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Daniel Nathrath: „Wäre es ums schnelle Geld gegangen, hätten wir ein anderes Start-up gebaut“

Daniel Nathrath ist Teil des Vordenker-Jahrgangs 2020. Der CEO des Symptom-Checkers Ada Health erklärt, wie Künstliche Intelligenz Leben retten kann.

Der Gesundheitsmarkt ist im Umbruch, Corona beschleunigt ihn. Durch die Digitalisierung betreten neue Akteure die Bühne, Daniel Nathrath zum Beispiel. 2016 hat der sowohl in Deutschland als auch in New York zugelassene Anwalt das Unternehmen Ada Health gegründet.

Über die App Ada, eine Art medizinischer Chatbot, können Patienten gesundheitliche Symptome eingeben, eine Künstliche Intelligenz wertet die Antworten anschließend aus und gibt Hinweise darauf, was ihnen fehlt. Nathrath spricht von mehr als zehn Millionen Nutzern, die die kostenlose App verwenden. Einnahmen entstehen aus der Zusammenarbeit mit Partnern, etwa dem kalifornischen Gesundheitsversorger Sutter Health, Labor Berlin oder auch Samsung.

Schnell passten Nathrath und seine Mitgründer die Plattform auf die Identifizierung einer Covid-19-Erkrankung an und ermöglichten Nutzern den Symptomcheck auch ohne Registrierung. Das überzeugte die Vordenker-Jury, eine Initiative des Handelsblatts und der Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG).

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Nathrath habe so maßgeblich dazu beigetragen, dass Symptome früh erkannt und richtig interpretiert werden. Dadurch habe er einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung der Pandemie geleistet. Im Gespräch äußert sich der Gründer über Kinderträume, Charaktereigenschaften, die eine Führungskraft braucht, und seine Vorstellung von Leadership.

Lesen Sie hier das vollständige Interview

Herr Nathrath, wissen Sie noch, was Sie werden wollten, als Sie klein waren?
Ein Großteil meiner Familie war in medizinischen Berufen tätig. Mein Vater war Augenarzt und ich durfte ihn gelegentlich in seine Praxis begleiten. Als kleiner Junge schaut man meist sehr zu seinem Vater auf und es hat mich beeindruckt, wie er Menschen geholfen hat. Deshalb war mein erster Berufswunsch Augenarzt. Später habe ich für mich entschieden, dass der Arztberuf nicht das Richtige für mich ist – unter anderem, weil mich die Idee abgeschreckt hat, im Studium sezieren zu müssen. Letztlich hat es mich dann aber doch in die Gesundheitsbranche gezogen.

Genau, Sie haben Ada Health gegründet: Um was handelt es sich dabei und wofür ist es nützlich?
Unsere digitale Gesundheitsplattform kombiniert Künstliche Intelligenz mit dem medizinischen Fachwissen von Ärzten, um Menschen zu helfen, ihre Gesundheit besser zu verstehen und zu managen. Ada geht dabei wie eine Ärztin vor und stellt personalisierte und adaptive Fragen, die sich ganz nach den eingegebenen Beschwerden richten. Basierend auf den bereitgestellten Gesundheitsinformationen erstellt Ada am Ende einer Symptomanalyse einen Bericht mit den wahrscheinlichsten Ursachen für die Symptome. Damit befähigen wir Menschen, informierte Entscheidungen über ihre Gesundheit zu treffen und die passenden nächsten Schritte einzuleiten. Manche vergleichen es damit, immer mehrere Ärzte in der Hosentasche dabei zu haben.

