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Corona-Demonstrationen: Sorge über Unterwanderung durch Rechtsextreme wächst

Immer wieder mischen sich auch Rechtsextreme unter die Corona-Demonstranten. Die Innenpolitiker von Union, SPD und Grünen sind alarmiert.

Politiker befürchten, dass Rechtsextreme Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen für ihre Zwecke nutzen. Foto: dpa
Politiker befürchten, dass Rechtsextreme Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen für ihre Zwecke nutzen. Foto: dpa

Am Wochenende sind erneut in mehreren Städten Tausende von Menschen zusammengekommen, um gegen die ihrer Meinung nach überzogenen Beschränkungen wegen der Corona-Pandemie zu protestieren. Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden ist bisher nur ein Bruchteil der Demonstranten dem rechtsextremistischen Spektrum zuzuordnen.

Gleichwohl wächst die Sorge, dass Rechtsextreme sich den Unmut vieler Menschen zunutze machen und versuchen, sich an die Spitze der Bewegung zu stellen. Die Innenpolitiker von Union, SPD und Grünen sind alarmiert.

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„Ich teile die Sorge des Verfassungsschutzpräsidenten ausdrücklich“, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg (CDU). „Dass Extremisten, auch Rechtsextremisten, die Proteste gegen die Corona-Einschränkungen für ihre Zwecke instrumentalisieren, ist leider offenkundig.“ Die Gefahren durch Covid-19 seien allerdings real und sehr erheblich – die Maßnahmen seien notwendig und angemessen.

„Sie bedürfen gleichwohl immer wieder der kritischen Überprüfung“, signalisiert Middelberg Verständnis für das Unbehagen mancher Bürger. „Wenn wir aber nicht handeln würden, wären die Schäden durch eine unkontrollierte Ausbreitung der Krankheit viel größer – nicht nur gesundheitlich, sondern auch wirtschaftlich. Das zeigen die Entwicklungen in anderen Ländern, etwa Italien oder den USA.“

Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), Thomas Haldenwang, hatte gewarnt, „dass Extremisten, insbesondere Rechtsextremisten, das Demonstrationsgeschehen instrumentalisieren“.

Der „Welt am Sonntag“ hatte er gesagt: „Es besteht die Gefahr, dass Rechtsextremisten sich mit ihren Feindbildern und staatszersetzenden Zielen an die Spitze der Corona-Demonstrationen stellen, die aktuell mehrheitlich von verfassungstreuen Bürgern durchgeführt werden.“ Extremisten könnten die Lage genauso ausnutzen wie damals die Flüchtlingskrise.

Haldenwangs Sorge sei „mehr als berechtigt – das ist etwa bei uns in Stuttgart offensichtlich“, sagt die innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Ute Vogt. Das Problem seien vielfach auch „unbedarfte oder gleichgültige Veranstalter“. Diese „müssen von Anfang an deutlich machen, dass sie keine Rechtsextremen dabeihaben möchten – etwa, indem sie das Motto einer Demo entsprechend wählen und Formulierungen wie ‚für eine offene Gesellschaft‘ verwenden“.

Parallelen zu Anfängen der Pegida-Bewegung

Rechte hätten deutlich gemacht, dass sie die Chance nutzen, „um auf den Demonstrationen möglichst viele Kontakte zu knüpfen“. Natürlich könne man niemandem die Teilnahme verweigern, „aber die Veranstalter müssen auch bei der Auswahl der Redner achtsam sein und verhindern, dass zum Beispiel Leute wie der für seine antisemitischen Äußerungen bekannte Verschwörungspropagandist Ken Jebsen zu Wort kommen“.

„Wir erleben zurzeit eine ähnliche Entwicklung wie zu Beginn der Pegida-Demonstrationen, als besorgte Bürger auf die Straße gingen, die zunehmend von Rechtsextremisten vereinnahmt wurden. Das ist eine bedrohliche Entwicklung“, sagte die grüne Innenpolitikerin Irene Mihalic.

An den Anti-Corona-Protesten „nehmen neben bekannten Rechtsextremisten prominente Unterstützer aus dem verschwörungsideologischen Spektrum teil. Und radikale Impfgegner gehen Seite an Seite mit verunsicherten Bürgern, die ihr Recht wahrnehmen, Maßnahmen zu kritisieren.“ Es seien große gemeinsame Anstrengungen nötig, um zu verhindern, dass Rechtsextreme „Anti-Corona-Demonstrationen kapern und einen Spaltpilz in die Gesellschaft treiben“.

Die Bundesregierung müsse gegensteuern: Sie brauche „eine Strategie, mit der sie der raschen Verbreitung von Verschwörungsmythen und gezielten Desinformationskampagnen begegnet“, forderte Mihalic.

Neben dem Verfassungsschutz sieht auch das Bundeskriminalamt Hinweise für eine Unterwanderung. „Das rechte Lager fühlt sich zunehmend von den generellen ‚Corona-Protesten‘ angesprochen“, sagte eine Sprecherin gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS).

Die AfD hatte im Osten Deutschlands teilweise eigene Kundgebungen organisiert. In Prenzlau nahm am Samstag der mittlerweile aus der AfD ausgeschlossene bisherige Landeschef in Brandenburg, Andreas Kalbitz, teil. Parteivizin Alice Weidel rief zur Teilnahme an einer „Demonstration zum Schutz der Grundrechte“ in Stuttgart am 24. Mai auf.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will mit raschen Hilfen einer möglichen Vereinnahmung der Menschen entgegenwirken. „Damit verhindern wir auch, dass Rechtsradikale und Verschwörungstheoretiker den Ton setzen“, sagte er der FAS. Zugleich verwies er darauf, dass jeder das Recht habe, „sich zu versammeln, zu demonstrieren und öffentlich seine Meinung zu sagen“. Auch der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD), warnte davor, die protestierenden Menschen über einen Kamm zu scheren.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) zeigte dagegen wenig Verständnis. „Die Fakten liegen so klar auf dem Tisch, dass man sich nicht ernsthaft darüber austauschen kann, ob Corona eine Verschwörung ist“, sagte er der „Bild am Sonntag“.

Mehr: Experten und Politiker warnen vor Verschwörungstheoretikern unter den Corona-Protestlern.