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Coronavirus zwingt Opec zum Handeln: Drastische Einschnitte bei Ölproduktion erwartet

Der Preisverfall bei Rohöl setzt das Ölförderkartell kräftig unter Druck. Ein Überangebot des Rohstoffs ist jetzt kaum noch zu verhindern.

Erst wenige Wochen ist es her, dass sich das Ölförderkartell Opec zu einem schmerzhaften Kompromiss durchgerungen hat. Im Dezember hatten die Mitgliedstaaten beschlossen, ihre Ölproduktion deutlich zu drosseln.

Der darauffolgende Anstieg der Ölpreise auf bis zu 67 Dollar pro Fass im Januar 2020 schien der Opec recht zu geben. Doch nachdem die Angst vor einer Corona-Pandemie die Ölpreise innerhalb einer Woche um 16 Prozent hat einbrechen lassen, ist diese Strategie bereits wieder Makulatur.

Der Opec stehen extrem harte Zeiten bevor: Vergangene Woche war der Ölpreis so stark gefallen wie zuletzt in der globalen Finanzkrise. Mit aktuell rund 52 Dollar pro Barrel für die Nordseesorte Brent (rund 159 Liter) ist der Ölpreis weit unter dem Niveau, das Länder wie Saudi-Arabien benötigen, um ihren Staatshaushalt auszugleichen.

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Gleichzeitig sinkt jedoch der Spielraum des Kartells: Mit 27,9 Millionen Barrel pro Tag ist die Ölproduktion der Opec-Länder auf dem tiefsten Stand seit April 2009.

Dem Ölkartell ergeht es in diesen Tagen ähnlich wie den Notenbanken: Je stärker sie auf ihre althergebrachten Instrumente setzen, um eine Marktpanik zu verhindern, desto schneller verpufft deren Wirkung.

Während Notenbanken wie am Mittwoch die Fed, ihre Leitzinsen senken, um die wirtschaftlichen Effekte der Corona-Epidemie abzufedern, setzt die Opec auf ihr wichtigstes Instrument: Förderkürzungen. Das Kartell legt für jedes seiner Mitglieder fest, wie viel Öl es täglich fördern darf.

Vor zweieinhalb Jahren hat die Opec eine neue Runde mit Förderkürzungen eingeläutet. Das bedeutet, dass jedes Mitglied weniger produzieren darf als im Oktober 2018. Seither hat der Ölpreis mehrere Schwächephasen durchgemacht – und die Opec hat mit immer neuen Förderkürzungen versucht, die Preisschwächen abzufedern, zuletzt im Dezember 2019.

Mittlerweile fördert das Opec-Kartell 2,1 Millionen Barrel pro Tag weniger als im Oktober 2018. Die Strategie ist für die Opec-Staaten schmerzhaft, da ihr Marktanteil an der globalen Ölproduktion seit Jahren fällt. Die Lücke, die die Opec hinterlässt, füllen die US-Schieferölunternehmen aus.

„Ganz-oder-gar nicht-Moment“

Doch nun zeichnet sich ab, dass auch die im Dezember beschlossenen Einschnitte bei weitem nicht ausreichen werden, um den Ölpreis zu stabilisieren. Noch im Januar hatte die Forschungsabteilung der Opec prognostiziert, dass die globale Ölnachfrage 2020 um knapp eine Million Barrel täglich wächst.

Doch daran glaubt niemand mehr angesichts der Verwerfungen, die das Coronavirus in der Weltwirtschaft auslöst. Der Rückgang im Flugverkehr, die drastischen Quarantänemaßnahmen in China – all das lastet auf der globalen Ölnachfrage.

Der Opec und den verbündeten Staaten des erweiterten Opec+-Verbundes bleibt bei ihrem Gipfeltreffen am Donnerstag und Freitag in Wien daher kaum etwas anderes übrig, als weitere drastische Einschnitte bei der Ölproduktion zu beschließen. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg am Mittwoch berichtete, will das mächtigste Opec-Mitglied Saudi-Arabien neue Förderkürzungen um mehr als eine Million Barrel pro Tag durchsetzen.

Warren Patterson, Rohstoffstratege bei der niederländischen ING Bank sagt: „Die Opec+ muss den Markt überraschen, wenn sie die Ölpreise nach oben drücken will.“ Ähnlich sieht das Helima Croft, Opec-Expertin und Analystin bei der Investmentbank RBC Capital Markets. „Das ist ein weiterer Ganz-oder-gar nicht-Moment für die Organisation.“

Mitte Februar hatte sich bereits ein Expertengremium der Opec, das sogenannte Joint Technical Committee, in Wien getroffen, um über die Auswirkungen des Coronavirus auf die globale Ölnachfrage zu beraten. Auch der chinesische Botschafter für Internationale Organisationen in Wien war bei den Treffen zugegen, um über die Maßnahmen der chinesischen Regierung zu berichten. Am Ende der mehrtägigen Beratungen empfahlen die Opec-Experten den Ölministern der Mitgliedstaaten, die Ölproduktion im März um weitere 600.000 Barrel zu kappen und die Förderkürzungen das gesamte Jahr 2020 bestehen zu lassen.