Welche Erfolge konnten Sie schon verzeichnen?
Nachdem wir ursprünglich ein Entscheidungsunterstützungssystem für Ärzte gebaut hatten, haben wir die App für Patienten Ende 2016 global gelauncht. Mit mehr als zehn Millionen Nutzern und über 20 Millionen durchgeführten Symptomanalysen ist Ada inzwischen das weltweit beliebteste Vordiagnose-Tool. Dazu haben wir mit über 200.000 Fünf-Sterne-Bewertungen die medizinische App mit den meisten positiven Bewertungen überhaupt. Wichtiger als die reine Zahl der Bewertungen ist aber, dass wir jeden Tag Rückmeldungen von Menschen erhalten, dass ihnen unsere Technologie sehr geholfen und oft sogar das Leben gerettet hat. In den vergangenen Jahren konnten wir zudem unsere Kooperationen mit Gesundheitsdienstleistern, Krankenkassen, Unternehmen und anderen Organisationen weltweit ausbauen. Und nicht zuletzt tragen wir durch unsere Zusammenarbeit mit der WHO und unserem Engagement zum Beispiel bei den World Economic Forum Technology Pioneers und dem Bloomberg New Economy Forum dazu bei, wichtige Gesundheitsthemen auf globaler Ebene voranzutreiben.

Wie definieren Sie ein erfolgreiches Unternehmen? Ist es nur finanzieller Erfolg oder spielen auch andere Faktoren eine Rolle?

Der finanzielle Erfolg des Unternehmens ist für uns nicht das alleinige Ziel. Wenn es uns Gründern nur ums schnelle Geld gegangen wäre, hätten wir sicher eine andere Art von Start-up gebaut. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, durch die Kombination von medizinischem Expertenwissen mit Künstlicher Intelligenz die Gesundheit von möglichst vielen Menschen weltweit zu verbessern. Idealerweise wollen wir in einigen Jahren einer Milliarde Menschen und mehr helfen. Um dieses Ziel erreichen zu können, wird nachhaltiger wirtschaftlicher Erfolg des Unternehmens aber unabdingbare Voraussetzung sein. Insofern besteht also zwischen Streben nach wirtschaftlichem Erfolg und sozialer Verantwortung jedenfalls bei Ada kein Widerspruch, sondern die beiden Ziele bedingen und fördern einander.

Gibt es Charakterzüge, die in einer Führungsposition unabdingbar sind?
Man muss zuhören können und auch in der Lage sein, aus Fehlern zu lernen. Andererseits darf man sich aber auch nicht zu leicht verunsichern lassen. Gegenwind, persönliche Enttäuschungen und auch unsachliche Kritik muss man als Führungskraft aushalten können. Umgekehrt sollte man als Führungskraft jedem mit Respekt begegnen, auch und gerade wenn man manchmal unangenehme Entscheidungen treffen muss.

Und gibt es solche Eigenschaften auch in Bezug auf die Gründung des eigenen Start-ups?
Bei Start-ups gibt es unweigerlich viele Rückschläge. Aber wenn man von seiner Vision und Mission überzeugt ist, gilt: beharrlich bleiben und niemals aufgeben. Allerdings muss man insbesondere bei schnell wachsenden Start-ups lernen, nicht mehr alles selbst zu machen. Falsche Personalentscheidungen bei Führungspositionen sind bei Start-ups noch folgenreicher als in einem Großkonzern. Trotzdem muss man Vertrauen in das Team setzen und wissen, wann man andere in den Lead gehen lassen sollte. Und natürlich ist es auch hilfreich, guten Rat von außen anzunehmen.

Ein Satz, den eine gute Führungskraft niemals sagen würde …?
„Das ist dein Problem, nicht mein Problem.“ Gerade als Geschäftsführer und Gründer kann man Verantwortlichkeit nicht auf andere abwälzen.

Bitte ergänzen Sie den Satz: In Konfliktsituationen bin ich …?
... manchmal emotional, aber nie nachtragend.

