Cum-Ex-Skandal: Früherer Top-Anwalt von Freshfields vor Gericht
FRANKFURT (dpa-AFX) -Im milliardenschweren Steuerskandal um Cum-Ex-Aktiendeals hat am Donnerstag ein neuer Prozess am Landgericht Frankfurt begonnen. Erstmals geht es nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt um die strafrechtliche Verantwortung eines Beraters bei den Aktiengeschäften rund um den Dividendenstichtag. Der Vorwurf der Anklage lautet auf schwere Steuerhinterziehung beziehungsweise Beihilfe dazu. Angesetzt sind zunächst 19 Verhandlungstermine bis Ende November.
Verantworten muss sich unter anderen ein früherer hochrangiger Steueranwalt der Großkanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer. Er hatte die Maple Bank beraten, die Cum-Ex-Geschäfte in großem Stil betrieben hatte und damit den Ermittlern zufolge einen Steuerschaden von gut 388 Millionen Euro verursachte. Das deutsche Institut mit kanadischen Wurzeln war 2016 von der Finanzaufsicht Bafin geschlossen worden, weil ihm wegen einer Steuerrückstellung im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften die Überschuldung drohte.
Im November 2022 waren vier frühere Maple-Banker, darunter der Ex-Deutschlandchef, vom Landgericht Frankfurt zu teils langen Haftstrafen verurteilt worden. Das Verfahren gegen den früheren Freshfields-Steuerrechtler sowie zwei Maple-Banker war abgetrennt worden.
Den Ex-Maple-Bankern wird vorgeworfen, Handelsstrukturen für die Durchführung von Cum-Ex-Aktiendeals aufgebaut zu haben. Der Rechtsanwalt und Steuerberater habe dies mit "Gefälligkeitsgutachten" unterstützt und gegenüber der Finanzverwaltung falsche Stellungnahmen abgegeben.
Der Ex-Freshfields-Anwalt sei "federführend bei der Entwicklung und anschließenden Verschleierung" der Dividendenstichtagsgeschäfts gewesen, heißt es in der Anklageschrift. Anfängliche Bedenken aus dem Kreis der Maple-Banker habe er "mit erkennbar fadenscheinigen Argumenten und unter Hinweis auf ein noch zu erstellendes Gutachten" zu zerstreuen versucht.
Bei Cum-Ex-Deals, die ihre Hochphase zwischen 2006 und 2011 hatten, ließen sich Banken und Investoren nie gezahlte Kapitalertragssteuern erstatten und prellten den Staat geschätzt insgesamt um mindestens zehn Milliarden Euro. Dabei nutzten sie eine damalige Gesetzeslücke: Rund um den Dividendenstichtag wurden Aktien mit (cum) und ohne (ex) Ausschüttungsanspruch zwischen Beteiligten hin- und hergeschoben. Am Ende erstatteten Finanzämter nicht gezahlte Steuern. 2012 wurde das Schlupfloch geschlossen. Lange war unklar, ob Cum-Ex-Geschäfte nur unmoralisch oder auch illegal waren. 2021 entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass Cum-Ex-Geschäfte als Steuerhinterziehung zu werten sind.