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Covestro stemmt Großübernahme – Aktie knickt ein

Der Kunststoffhersteller zahlt 1,6 Milliarden Euro für die Beschichtungssparte von DSM. Vorstandschef Markus Steilemann sieht große Synergien und verteidigt den Kauf.

Der Kunststoffhersteller übernimmt vom niederländischen Chemiekonzern DSM das Geschäft mit Beschichtungsharzen und Glasfaserkabelbeschichtungen für 1,61 Milliarden Euro. Foto: dpa
Der Kunststoffhersteller übernimmt vom niederländischen Chemiekonzern DSM das Geschäft mit Beschichtungsharzen und Glasfaserkabelbeschichtungen für 1,61 Milliarden Euro. Foto: dpa

Der Leverkusener Kunststoffhersteller Covestro baut sein Geschäft mit Lacken und Beschichtungen mit einer Großübernahme aus. Für rund 1,6 Milliarden Euro übernimmt der Dax-Konzern die Sparte „Resins & Functional Materials“ vom niederländischen Chemiekonzern DSM. Durch die Übernahme werde Covestro einer der führenden Anbieter im Bereich nachhaltiger Beschichtungsharze, teilte der Konzern am Mittwochmorgen mit.

Für Covestro ist es die langersehnte Verstärkung seiner dritten und kleinsten Sparte „Coatings, Adhesives, Specialities“ (CAS), deren Umsatzvolumen nun um rund eine Milliarde auf etwa 3,4 Milliarden Euro (2019 pro forma) wächst. 2019 lag der Gesamtumsatz von Covestro bei 12,4 Milliarden Euro. Das übernommene DSM-Geschäft kommt auf eine Gewinnmarge (Ebitda) von 14,1 Prozent.

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Der Konzern habe die Sparte der Niederländer bereits seit längerem im Visier, weil sie eine „perfekte Ergänzung“ für das Lackgeschäft von Covestro sei und sich gut entwickelt hätte, erläuterte Covestro-Vorstandschef Markus Steilemann im Gespräch mit dem Handelsblatt.

Es sei aber keine Taktik gewesen, den Kauf nun mitten im Konjunkturtal zu tätigen, um einen besseren Kaufpreis zu erzielen, ergänzte der CEO. Die Pandemie kann jedoch zu einer schnelleren Entscheidung beigetragen haben, denn viele Unternehmen ordnen in der Krise ihre Portfolios neu und schärfen ihre Profil.

Covestro-Aktie schwächster Wert im Dax

Die Börse reagierte verschreckt auf die Übernahme, die Covestro mitten in der Krise wagt. Der Aktienkurs des Dax-Konzerns knickte um mehr als sieben Prozent ein und lag am Mittag bei 42,50 Euro. Covestro war damit der schwächste Wert im Dax. Dies dürfte zum einen damit zusammenhängen, dass Covestro zur Finanzierung der Übernahme eine Kapitalerhöhung über 450 Millionen Euro plant.

Zum anderen erscheint der Kaufpreis zumindest auf den ersten Blick hoch, wie Markus Mayer, Analyst bei der Baader Bank, kommentiert. Tatsächlich gibt es bei der Übernahme keinen pandemie- oder konjunkturbedingten Discount. Der Preis entspricht nach Berechnungen von Covestro dem 10,3-fachen des operativen Gewinns der DSM-Sparte. Analyst Mayer berechnet ein Multiple von zwölf. Beides sind Werte, wie sie auch vor der Krise bei Übernahmen in der Chemie schon üblich waren.

Steilemann verteidigte im Gespräch mit dem Handelsblatt die Übernahme. „Wir erwarten große Synergien, was die Transaktion sehr wertschaffend machen wird“, sagte er. Dauerhaft sollen nach der Integration jährlich 120 Millionen Euro im kombinierten Geschäft an Synergien erzielt werden. Unter Einbezug dessen senkt sich das Kaupreis-Multiple auf 5,7. „Das ist ein klares Signal an unsere Aktionäre“, sagte Steilemann.

Die Leverkusener sind bereits führend bei wasserbasierten Polyurethan-Lacken, nun kommen weitere wasserbasierte Harz-Beschichtungen ins Portfolio. Darunter sind auch Stoffe für den 3D-Druck und für die Beschichtung von Solarzellen. Covestro wird zudem zu einem führenden Anbieter im Bereich Glasfaserkabelbeschichtungen und will so vom Ausbau der Infrastruktur für die 5G-Mobilfunktechnik profitieren.

Hohe Synergien geplant

Die Synergien entfallen zum einen auf gemeinsame Kosten, die laut Steilemann um 80 Millionen Euro gesenkt werden sollen. Da geht es etwa um den Wegfall von Verwaltungsprozessen bei den Niederländern und Einsparungen durch gemeinsamen Einkauf und Vertrieb, da beide Geschäft praktisch die gleichen Kundengruppe bedienen.

Den Rest an Synergien soll Wachstum durch die technologische und regionale Kombination bringen. Das Lackgeschäft von Covestro ist vor allem in Asien stark, das übernommene Geschäft von DSM hingegen eher in den USA. Steilemann sieht in der Übernahme zudem einen weiteren Schritt bei der Neuausrichtung auf Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft, weil zusätzliche Produkte auf nachhaltiger Produktionsbasis ins Portfolio kommen.

Auf dem Markt für Beschichtungen setzen sich wasserbasierten Produkte immer stärker durch. Sie verdrängen die lösungsmittelbasierten Lacke, für deren Herstellung Rohöl gebraucht wird. „Wir werden mit unserem nun verstärkten wasserbasierten Portfolio von dieser Entwicklung deutlich profitieren“, erwartet der Covestro-Chef. Teil der Übernahme sei auch ein viel versprechendes Start-up namens Niaga, das sich auf die Wiederverwendung von Stoffen konzentriert.

Nach der Kapitalerhöhung über 450 Millionen Euro wird Covestro den restlichen Kaufpreis von 1,16 Milliarden Euro aus Fremdkapital und eigenen Mittel finanzieren. Dabei dürfte der Konzern auch auf das in der Hochphase der Pandemie im Frühjahr verstärkte Liquiditätspolster zurückgreifen.

Dies wird er nicht – wie zunächst befürchtet – in ganzer Höhe brauchen, denn zuletzt hat sich das Geschäft der Chemiebranche wieder erholt. Die Übernahme dürfte somit auch ein Zeichen dafür sein, dass der Konzern mit Optimismus auf die weitere operative Entwicklung und die konjunkturellen Aussichten blickt.