem Verlauf des Parteitags zufrieden und werde auch in den Wahlkampf einsteigen. Erste Auftritte seien Mitte August geplant.