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Coworker müssen sich das Vertrauen der Eigentümer erarbeiten

Der gescheiterte WeWork-Börsengang beschert Anbietern flexibler Büroflächen eine Vertrauenskrise. Wie Eigentümer reagieren und worauf sie achten.

Der gescheiterte Börsengang von WeWork hat Spuren hinterlassen. Die Anbieter flexibler Büroflächen haben in den vergangenen Jahren dem konservativen Büromarkt neues Leben eingehaucht. Eigentümer waren begeistert von den neuen Arbeitswelten. Die Flächenvermietungen stiegen jährlich, sogar ganze Häuser wurden den Konzepten überlassen.

Nun hat die Euphorie einen Dämpfer erhalten. Eigentümer werden vorsichtiger, hinterfragen die Geschäftsmodelle und auch so manche Anmietung. Die Vorschusslorbeeren für die modernen Bürowelten sind aufgebraucht. Coworker müssen sich das Vertrauen der Eigentümer erarbeiten.

Im ersten Halbjahr 2019 ist der Flächenumsatz in den sieben größten Städten eingebrochen. Mit 105.000 Quadratmetern wurden 27 Prozent weniger Flächen vermietet als im zweiten Halbjahr 2018, zeigt eine Analyse des Immobiliendienstleisters JLL. Der Anteil an den vermieteten Büroflächen betrug im Schnitt fünf Prozent. Das fehlende Angebot großer zusammenhängender Flächen behindere das Wachstum, erklärt Andree Scherer, Flex-Office-Experte beim Immobiliendienstleister JLL. Für das Gesamtjahr rechnet Oliver Rohr, Experte beim Analysehaus Bulwiengesa, angesichts der Angebotsknappheit, dass die Flächenvermietung gegenüber dem Vorjahr niedriger ausfällt.

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Folgen des im September gescheiterten WeWork-Börsengangs seien mangels aktueller Zahlen aber noch nicht ablesbar. Eine aktuelle Umfrage des internationalen Immobiliendienstleisters BNP Paribas Real Estate unter 70 institutionellen Investoren wie Fonds, Versicherungen, Pensionskassen oder Investmentmanagern ergab jedoch, dass fast zwei Drittel der Befragten künftig mit einem langsameren Flächenwachstum als in den vergangenen Jahren rechnen.

Ein Fünftel der Befragten sieht vor allem Risiken im Geschäftsmodell der Anbieter. Einem Abgesang auf die neuen Bürokonzepte kommt das dennoch nicht gleich: Immerhin sieht fast die Hälfte der Investoren überwiegend Chancen.

Wie vermietet wird

Bislang entfällt nur rund ein Prozent der in Deutschland vermieteten Büroflächen auf Anbieter flexibler Modelle. Als Mieter sind sie nicht zuletzt deshalb beliebt, weil sie höhere Mieten zahlen – auf 15 bis 25 Prozent schätzt Rohr von Bulwiengesa das Plus. Allerdings stünden diesem Plus Forderungen wie mietfreie Zeiten oder Zuschüsse für die meist teuren Ausbauten gegenüber.

Viele Eigentümer werden daher zurückhaltender. Die Anbieter flexibler Büroflächen „müssen ihre Wirtschaftlichkeit nach den Ereignissen der vergangenen Wochen heute deutlicher darstellen“, beobachtet Scherer von JLL.

In einer Immobilie sollte der Anteil von Coworking-Flächen 30 Prozent nicht übersteigen, sagt Jens Böhnlein, verantwortlich für die Büroimmobilien im Portfolio der Commerz Real. Das Fondshaus ist vor allem für seinen 15 Milliarden Euro schweren offenen Immobilienfonds Hausinvest bekannt. Im gesamten Portfolio des Fonds beträgt der Anteil der Anbieter flexibler Büroflächen 1,3 Prozent. Torsten Knapmeyer, Geschäftsführer der Deka Immobilien, sieht die Coworking-Anbieter „als Beimischung“ für seine Fonds. Deka gibt an, 2,8 Prozent der Büroflächen in seinen drei großen Publikumsfonds an Coworking-Anbieter vermietet zu haben.

Beim Konkurrenten Union Investment Real Estate sieht man das offenbar ähnlich. Um Risiken zu streuen, werde eine Immobilie nie zu 100 Prozent an ein Coworking-Unternehmen vermietet. In 96 Büroimmobilien in Deutschland gebe es fünf Mietverträge mit Anbietern flexibler Büroflächen, teilt ein Sprecher auf Anfrage mit.

Neben einem festen Mietpreis gibt es auch das erfolgsabhängige Modell: Dabei beteiligt der Anbieter den Eigentümer an seinem Umsatz. Die Grundmiete sei dann zwar niedriger, und die Risiken seien höher, da die Einnahmen schwanken können. Aber es ergäben sich auch Chancen auf höhere Renditen, erklärt Scherer von JLL. Derartige Modelle bietet etwa Knotel an, das in Deutschland bislang nur in Berlin vertreten ist.

