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Bei der CSU dominieren Pappfiguren und die Kanzler-Frage

Beim ersten virtuellen politischen Aschermittwoch der CSU in Passau wirbt CDU-Chef Laschet vor allem für sich. CSU-Chef Söder dagegen verteidigt seinen Coronakurs.

Auf der Videorückwand des Studios sind die Zuschauer zu sehen, wie sie zu Hause lärmend Rasseln schwingen, wie sie klatschen und rufen, während CSU-Generalsekretär Markus Blume die Landsmannschaften im TV-Studio in der Passauer Dreiländerhalle aufruft. Was in normalen Jahren zum Aufwärmen dient, kommt in digitalen Zeiten komisch rüber. Aber die CSU will auch in Pandemiezeiten „das Original“ bleiben, wie Blume sagt.

Nichts ist mehr wie früher. Statt vollbesetzter Bierzeltgarnituren nun Tribünen mit Pappfiguren. „Politischer Aschermittwoch Dahoam“, schimpft die CSU ihr virtuelles Hochamt der politischen Rede, das Franz Josef Strauß zum Mythos formte. Bis zu drei Stunden lang wetterte und schwitzte er auf der Bühne gegen Kommunisten und Sozialisten, während die Menge johlte. Strauß, der erste bayerische Kanzlerkandidat der Union: 1980 war das. 22 Jahre später wagte es Edmund Stoiber noch einmal.

Und nun, 19 Jahre weiter? Was ist mit Markus Söder? Wird er Kanzlerkandidat – oder doch Armin Laschet, der als erster CDU-Vorsitzender ein Grußwort sprechen darf?

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CSU-Chef Söder zieht mit Defiliermarsch ein, dann geht es auf die Bühne, im Vorbeigehen nickt er den Pappfiguren zu, dann den Zuschauern auf der Videowand und sagt: „Es fühlt sich alles irgendwie anders an.“ Der Einmarsch dauert sonst gerne eine Viertelstunde, heute ist es vielleicht eine Minute. Schon jetzt steht fest: Diese Veranstaltung wird ihm im Rennen um die Kanzlerkandidatur nicht helfen.

Söder überlässt Laschet die Bühne. Routiniert steht er in Anzug und Krawatte in einem Düsseldorfer Studio. Brezeln, Weißbier und Krüge sorgen für Folklore, dann nennt er gleich Strauß. Der habe 1980 als Kanzlerkandidat in Aachen das Fußballstadion gefüllt. Laschet, der an diesem Donnerstag 60 Jahre alt wird, sei als „Fan“ dabei gewesen. Als sei es der Schmeichelei nicht genug, nennt der Rheinländer den CSU-Aschermittwoch „Olymp des politischen Geschehens“.

Corona ist kaum ein Thema

Laschet wirbt um die CSU-Anhänger, betont, dass CDU und CSU „eng beieinander“ seien, dass sie den Weg aus der Krise gestalten wollen, ohne Verbote wie Grüne und Linke. Auch dem Vorwurf, zu liberal zu sein, entgegnet er mit dem Satz: „Klarer Kurs bei unserer Sicherheit“. Corona? Kaum der Rede wert.

Anders Söder. Er sitzt allein in einer Wohnzimmerkulisse im Janker, blau-weiße Tischdecke, Brezeln, Jausenplatte und Weißbier. Natürlich redet er auch von Strauß, das muss so sein. Doch bleibt er nachdenklich in diesen „ernsten Zeiten“ und hebt an zu einer Verteidigungsrede. Corona sei eine „grundlegende Prüfung“.

Es sei die Frage, wann und wie die Krise überwunden werde, nicht ob. „Wir sind weit gekommen“, sagt er. „Wir sollten nicht die Geduld verlieren. Durchhalten bitte.“

Söder hat im vergangenen Jahr, als die ungeklärte Machtfrage die CDU lähmte, immer wieder damit kokettiert, der nächste Kanzlerkandidat der Union zu werden. Mit seinem harten Coronakurs führte er die Umfragen an. Inzwischen schlägt das Pendel zurück: Begrüßten in der ersten Pandemiewelle 71 Prozent der Befragten seine Politik, so ist es nicht einmal mehr jeder zweite.

