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Wie die Coronakrise offene Immobilienfonds trifft

Die Probleme bei Hotels und Einzelhandel schlagen auf offene Immobilienfonds durch. Durch den Lockdown verschlimmert sich die Lage. Nun drohen Wertberichtigungen – und die könnten auch Anleger treffen.

Die Insolvenzwelle in der Hotelbranche rollt gerade erst an. In Frankfurt muss das altehrwürdige Luxushotel „Hessischer Hof“ gegenüber der Messe schließen, mit der Tidal Operations Germany meldet gleich eine ganze Betreibergesellschaft von mehreren Hotels Insolvenz an. Betroffen sind unter anderem zahlreiche Hotels der Marke Holiday Inn Express.

Es sind nicht nur die kleinen Häuser, denen die Pandemie extrem zusetzt, es sind auch die großen Luxusanbieter, die kapitulieren müssen. Das zeigt das Beispiel des insolventen Sofitel am Berliner Kurfürstendamm, das ab November als Dorint Hotel weitergeführt werden soll.

Nicht nur Hotels warten zu Pandemiezeiten vergeblich auf Gäste. Büros werden verkleinert, weil viele Mitarbeiter im Homeoffice sind. Und der Einzelhandel lief dank des florierenden Online-Handels ohnehin schon schleppend.

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Die langfristigen Folgen treffen nicht nur die Immobilienunternehmen, sondern auch Millionen Anleger, die über ihre Immobilienfonds Anteile an Büros, Hotels und Einkaufszentren halten. Die Ratingagentur Scope rechnet für die Fonds im Mittel mit einer Rendite von 1,5 bis zwei Prozent – weniger als in den Jahren zuvor. Wie stark trifft die Krise die Fonds? Und welche Anbieter sind besonders betroffen?

Grundsätzlich seien offene Immobilienfonds „in der Covid-Krise ihrem Ruf als Stabilitätsanker gerecht geworden“, schreibt Scope in einer Analyse. Tatsächlich ist der Markt für offene Immobilienfonds selbst in Krisenzeiten wie jetzt sehr träge. So lagen Ende März knapp 113 Milliarden Euro in offenen Immobilienfonds. Ende Juni waren es mit 114 Milliarden Euro sogar noch etwas mehr und damit 4,5 Prozent mehr als im Vorjahr.

Wer verkaufen will, muss Bescheid geben

Eine Überraschung ist das kaum, denn skeptische Anleger können nicht mal eben aus den Immobilienfonds raus – zumindest, wenn sie Anteile bei den Fondsgesellschaften loswerden wollen. Verkäufe müssen sie dann zwölf Monate vorher anmelden und die Anteile zuvor mindestens 24 Monate lang gehalten haben.
Diese Regelungen wurden nach der Finanzkrise 2008 eingeführt. Damals zogen Anleger aus Angst vor Verlusten so viel Geld aus den Fonds ab, dass 18 von ihnen geschlossen werden mussten.
So ein Szenario ist aktuell unwahrscheinlich. Bisher sei es im Zuge von Corona noch nicht zu nennenswerten Rückgaben von Fondsanteilen gekommen, sagt Rüdiger Sälzle vom Analysehaus Fondsconsult. Im Gegenteil, die Zuflüsse lägen weiterhin auf einem sehr hohen Niveau.

Trotz der zweiten Corona-Welle ist bei den offiziellen Rücknahmepreisen für Anteile an offenen Immobilienfonds bisher wenig passiert. Denn die Gutachter bewerten die Fondsimmobilien nur quartalsweise neu. Dadurch schlägt die Krise nur scheibchenweise auf den Anteilspreis durch. Nach außen wirken die Portfolios sehr stabil.

Schnelle Flucht an der Börse

Anleger, die schnell aus kriselnden Immobilienfonds rauswollen, müssen ihre Anteile an der Börse verkaufen. So können sie die Haltefristen umgehen. An der Börse sind die Preise allerdings nicht so stabil wie bei den Fondsgesellschaften. Anleger müssen in schlechten Marktphasen Abschläge gegenüber den Rücknahmepreisen der Fondsgesellschaften hinnehmen. Weil die Coronapandemie besonders Hotels, Handel und Gastronomie trifft, also klassische Mieter von Fondsimmobilien, sind diese Abschläge derzeit höher. Beim Immobilienfonds UniImmo Deutschland beispielsweise ist der Börsenpreis sowohl im März als auch im Oktober dieses Jahres eingebrochen (siehe Grafik). Im Oktober sackte der Kurs zwischenzeitlich von 92 auf 87 Euro um 5,4 Prozent ab. Der Chart der Fondsgesellschaft Union Investment für den Rücknahmepreis dagegen sieht für den gleichen Zeitraum wie mit dem Lineal gezogen aus. Aktuell notiert der Rücknahmepreis mit 92,40 Euro rund zwei Euro über dem Börsenpreis.

Immer dann, wenn die Anleger Zweifel daran haben, dass die Immobilien der Fonds die versprochenen Erträge bringen, zieht der Börsenhandel deutlich an. Das war laut Statistik der Börse Stuttgart beispielsweise im April und September so (siehe Grafik). Im Sommer dagegen als die Furcht vor einem zweiten Corona-Lockdown abflaute, gingen die Umsätze zurück. Durch den Quasi-Lockdown im November dürften erneut mehr Fondsanteile an die Börse gehen.

