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Wettstreit um die politische Mitte – Söder arbeitet sich am neuen politischen Hauptgegner ab

CSU-Chef Söder rechnet am Aschermittwoch mit den Grünen und ihrer Wirtschaftspolitik ab. Deren Vorsitzender Habeck präsentiert sich dagegen staatstragend.

Markus Söder (l), CSU-Vorsitzender kritisierte Robert Habeck, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen beim Politischen Aschermittwoch. Foto: dpa
Markus Söder (l), CSU-Vorsitzender kritisierte Robert Habeck, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen beim Politischen Aschermittwoch. Foto: dpa

Granteln, sticheln, polemisieren. Bei Grünen-Chef Robert Habeck, der am Mittwoch im bayrischen Landshut auftrat, hat das eine Grenze. Eine schwierige Aschermittwochssituation, findet Habeck, der Norddeutsche. Er versucht erst gar nicht, eine Bierzelt-Rede zu halten und erklärt sein Problem zu einer Strategie. In die politische Auseinandersetzung gehen und Menschen verunglimpfen oder bloßstellen? Das, meint Habeck, gehöre sich in dieser politisch aufgeheizten Situation nicht, schon gar nicht nach den Morden in Hanau.

Der Auftritt von Habeck beim politischen Aschermittwoch wurde genau beobachtet, auch von der politischen Konkurrenz. Schließlich hat man in der Union die Grünen als neuen politischen Hauptgegner ausgemacht. Gleichzeitig ist es nach derzeitigem Stand wahrscheinlich, dass Schwarz und Grün nach der Bundestagswahl eine Koalition eingehen müssen. Wie viele Attacken sind da möglich? Am Aschermittwoch geben Union und Grüne darauf ganz verschiedene Antworten.

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Auf Breitseiten gegen Markus Söder, die CSU oder sonstige politische Gegner verzichtete der Grünen-Chef fast komplett. „Reden wir über Chancen, halten wir Aschermittwochsreden der Zuversicht und pöbeln nicht über den politischen Gegner“, sagte Habeck. Entsprechend staatstragend tritt er auf, wirbt für Anstand, Respekt. Nur einen kurzen Moment zieht er gegen den bayerischen Ministerpräsidenten verbal zu Felde, als er an der Einsicht der CSU zweifelt, sich klar von der AfD abzugrenzen und nicht künftig doch im rechten Lager Wähler zu ködern.

Bundespolitisch habe die CSU nichts zu sagen, sagte Habeck. Wann immer Söder in München als laut brüllender Löwe nach Berlin aufbreche, komme er dort als Kätzchen an. Dass die CSU bestimme, wie es zu laufen habe, „das ist alles nicht wahr, das machen Männer aus Nordrhein-Westfalen unter sich aus“, sagt er in Anspielung auf die Kandidaturen für den CDU-Vorsitz von Friedrich Merz, Armin Laschet und Norbert Röttgen.

Gut 100 Kilometer entfernt, in Passau, arbeitete sich derweil der bayerische Ministerpräsident an den Grünen ab. Die SPD wolle er verschonen, sagte Söder. Die veranstalte eine „traurige Stuhlkreissitzung“ am Aschermittwoch in Bayern. Früher habe es die Troika gegeben bei der SPD, heute „Tick, Trick und Track“.

Ohnehin sei es nicht relevant, wen die Sozialdemokraten bei der nächsten Bundestagswahl als Kanzlerkandidaten ins Rennen schicken. Dass er selbst in Berlin nichts zu sagen habe, von dieser These hält Söder selbstverständlich nichts.

Der bayerische Ministerpräsident pocht erneut auf ein Mitspracherecht bei der Frage, wer gemeinsamer Kanzlerkandidat werden soll. „Ohne die CSU wird es keinen Kanzlerkandidaten geben, und ohne die Stimme aus Bayern kann kein Unions-Mann gewählt werden“, sagte Söder. „Nur zusammen, nicht allein wird es laufen.“

Warnung vor „grünem Sozialismus“

Die Hauptkonkurrenz bis zur nächsten Bundestagswahl sieht der Bayer bei den Grünen. Parteichef Habeck bezeichnet er als „Küstenkavalier“ und „Käpt’n Iglo der Grünen“, dessen Auftritt in Landshut nannte er „Tofu-Tupperparty“. Gründe, mehr denn je auf die Grünen zu gucken, hat Söder reichlich. Bei den bevorstehenden Kommunalwahlen Mitte März befürchtet die CSU erneut Wähler an die Grünen zu verlieren.

