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Corona-Folgen und Sprengungen: Banken bauen immer mehr Geldautomaten ab

Experten gehen davon aus, dass sich die Stilllegung weiter beschleunigt. Die steigende Zahl von gesprengten Automaten treibt die Kosten für die Geldhäuser in die Höhe.

Lange war die Zahl der Geldautomaten stabil, seit einigen Jahren aber geht sie zurück - und der Trend dürfte sich beschleunigen. Foto: dpa
Lange war die Zahl der Geldautomaten stabil, seit einigen Jahren aber geht sie zurück - und der Trend dürfte sich beschleunigen. Foto: dpa

An ihren letzten längeren Besuch in einer Bankfiliale können sich viele Menschen nicht mehr erinnern. Doch Geldautomaten nutzen fast alle Bürger noch regelmäßig – denn ein bisschen Bargeld in der Tasche zu haben ist im Alltag nach wie vor hilfreich.

Die meisten dürften daher wenig erfreut darüber sein, dass die Zahl der Geldautomaten kontinuierlich sinkt. In den vergangenen fünf Jahren haben private und genossenschaftliche Banken sowie Sparkassen die Zahl ihrer Geldautomaten um insgesamt gut 4000 auf etwa 51.350 Geräte gesenkt. Das hat das Analysehaus Barkow Consulting ermittelt. Es beruft sich auf Daten der Bundesbank sowie von Bankenverbänden per Ende 2019.

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Die Anzahl der Geldautomaten war zunächst jahrelang gestiegen und blieb dann zeitweise stabil, seit 2014 sinkt sie jedoch. 2019 war der Rückgang dabei größer als in den Jahren zuvor. Das gilt besonders für private und genossenschaftliche Banken. Die Sparkassen zählten Ende 2019 mit gut 23.000 die meisten Automaten, die Zahl war bei ihnen zuletzt nur leicht rückläufig.

Peter Barkow, Geschäftsführer der gleichnamigen Beratungsfirma, rechnet damit, dass sich der Trend kurzfristig noch verstärkt. Seiner Prognose zufolge sinkt die Zahl der Geldautomaten der Kreditinstitute dieses und nächstes Jahr zusammen jeweils um etwas mehr als drei Prozent auf dann rund 48.000. Zum Vergleich: Der Rückgang in den vergangenen fünf Jahren beläuft sich insgesamt auf gut sieben Prozent.

Für die jüngste Entwicklung führt Barkow vor allem einen Grund an: „Im Wesentlichen ist der zuletzt deutlichere Rückgang darauf zurückzuführen, dass die Banken und Sparkassen auch vermehrt Filialen geschlossen haben.“ Zuletzt habe sich der Filialabbau auch erstmals negativ auf die Anzahl der Geldautomaten ausgewirkt, so Barkow.

Allerdings schlagen Filialschließungen nicht immer direkt auf die Zahl der Geldautomaten durch. Gerade Sparkassen, die Marktführer im Geschäft mit privaten Kunden, lassen häufig Geldautomaten vor Ort, wenn sie Geschäftsstellen dichtmachen. „Selbstbedienungs-Standort“ wird das dann oft genannt.

So hat zum Beispiel die Hamburger Sparkasse (Haspa) etliche Filialen geschlossen. Die Zahl der Geldautomaten ist nach Haspa-Angaben jedoch seit zehn Jahren nicht gesunken und liegt nach wie vor bei rund 350. Aus Sicht vieler Sparkassen und Banken gehören Geldautomaten zur Grundversorgung für ihre Kunden. Dabei sind die Geräte teuer. Pro Jahr koste ein Geldautomat einen fünfstelligen Betrag, so die Haspa.

Bei der Commerzbank hat sich seit Jahresstart wenig verändert: „Der Bestand unserer Geldautomaten hat sich im laufenden Jahr nicht signifikant verändert“, erklärt das Institut, das bundesweit rund 2400 Geräte betreibt. Die allermeisten davon stehen in den Filialen. Da Deutschlands zweitgrößte Privatbank die Zahl ihrer Niederlassungen in den kommenden Jahren deutlich reduzieren will, dürfte perspektivisch jedoch auch die Zahl ihrer Geldautomaten sinken.

Verbraucher zahlen öfter mit Karte statt mit Bargeld

Durch die Coronakrise wird sich wahrscheinlich das Filialsterben in der gesamten Bankenbranche beschleunigen. Bereits in den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Niederlassungen bundesweit um fast 30 Prozent auf knapp 27.000 gesunken. Schon seit Längerem zeichnet sich ab, dass das Gros der Bankkunden Filialen kaum noch besucht.

Im Zuge der Pandemie erledigen nun noch einmal mehr Verbraucher ihre Bankgeschäfte über das Internet - teils gezwungenermaßen. Schließlich hatten die meisten Geldhäuser kurz nach Ausbruch der Corona-Pandemie viele oder sogar alle Filialen geschlossen. Einige Kreditinstitute öffneten einen Teil ihrer Zweigstellen erst gar nicht wieder.