In einem dritten Modell vermieten Eigentümer ihre Büroflächen selbst flexibel. So hat etwa das Unternehmen Alstria mit „Beehive“ eine eigene Marke aufgebaut. Dies allerdings binde bei Immobilieninvestoren „viel Kapital, Zeit und Know-how, das sich die meisten Eigentümer erst noch aufbauen müssten“, gibt Scherer zu bedenken.

Die Gewinn-Frage

Wie es um die Rentabilität der Anbieter bestellt ist, lässt sich meist schwer nachvollziehen. Bei WeWork brachte der geplante Börsengang triste Klarheit. Der größte Anbieter, IWG – mit Marken wie Spaces oder No. 18 und ebenfalls börsennotiert –, zeigt aber, dass das Geschäft auch profitabel betrieben werden kann: 50,4 Millionen Pfund betrug der operative Gewinn im ersten Halbjahr 2019. Die Konkurrenz ist meist nicht börsengelistet und geizt mit Zahlen zu Auslastung oder Gewinn.

Eine Umfrage des Bundesverbands Coworking, die Teil des „Global Coworking Survey“ ist, führt zu Ernüchterung: Nur rund ein Drittel aller Coworking-Spaces arbeitet profitabel. 41 Prozent wirtschaften kostendeckend, 28 Prozent verbuchen Verluste.

Im Hinblick auf die Einordnung letzterer Zahlen mahnt Tobias Kremkau jedoch zur Differenzierung. Kremkau gehört zu den Coworking-Pionieren in Deutschland. Er berät unter anderem Immobilieneigentümer, die neue Arbeitslandschaften umsetzen wollen. Nicht alles sei Coworking, wo Coworking draufsteht.

Gerade die großen Anbieter wie WeWork, Design Offices oder Mindspace seien eher „Shared Offices“-Anbieter, ein Hybridmodell zwischen Business-Centern und Coworking. Sie wenden sich an Unternehmen, die moderne Büros mit flexiblen Mietverträgen suchen. Diese Anbieter mieten meist mehrere Tausend Quadratmeter an, klassische Coworker oft weniger als 1000. Anders als beim klassischen Coworking, wo der rege Austausch gesucht wird, suchten die Unternehmen häufig geschlossene Bereiche. „Da rennt vermutlich keiner von Volkswagen in den Teams von BMW herum“, sagt Kremkau.

Konkrete Zahlen zu Anbietern klassischer Coworking-Flächen gibt es nicht. Kremkau schätzt, dass es in ganz Deutschland 600 Standorte bei etwa 450 bis 500 Anbietern gibt. Die meisten sind also lokale Anbieter. Ihre Mitglieder sind häufig Selbstständige oder Start-ups, das unterscheidet sie von den großen Ketten.

Die reine Vermietung von Schreibtischen reiche häufig nicht für ein profitables Geschäft. Konferenzraum-Vermietungen, Events oder auch Übernachtungsmöglichkeiten bei Coworking-Spaces auf dem Land brächten Zusatzerträge, erklärt Kremkau. Ein Standort benötige seinen eigenen Charakter. „Coworking ist eine Kultur, und wenn man das nicht verstanden hat, klappt es auch nicht mit der Umsetzung.“ Bevor ein Coworking-Platz eröffnet wird, sollte man die Community aufbauen, rät Kremkau. Nicht ganz einfach: Ein Ansatz ist, zunächst einmal monatlich einen Coworking-Tag anzubieten, um den Menschen das Konzept näherzubringen.

Jenseits der Großstädte

Doch gemeinsame Arbeitsräume, davon ist Kremkau überzeugt, funktionieren auch in kleineren Städten. Dafür brauche es aber einen längeren Atem. Er hat mit seinen St.-Oberholz-Kollegen ein Konzept für Coworking auf freien Flächen der Sparda-Bank in Frankfurt/Oder entworfen. „Wir haben acht Monate gebraucht, bis wir mit dem reinen Coworking profitabel waren, und 14 Monate, bis wir ausgebucht waren“, sagt Kremkau. Um Städte wie Frankfurt/Oder machen die Anbieter hybrider Flächenmodelle bislang einen großen Bogen. Das ändert sich allmählich.

Jetzt rücken mittelgroße Städte wie Bonn, Mannheim oder Leipzig in den Fokus. JLL sieht hier „sehr großes“ Potenzial. Während die Mietkosten in diesen Städten im Schnitt 50 Prozent unter denen der Metropolen liegen, sind die Mitgliedschaftspreise nur zehn bis zwanzig Prozent günstiger. „Bei ausreichender Auslastung der Standorte ergeben sich gute Chancen auf rentable Betriebe“, heißt es in einem Bericht. Das bedingt allerdings gewisse Voraussetzungen, vor allem eine gute regionale Wirtschaftskraft und eine gute Verkehrsanbindung.