Schon bei der vergangenen Landtagswahl hatte man die starke Konkurrenz durch die Grünen schmerzvoll zu spüren bekommen. Söder gibt sich seitdem als Ministerpräsident auch einen grünen Anstrich, kümmert sich um das Klima und die Bienen. Und garniert Interviews mit Fotos, auf denen er Bäume umarmt. „Bäume umarme ich gerne – aber das ist das einzig Grüne, was ich umarmen will“, sagte er in Passau.

Doch neben allem Klamauk sucht der CSU-Chef auch die inhaltliche Auseinandersetzung mit den Grünen, vor allem in der Wirtschaftspolitik. Die Grünen wollten höhere Steuern, neue Schulden und würden selbst von Enteignungen sprechen. „Das ist grüner Sozialismus, und den machen wir nicht mit“, sagte Söder. „Ein solches Programm der Grünen ist für uns in CDU und CSU nicht koalitionsfähig.“

Der bayerische Ministerpräsident verlangte „mehr Wirtschaftspatriotismus“. Man dürfe die Produkte aus Deutschland nicht „kaputtreden“, sondern müsse sie besser machen. Er warf den Grünen vor, dass sie die deutschen Autohersteller schädigen würden, während sie sich an den US-Elektroautobauer Tesla heranschmeißen würden.

Für die Anhänger schwarz-grüner Regierungsbündnisse hatte er eine Warnung: „Nicht von Schwarz-Grün träumen und am Ende mit Grün-Rot-Rot aufwachen.“ Wann immer es gehe, auch wenn es nur eine Stimme Mehrheit dafür im Bundestag gebe, würden die Grünen die Linke der Union vorziehen.

Habeck und seine Co-Chefin Annalena Baerbock lassen sich auf solche Debatten nicht ein. Aber auch für die Grünen ist klar, dass die Union der Hauptgegner ist. „Wir haben uns an die Sehnsucht nach Bedeutungslosigkeit der SPD gewöhnt“, sagt Habeck und bemerkt, jetzt komme auch die Union noch dazu. Lange pflegte er das Ritual, Wahlergebnisse für seine Partei mit großer Zurückhaltung zu kommentieren.

Doch inzwischen ist Habecks Selbst- und Machtbewusstsein deutlich gestiegen. „Die Grünen sind keine Milieu-, Nischen- oder Splitterpartei mehr, die sich um die verlorenen Themen der anderen Parteien kümmert“, verkündete er nach der Wahl zur Hamburger Bürgerschaft, bei der die Grünen ihren Stimmenanteil verdoppeln konnten.

Merz als Hoffnung der Grünen

Politologen teilen diese Einschätzung, sehen längst ein Duell um die Macht zwischen Union und Grünen. Für die Grünen kommt das zu einem günstigen Zeitpunkt. Während sich die CDU in einer Führungskrise befindet, fühlen sich die Grünen, getragen von Wahlerfolgen und guten Umfragewerten, stark wie noch nie. So haben sie kein Problem damit, sich durchaus auch mal gönnerhaft zu zeigen.

Er hoffe, der Union gelinge es, „zu innerer Stabilität zurückzufinden“, sagt Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter dem Handelsblatt. Und er hoffe, dass sie ihr Heil nicht in der Vergangenheit, sondern in zukunftsfähiger Politik suche. „Wir brauchen einen demokratischen Wettstreit um die besten Ideen für morgen.“

Spekulationen darüber, wer von den drei Kandidaten der vermeintlich beste für die Grünen wäre, lehnt er ab, ebenso die Parteichefin. „Ihre Führungsfrage muss die Union für sich selbst beantworten“, sagt Hofreiter. „Wir kreisen nicht um andere“, bemerkt Baerbock.

Die Gelassenheit ist gut inszeniert, aber nicht die ganze Wahrheit. Denn mit der Wahl des Vorsitzenden steht bei der CDU auch eine Richtungsentscheidung an – die wiederum nicht ganz unwichtig ist für die Machtperspektive der Grünen, die bislang noch die kleinste Oppositionspartei im Bundestag sind.

Während Laschet und Röttgen Wähler der Mitte ansprechen und die Grünen damit bedrängen könnten, steht Merz für deutlich konservativere Positionen und gibt den Grünen Raum. „Unter einem Kanzlerkandidaten Merz“, glaubt der Politikwissenschaftler Arne Jungjohann, der unter anderem für die parteinahe Heinrich-Böll-Stiftung schreibt, „wäre das Rennen zwischen Grünen und Union um das Kanzleramt weitgehend offen.“

Mehr: Die CDU will das Chaos schnell beenden. Ein Sonderparteitag soll am 25. April die Entscheidung über den Parteivorsitzenden bringen.