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Dämpfer für die Weltwirtschaft – Deutschland muss mit größtem Rückschlag rechnen

Die Entwicklung der Weltwirtschaft stagniert: Chinas Wachstumsmotor stottert, der Brexit und die Italien-Krise bremsen Europa. Deutschland ist besonders stark betroffen.

Die Botschaft, die Christine Lagarde, die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), nach Davos mitgebracht hat, dürfte den wenigsten gefallen: „Das Risiko eines stärkeren Rückgangs des weltweiten Wachstums ist gestiegen“, warnte Lagarde. Ab Dienstag debattieren rund 3.000 Teilnehmer des World Economic Forum (WEF) in den Schweizer Bergen über die drängendsten Fragen der Zeit. Die unsichere Lage der Weltwirtschaft ist dort eines der zentralen Themen.

Das globale Bruttoinlandsprodukt dürfte in diesem Jahr nur noch um 3,5 Prozent zulegen, prognostizierte Lagarde in ihrem „World Economic Outlook“. Mit dem größten Rückschlag muss die deutsche Wirtschaft rechnen. Hier senkte der IWF die Vorhersage von 1,9 Prozent auf 1,3 Prozent.

Der Grund für die deutliche Abkühlung ist das schwächere Wachstum in China. Als Grund dafür wird unter anderem der Handelskonflikt mit den USA genannt, der das Investitionsklima spürbar eingetrübt hat.

Auch Topmanager blicken skeptischer auf die Weltwirtschaft. Fast 30 Prozent der Führungskräfte glauben, dass das globale Wirtschaftswachstum in den kommenden zwölf Monaten zurückgehen wird. Zum Vergleich: Vor einem Jahr waren es gerade einmal fünf Prozent. Das ist das Ergebnis einer Umfrage unter 1.400 CEOs, die die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC durchgeführt hat.

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„Die geopolitischen Risiken sind so groß wie seit Jahrzehnten nicht“, sagte auch Rich Lesser, Chef der Boston Consulting Group, dem Handelsblatt. Als Beispiel nannte er die Wirtschaftskonflikte zwischen den USA und China. Aber auch die Schuldenkrise in Italien und den Brexit.

Warnsignale aus China

Bereits seit einigen Wochen häufen sich die konjunkturellen Warnsignale aus China. Im vergangenen Monat waren die die Ausfuhren um 4,4 Prozent gesunken. Die Importe – für das deutsche Geschäftsmodell die noch viel wichtigere Kennziffer – brachen sogar um 7,6 Prozent ein. Der Autoabsatz in der Volksrepublik, ein guter Gradmesser für das Konsumentenvertrauen des Landes, schrumpfte in den vergangenen Monaten sogar zweistellig.

All das sind keine guten Nachrichten, vor allem für Länder wie Deutschland, deren Unternehmen besonders abhängig sind von dem riesigen chinesischen Absatzmarkt. Am Montag dann die Stunde der Wahrheit: Die nationale Statistikbehörde veröffentlichte die Wachstumszahlen für das Gesamtjahr 2018.

Demnach lag das BIP-Wachstum der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt im vergangenen Jahr bei 6,6 Prozent. Das ist der geringste Anstieg des Bruttoinlandsprodukts seit 28 Jahren.

Für 2019 erwartet Peking nur noch ein Plus zwischen sechs und 6,5 Prozent. Das mag in den Augen westlicher Industrieländer immer noch ein erstaunlich hoher Wert sein – für eine Weltwirtschaft allerdings, die sich jahrzehntelang auf eine chinesische Dynamik mit Wachstumsraten gern auch mal jenseits der zehn Prozent gewöhnt hat, bedeutet das eine Zeitenwende. Allein in den vergangenen zehn Jahren trug China 34 Prozent zum weltweiten Wachstum bei. Diese Zeiten scheinen vorerst vorbei zu sein.

Entsprechend nervös sind nicht nur die globalen Finanzmärkte, sondern auch die Krisenmanager in Peking, die zuletzt auch die Finanzmärkte mit hektisch wirkenden Ankündigungen verunsichert hatten. So entschied Peking kürzlich, die Staatsausgaben zu erhöhen, um das Wachstum zu treiben.

Geplant sind Steuer- und Abgabensenkungen. Außerdem soll es Regionalregierungen gestattet werden, Sonderanleihen auszugeben, um wichtige Projekte zu finanzieren. All diese Maßnahmen könnten umgerechnet Hunderte Milliarden Euro kosten.

Kreditfinanziertes Wachstum – das ist die chinesische Strategie der vergangenen Jahre. Was allerdings vor allem wächst, ist die Befürchtung, dass dieses Wachstumsmodell an seine Grenzen kommt. Vor zehn Jahren noch lag die Gesamtverschuldung Chinas, also die Verbindlichkeiten der Privathaushalte und Unternehmen sowie des Staates, bei gut 140 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Jetzt liegt sie laut Schätzungen des International Institute of Finance (IIF) bei mehr als 300 Prozent.

Doch wenn China wackelt, wackelt auch die Weltwirtschaft. Und so ist es kein Wunder, dass die Stimmung verhalten ist, wenn die rund 3.000 Teilnehmer des World Economic Forum (WEF) in Davos über die drängendsten Fragen der Zeit debattieren – über eskalierende Handelskriege, den zunehmenden Nationalismus und über den globalen Vormarsch von antidemokratisch gesinnten Rechtspopulisten.

Nach Angaben des IWF wird das globale Wachstum sich in diesem Jahr weiter abkühlen und sich erst 2020 leicht stabilisieren. Im nächsten Jahr soll es dann mit 3,6 Prozent wieder etwas stärker aufwärtsgehen.