Die Corona-Pandemie dürfte noch aus einem anderen Grund den Abbau von Geldautomaten befördern: der Abkehr vom Bargeld. Immer mehr Verbraucher in Deutschland begleichen ihre Einkäufe an der Ladenkasse per Karte oder Smartphone.

Seit Ausbruch der Corona-Pandemie fordern zahlreiche Geschäfte ihre Kunden auf, mit Karte statt mit Bargeld zu zahlen. Und viele Kunden kommen dem nach – auch weil sie Karten- und Smartphone-Zahlungen als hygienischer empfinden. Selbst in kleinen Geschäften oder beim Bäcker kann man heute meist bargeldlos zahlen.

Erste Stichproben bei Banken zeigen, dass die Nutzung von Geldautomaten nach Ausbruch der Pandemie zurückging. Oliver Mihm, Chef der Beratungsfirma Investors Marketing, rechnet daher damit, dass die Zahl der Geräte weiter schwindet, aber nach und nach: Der Kosteneffekt ist nicht vergleichbar mit dem Streichen von Filialen, „daher wird der Automatenabbau sukzessive erfolgen“. „Gerade in ländlichen Gebieten sind Automaten oft die Überbleibsel von Filialstandorten. Diese erfüllen primär einen Versorgungszweck und sind heute schon oft aus Kostenperspektive defizitär.“

Für einen Rückgang bei der Zahl der Geldautomaten könnte ein weiteres Phänomen sorgen – vor allem in Nordrhein-Westfalen: Dort sprengten Kriminelle dieses Jahr so viele Geldautomaten wie noch nie, mehr als 150 solcher Angriffe gab es bereits bis Ende September. Das gestohlene Bargeld ist gar nicht einmal die größte Sorge der Geldhäuser. Schäden am Gebäude und das Ersetzen der Automaten kommen die Banken deutlich teurer zu stehen.

Dabei gehen die Täter brachial vor und nutzen zusehends feste Sprengstoffe. Dass bislang keine Menschen lebensgefährlich verletzt wurden, grenzt für die Polizei an ein Wunder. Das Landeskriminalamt in Nordrhein-Westfalen empfiehlt inzwischen, Bargeldautomaten – gerade an und in Wohnhäusern – zum Schutz der Anwohner abzubauen. Dem kommen bereits erste Banken nach.

Ausländische Anbieter stellen neue Automaten auf

Die Banken sind zwar für solche Szenarien versichert. Doch kommt es zu einem Schadensfall, steigen oft die Gebühren für die Policen – auf Kosten der Geldhäuser. „Die Versicherungsgebühren für die Geldautomaten haben sich bei uns deshalb um einen sechsstelligen Betrag erhöht“, klagt der Vorstand einer Sparkasse. Ärgerlich sei zudem, dass bei Sprengungen meist auch das Gebäude und zum Teil auch umherstehende Autos zerstört würden. „Für diese Schäden müssen wir ebenfalls aufkommen.“

Manche Kreditinstitute sind deshalb froh, dass sich immer mehr Menschen Bargeld an der Kasse von Supermärkten auszahlen lassen. Viele große Ladenketten bieten diese Möglichkeit. „Wir freuen uns über jeden Rewe, der in unserem Geschäftsgebiet aufmacht“, sagt der Sparkassen-Vorstand. „Denn dann können wir unseren Automaten oft abbauen.“

Darauf reagiert auch das amerikanische Unternehmen Euronet Worldwide. Euronet betreibt in Deutschland als großer, bankenunabhängiger Anbieter mittlerweile mehr als 2000 Geldautomaten, doppelt so viele wie vor fünf Jahren. Insgesamt zählen Firmen wie Euronet, die sich zur Arbeitsgemeinschaft Geldautomaten (AGG) zusammengeschlossen haben, 5000 Geräte. Gerade an den Geldautomaten, wo in der Nähe Bankfilialen schlössen, nähmen die Transaktionen zu.

Euronet will entsprechend weitere Geräte aufstellen – besonders auf dem Land. „Gerade beobachten wir, dass besonders in ländlichen Gebieten ein großer Bedarf an Bargeldlösungen besteht“, erklärt Euronet. Die Corona-Pandemie fördere die Schließung von Bankfilialen, vor allem in kleinen Gemeinden und Städten. „Wir passen uns diesem Trend und der dadurch steigenden Nachfrage nach Geldautomaten auf dem Land an.“

Die Menschen werden den Unterschied jedoch schnell merken. Denn im Gegensatz zu ihrer Hausbank sind bei Abhebungen an Geräten unabhängiger Anbieter - angesichts der Kosten für den Betrieb - in der Regel Gebühren fällig, meist zwischen 1,95 Euro und 4,99 Euro.

Die Zahl der Geldautomaten-Sprengungen gerade in Nordrhein-Westfalen nimmt drastisch zu. Foto: dpa
Die Zahl der Geldautomaten-Sprengungen gerade in Nordrhein-Westfalen nimmt drastisch zu. Foto: dpa