Was waren Ihre wichtigsten drei (Arbeits-)Ergebnisse der vergangenen drei Jahre?
Eines der wichtigsten Ergebnisse ist sicher die kontinuierliche Weiterentwicklung unser KI-gestützten medizinischen Wissensbasis, an der wir zusammen mit führenden Experten und zahlreichen Ärzten unermüdlich arbeiten. Inzwischen haben wir Tausende Erkrankungen und Symptome modelliert, was fast alle gängigen Erkrankungen abdeckt. Darunter sind auch mehrere Hundert seltene Erkrankungen, die für Ärzte besonders schwierig zu diagnostizieren sind. Außerdem arbeiten wir in unserer Global Health Initiative gemeinsam mit lokalen NGOs und globalen Gesundheitsorganisationen daran, Ada in weiteren Sprachen anzubieten. Zuletzt wurde die App mit unserem Partner, der Fondation Botnar und der Muhimbili University of Health and Allied Sciences, in Suaheli übersetzt, was von mehr als 100 Millionen Menschen gesprochen wird. Eine besonderer Stresstest war für uns natürlich auch die Corona-Pandemie. Schon zu Anfang des Jahres, also in der Akutphase der Pandemie, konnten wir einen Symptomcheck für Covid-19 in die Ada Plattform integrieren. Damit haben wir Menschen in Zeiten großer Ungewissheit geholfen, ihre Symptome einzuordnen und mehr über Covid-19 zu lernen.

In den nächsten drei Jahren: Was wollen Sie lernen, was Sie heute noch nicht können?
Beruflich: Ich möchte gerne noch viel besser die technologischen Grundlagen begreifen, wozu für mich auch gehört, selber ein bisschen programmieren zu lernen. Der Grund für diesen Wunsch ist, dass ich die Perspektive unserer Entwickler, die einen großen Teil unseres Erfolgs ausmachen, gerne noch besser verstehen möchte. Privat: Als Vater von zwei kleinen Kindern lerne ich ohnehin jeden Tag dazu – aber darüber hinaus würde ich gerne Kitesurfen lernen und außerdem fließend Spanisch, Portugiesisch und Italienisch sprechen wollen.

Was ist Ihr langfristiges Ziel beziehungsweise Ihre Vision?
Wir wollen zu einer Welt beitragen, in der jeder Mensch Zugang zu hochwertigen, personalisierten Gesundheitsinformationen und der Versorgung hat, die er benötigt. Auf dem Weg dorthin wollen wir mit unserer Technologie mehr als einer Milliarde Menschen helfen.

Wenn Sie ein Buch schreiben müssten: Wovon würde es handeln?
Nach 20 Jahren in der Internetbranche gäbe es so manche unglaubliche Anekdote zu erzählen. Ich würde aber wohl weniger ein Sachbuch mit irgendwelchen Weisheiten, wie man zum Erfolg kommt, schreiben – eher ein unterhaltsames Buch mit den verrücktesten Sachen, die ich in der Start-up-Welt erleben durfte.

Wenn ich mich bei Ihren Freunden erkundigen würde: Für welche alternativen Karriereoptionen wären Sie geeignet?
Obwohl ich als Anwalt in Deutschland und New York zugelassen war, würde mich wohl keiner meiner Freunde mehr in diesem Beruf sehen. Je nachdem wen von meinen Freunden man fragt, wären wohl eher „Fußballmanager“ oder „professioneller Strand-Tester“ ziemlich weit oben … aber im Ernst: Mittlerweile können mich die meisten meiner Freunde wohl nirgendwo anders sehen als dort, wo ich jetzt bin, nämlich als Gründer eines Start-ups. Und meine Freunde wissen, dass Digital Health mittlerweile mehr als ein Job für mich geworden ist.

Möchten Sie sonst noch etwas teilen?
Es ist beeindruckend, in welcher Geschwindigkeit neue Technologien die Gesundheitsversorgung gerade verändern. Wie Patienten diagnostiziert und behandelt werden, wird in wenigen Jahren ganz anders aussehen als heute. Für mich ist es extrem spannend, diese Entwicklung mit dem brillanten Ada-Team aktiv mitzugestalten. Und vielen Dank an BCG und das Handelsblatt für die Gelegenheit, Teil der Vordenker-Community zu werden.

Herr Nathrath, vielen Dank für das Interview.