In Bayern fordert die Chefin des mächtigen CSU-Bezirks Oberbayern, Landtagspräsidentin Ilse Aigner, eine „Öffnungsperspektive“ wie auch so mancher Landrat und ohnehin die Wirtschaftspolitiker. Im Bund ist es ausgerechnet Laschet, der sich von Söder absetzt, obwohl er den Coronakurs als Ministerpräsident bei jedem Treffen der Regierungschef mitgetragen hat, wenn er auch im vergangenen Jahr schon für einen liberalen Kurs geworben und auf Kollateralschäden hingewiesen hatte.

Am Rosenmontag hatte er die Bühne des Wirtschaftsrats der CDU in Baden-Württemberg genutzt, um für einen Kurswechsel in der Coronapolitik zu werben, womit er nicht nur Kanzlerin Angela Merkel, sondern auch Söder angriff. „Populär ist, glaube ich, immer noch die Haltung: alles verbieten, streng sein, die Bürger behandeln wie unmündige Kinder“, hatte er gesagt. Das trage aber nicht auf Dauer. „Der große Nachbar in Bayern sieht es manches Mal anders.“ Aber die Menschen erwarteten die Abwägung. CDU und CSU müssten „auch hier eng beieinanderbleiben“, dann bestünde die Chance, die Menschen „wieder auf unsere Seite zu bringen“.

„Merkelstimmen gibt es nur mit Merkelpolitik“

Söder meidet eine direkte Erwiderung. Stattdessen rät er „dringend zur Vorsicht. Wir sind leider noch nicht am Ende. Wir brauchen Weitsicht und Nachhaltigkeit.“ Und er verteidigt ausdrücklich die harte Linie Merkels, verbunden mit dem Hinweis: „Jeder, der meint, Merkelstimmen zu gewinnen, der muss wissen: Merkelstimmen gibt es nur mit Merkelpolitik.“

Ob er den Nerv getroffen hat, erfährt Söder an diesem Aschermittwoch nicht. Es fuhren keine Busse vor die Dreiländerhalle, um die hart gesottenen CSU-Fans auszuspucken, die sich auf Bierbänke setzen und die eine oder andere Maß trinken und Fischsemmeln essen, während das Parteiestablishment an den Tischen vor der Bühne Platz nimmt und dem Vorsitzenden huldigt.

Söder sitzt in der leeren Halle und kann nicht erspüren, wie die Partei reagiert. Die Frage, ob er Kanzlerkandidat werden will, lässt er weiter unbeantwortet: „Ich arbeite auch weiter rund um die Uhr für Bayern und die CSU. Bayern ist ein super Land.“ Bei so einem Abschluss rasselt es noch einmal kräftig aus den Bildschirmen, während die Wohnzimmerkapelle aufspielt und sich der CSU-Vorsitzende auf die Bühne stellt, um sich in die Leere zu verbeugen.

Laschet ist da schon weitergezogen. Am Abend tritt er virtuell in Rheinland-Pfalz auf. Die CDU will in Mainz endlich die SPD ablösen. Für Laschet wäre es ein Erfolg, ebenso wenn die CDU in Baden-Württemberg die alten Verhältnisse zurechtrückt und wieder den Ministerpräsidenten stellt. Am 14. März, um 18 Uhr, steht das Ergebnis fest. Danach wollen Laschet und Söder die K-Frage schnell klären, spätestens bis Ostern. „Ich will nichts ausschließen, wer weiß, wie es sich entwickelt“, sagt Söder an diesem Tag. Allerdings meint er damit ein mögliches Ende des Lockdowns zu Ostern.