Ist mein Fonds betroffen?

Bei der Frage, wie stark ein einzelner Fonds von der Pandemie betroffen ist, kommt es vor allem darauf an, in was für Immobilien der Fonds investiert hat und wo die Gebäude stehen. Die entsprechenden Informationen finden Anleger in der Regel im Jahresbericht ihres Fonds.

„Offene Immobilienfonds sind den Folgen der Krise unterschiedlich stark ausgesetzt“, schreibt die Ratingagentur Scope in einer aktuellen Analyse. Vergleichsweise gut durch die Krise kommen dürften Fonds, die verstärkt auf Logistikimmobilien oder Objekte für Supermärkte, Drogerien oder andere Läden des täglichen Bedarfs setzen. Fonds mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil an Hotelimmobilien – im Schnitt sind es knapp zehn Prozent - dürften es dagegen schwerer haben.

Dazu gehört der WestInvest InterSelect von der Dekabank. Knapp 15 Prozent der gesamten Mieterträge des Fonds kommen aus dem Hotelgeschäft. Entsprechend warnte der Fonds bereits im Jahresbericht zum Stichtag am 31. März, bei „einigen Mietern, insbesondere aus dem Hotel- und Einzelhandelsbereich“ könne damit gerechnet werden, „dass Nachverhandlungen der Mietkonditionen folgen werden“. Insgesamt sei von einem Rückgang der Mieterträge des Fonds auszugehen.

Noch im Oktober vergangenen Jahres hat der Fonds mit dem „The Marker“ in Dublin ein weiteres Hotel für das Portfolio eingekauft. Bisher lässt sich für die Anleger kaum abschätzen, wie sich die Bewertungen der Hotels entwickeln. Ausfälle sind bisher nicht bekannt. Erst der Halbjahresbericht zum Stichtag Ende September wird zeigen, ob es durch die Pandemie zu nennenswerten Wertberichtigungen gekommen ist. Dieser wird allerdings voraussichtlich erst Ende November veröffentlicht.

Wertberichtigungen dürfte es dann auch beim Deka-Fonds Immobilien Nordamerika geben. Der bestreitet sogar über 26 Prozent seines jährlichen Mietertrags aus dem Hotelgeschäft. Allerdings hat er gleichzeitig einen vergleichsweise höheren Anteil an Logistikimmobilien, Amazon zählt zu den größten Mietern. Da die Logistikbranche zu den Corona-Profiteuren gehört, dürfte das die Probleme im Hotel-Bereich zumindest teilweise kompensieren.

Anders sieht es bei einem anderen Dekafonds aus, dem ImmobilienGlobal. Der hat schon 2015 das New Yorker Luxushotel Marriott East Side gekauft, für knapp 230 Millionen Dollar. Gestemmt hat die Deka den Deal zusammen mit der New Yorker Immobilienfirma Ashkenazy Acquisition, die ebenfalls einen Teil des Hotels übernahm. Schon in den Jahren danach sank der Wert des Hotels. Allein zwischen September 2017 und März 2019 fiel der Wert der Immobilie laut Gutachtern um 22 Prozent. Zwischenzeitlich, so heißt es, wollte Ashkenazy Acquisition das Hotel komplett von der Deka übernehmen. Dieser Deal kam allerdings nicht zustande, und dann kam die Coronapandemie, seit März steht das Hotel leer. Die Zukunft des einstigen Fonds-Aushängeschilds: ungewiss.

Auch der Hausinvest-Fonds von der Commerzbank-Tochter Commerz Real, mit einem Volumen von mehr als 16 Milliarden Euro immerhin einer der größten deutschen Immobilienfonds, hält mit rund zehn Prozent einen vergleichsweise hohen Anteil an Hotelimmobilien. Auch zahlreiche Einzelhandelsobjekte liegen im Portfolio des Fonds. Ein Problem sieht Fondsmanager Mario Schüttauf darin aber nicht. „Kurzfristig gehen wir bedingt durch die sehr guten Lagen und die konservativen Bewertungen unserer Hotels nur von geringen und zeitlich befristeten Auswirkungen für den Fonds aus“, sagt Schüttauf. Mittelfristig gehe er aber davon aus, dass die Reisetätigkeit sogar über das Vorkrisenniveau steigen könnte, sobald ein Impfstoff verfügbar sei.

Trotzdem gab es auch beim Hausinvest zuletzt schon Abschreibungen auf Hotelimmobilien in den USA, schon im ersten Quartal bildete der Fonds Rückstellungen für erwartete Wertminderungen im Einzelhandel. Insgesamt gehe er in diesem Jahr von einem „moderaten Rückgang“ der Mieteinnahmen aus, sagt Schüttauf.

Wer als Anleger wissen will, wie gut der eigene Fondsanteil für die Pandemie gewappnet ist, kommt am Ende nicht drum herum, sich die Zusammensetzung des Fonds genau anzusehen, sprich in welche Immobilien der Fonds investiert hat und wo diese stehen.

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