Gekappte Prognosen

Doch auch diese Empfehlung scheint bereits überholt: „Es ist eine Menge passiert im Lauf des vergangenen Monats“, sagt ING-Stratege Patterson. Die Empfehlung der Opec-Experten wird nicht ausreichen, ist er überzeugt. Eine Einsicht, die offenbar auch den Opec-Experten selbst gekommen war. Am Dienstagabend weiteten sie ihre Empfehlung auf 600.000 bis eine Million Barrel aus.

Der Handlungsdruck auf die Opec ist enorm: Mittlerweile kassieren immer mehr Analysten ihre 2020er-Jahresprognose. So erwartet etwa Goldman Sachs als erste Wall-Street-Bank, dass die globale Ölnachfrage wegen Corona in diesem Jahr schrumpft.

Die Bank of America kürzte ihre Ölpreiserwartung für 2020 von 62 Dollar auf 54 Dollar pro Fass. Der einzige „Silberstreif am Horizont“ seien die Förderkürzungen der Opec+-Allianz und der Rückgang der Ölförderung in den USA, schrieben die Bofa-Analysten zu Wochenbeginn in einer Einschätzung für Kunden der Bank.

Doch noch ist unklar, ob sich Saudi-Arabien mit seiner Forderung nach drastischen Einschnitten innerhalb der Opec+-Allianz durchsetzen kann. Ausgerechnet Russland, das neben dem Königreich wichtigste Mitglied der Opec+-Allianz, gilt als Skeptiker weiterer Förderkürzungen. Ende vergangener Woche hatte Russlands Präsident Putin betont, man wolle mit der Opec+ zwar weiter zusammenarbeiten, sei jedoch grundsätzlich mit dem Ölpreisniveau zufrieden.

Die staatlichen russischen Ölkonzerne sind auf dem aktuellen Preisniveau profitabel. Sie trifft ein Rückgang der Menge, die sie fördern dürfen, härter. Dennoch glaubt kein Beobachter, dass Russland bei dem Treffen in Wien tatsächlich aus dem Opec+-Deal ausschert.

So sagt Carsten Fritsch, Ölexperte der Commerzbank: „Ziel wird es sein, bestehende Meinungsdifferenzen zu überwinden und mit einer Stimme zu sprechen.“ Das wäre angesichts der Verunsicherung an den Märkten auch nötig: „Anzeichen von Uneinigkeit oder gar ein offener Streit wären kontraproduktiv.“

RBC-Expertin Croft rechnet daher damit, dass Russland zu einer bewährten Verhandlungstaktik greift: Zustimmung – allerdings in letzter Sekunde. „Der ökonomische Nutzen einer Kooperation übersteigt nach wie vor die Kosten einer reduzierten Fördermenge“, ist sie überzeugt. Allerdings werde Russland die wiederholten öffentlichen Beschwerden von Chefs der russischen Ölkonzerne über die Förderkürzungen für seine Verhandlungstaktik nutzen.

Abweichler im Fokus

Streitthemen gibt es jedoch auch sonst genug. Neben der Diskussion, wie hoch die Förderkürzungen tatsächlich ausfallen, könnten auch jene Opec-Mitglieder in den Fokus rücken, die sich nicht an den vereinbarten Deal halten.

Insbesondere Nigeria und der Irak fördern regelmäßig mehr Öl als es die Opec-Vereinbarung ihnen erlaubt. Beide Länder haben trotz des Ölpreisverfalls ihre Produktion im Februar weiter ausgeweitet – und das obwohl sie auch zuvor schon mehr als erlaubt produzierten.

„Saudi-Arabien wird eine derartige Verfehlung auf Dauer kaum dulden“, sagt Fritsch. Bevor das Königreich eigenständig die Ölförderung weiter kappt, werde es auf eine strikte Einhaltung der Opec-Vorgaben durch alle beteiligten Länder pochen.

Die Saudis sind die treibende Kraft hinter den Förderkürzungen. Für das Königreich steht besonders viel auf dem Spiel: Der staatliche Ölkonzern Saudi Aramco ist erst seit kurzem an der Börse – auch der Aktienkurs des Unternehmens hat zuletzt unter der Ölpreisschwäche gelitten. Gleichzeitig ist das Land auf hohe Ölpreise angewiesen, um den Staatshaushalt auszugleichen und parallel dazu Investitionen zu stemmen, die das Land in Zukunft unabhängiger vom Öl machen.

Bereits im Dezember hatte Saudi-Arabien die Förderkürzungen nur durch eigene Einschnitte auf 2,1 Millionen Barrel pro Tag gehievt. Diesmal könnte das Königreich jedoch versuchen, die Produktionskürzungen gleichmäßiger auf alle 23 Länder der Opec+-Allianz zu verteilen.

Fest steht, dass das Coronavirus nicht nur die Ölmärkte durcheinanderwirbelt, sondern auch die Organisation des Kartells selbst. Medienberichten zufolge wurde zwischenzeitlich auch eine Absage des Gipfeltreffens in Wien diskutiert. Die Opec wies ihre Mitglieder an, ihre Delegationen wegen der Ansteckungsgefahr „auf ein Minimum“ zu reduzieren.

Zudem sollen im Opec-Sekretariat in Wien Mitarbeiter und Delegierte regelmäßig auf Fieber getestet werden. Journalisten dürfen das Opec-Hauptquartier nicht betreten. Die Pressekonferenzen werden nur noch per Video übertragen.