Aber auch diese Prognose liegt leicht unter der vorherigen. Der WEO wurde in Davos erstmals von der neuen Chefökonomin des Fonds, Gita Gopinath, vorgestellt. Für Deutschland hat Gopinath eine besonders bittere Botschaft: Hierzulande soll sich das Wachstum in diesem Jahr auf nur noch 1,3 Prozent verlangsamen.

Das sind 0,6 Prozentpunkte weniger als noch im vergangenen Herbst und ist zugleich der größte Rückschlag in allen entwickelten Volkswirtschaften. „Produktionsschwierigkeiten in der Autoindustrie und eine geringere externe Nachfrage belasten das Wachstum 2019“, hieß es zum schwachen Ausblick auf das laufende Jahr.

Erst 2020 werde sich die deutsche Wirtschaft mit einem Plus von 1,6 Prozent wieder erholen. Verantwortlich für den Schwächeanfall macht der Fonds unter anderem die neuen Emissionsstandards für Dieselfahrzeuge, die Bremsspuren in der Industrieproduktion und beim privaten Verbrauch hinterlassen hätten. Zudem habe sich auch die Auslandsnachfrage abgeschwächt.

Deutschland und China sind nicht die einzigen Bremsfaktoren der Weltwirtschaft. Zur globalen Wachstumsschwäche hätten auch die von den unklaren politischen Verhältnissen gedämpfte Inlandsnachfrage in Italien sowie der Konjunktureinbruch in der Türkei beigetragen, heißt es in dem Bericht.

Darüber hinaus schlage die Nervosität auf den Finanzmärkten auf die Realwirtschaft durch. Für die hohe Unsicherheit unter den Anlegern sorge unter anderem der anhaltende „Shutdown“ der Regierung in den USA, der nach Angaben der US-Notenbank auch die konjunkturelle Entwicklung bremsen könnte. Für die USA rechnet der IWF nach wie vor mit einem Wachstum von 2,5 Prozent in diesem Jahr.

2020 dann allerdings werde sich das Plus auf nur noch 1,8 Prozent verringern. Als Grund nannte der IWF das „Auslaufen der fiskalischen Anreize“. Also haben auch die Vereinigten Staaten, die sich in den vergangenen Jahren äußerst robust gezeigt hatten, ihren Zenit überschritten.

Wo man auch hinschaut, die Zeichen stehen auf Abkühlung. „Es besteht das Risiko, dass sich die Weltkonjunktur weiter abschwächt“, so der IWF. Zu den größten Gefahren für die Weltwirtschaft zählt der Fonds eine Eskalation des Handelskonflikts zwischen China und den USA, die damit einhergehende Schwächung der Konjunktur in China, aber eben auch die noch nicht abschätzbaren Auswirkungen einer restriktiveren Geldpolitik durch die großen Notenbanken sowie die wirtschaftlichen Risiken eines ungeordneten Brexits.

Die internationale Gemeinschaft solle ihre Handelskonflikte „gemeinsam und schnell“ lösen, anstatt durch neue Handelsbarrieren die Weltwirtschaft noch weiter zu destabilisieren, forderte Lagarde.

Beim WEF in Davos läuft sie damit offene Türen ein: Kooperation statt Konfrontation ist auch das Motto des globalen Brainstormings in den Schweizer Bergen. Eine schwächelnde Weltwirtschaft könnte jedoch den wirtschaftlichen Nationalismus weiter verstärken und eine gemeinsame Krisenprävention erschweren.

Dass die von den USA angezettelten Handelskonflikte mit China und Europa und der zunehmende Protektionismus bereits im vergangenen Jahr eine dramatische Wirkung entfaltet haben, zeigt der ebenfalls am Montag in Davos vorgestellte „Investment Trend Monitor“ der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung.

Demnach sind die ausländischen Direktinvestitionen weltweit um 19 Prozent auf 1,2 Billionen Dollar eingebrochen. Das ist der niedrigste Stand seit dem durch die Finanzkrise geprägten Jahr 2009. Anders ausgedrückt: Die Unternehmen ziehen sich immer mehr auf den Heimatmarkt zurück.

Das ist eine besonders bedrohliche Entwicklung für Länder wie Deutschland und China, die wie kaum ein anderes Land auf offene Märkte angewiesen sind. Für Clemens Fuest, Präsident des Münchener Ifo-Instituts, stellen die jüngsten BIP-Daten aus China denn auch ein Warnsignal dar. „Die Zahlen zeigen, dass die allgemeine Abkühlung der Weltwirtschaft längst auch China einbezieht“, sagt Fuest.

Die eskalierenden Handelskonflikte träfen „die Volksrepublik härter als andere Länder“. Ohnehin stünde China „vor der besonderen Herausforderung, den Strukturwandel von einem investitionsgetriebenen zu einem stärker innovationsgetriebenen Wachstum mit höherem Konsum zu erreichen“. All das führe dazu, „dass das BIP-Wachstum in China sinkt“, so Fuest.

Auch Deutschland werde „sich der Abkühlung der Weltkonjunktur nicht entziehen können“, warnt er. Mit einer Rezession rechnet er wie IWF-Chefin Christine Lagarde allerdings nicht. Deutschland profitiere von einer „starken Binnenkonjunktur“. „Für die Zahl der Erwerbstätigen ist für 2019 sogar ein neuer Rekord zu erwarten“, so Fuest.

Das Rezept des IWF gegen die globale Abkühlung heißt vor allem „internationale Zusammenarbeit“. Multilaterale Kooperation werde angesichts der zunehmenden Krisensignale immer wichtiger, betont der IWF. Es klingt wie ein Aufruf an Donald Trump, der genau das infrage stellt.