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Continental wollte Hunderte Opel-Ingenieure übernehmen

In Deutschland ist Segula ein nahezu unbekannter Zwerg. Um das zu ändern, plant der französische Entwicklungsdienstleister einen Coup. Das Familienunternehmen aus Nanterre nahe Paris will 2000 der 7000 Ingenieure des Autoherstellers Opel übernehmen und so zu einem „Generalentwickler für Fahrzeuge aufsteigen“.

Der kühne Plan: Mit den Opel-Entwicklern soll der Segula-Umsatz hierzulande von avisierten 230 Millionen in diesem Jahr auf 420 Millionen Euro 2023 in die Höhe schießen. Längst sind sich die Manager von Segula und Opel handelseinig. Im Sommer soll die Transaktion abgeschlossen sein. Doch der sicher geglaubte Deal wackelt.

Die Mehrheit der Beschäftigten lehnt den bevorstehenden Betriebsübergang laut IG Metall aktuell ab. „Segula? Nein danke! Wir bleiben Opel“, skandierten Tausende Opelaner im Dezember bei einem Protestmarsch. Die Gewerkschaft fürchtet, Segula könnte es an Solidität mangeln, die Opelaner in einer Auffanggesellschaft landen.

Carlos Tavares, Chef des Opel-Mutterkonzerns PSA (Peugeot, Citroën), soll von den bockigen deutschen Arbeitnehmern nur noch genervt sein. Dabei hätte er sich all den Ärger womöglich ersparen können. Zu Segula gab es eine Alternative, die wohl auf breitere Zustimmung gestoßen wäre: Continental. Der Autozulieferer aus Hannover wäre nach Handelsblatt-Informationen aus Opel-Konzernkreisen bereit gewesen, Hunderte Ingenieure zu übernehmen.

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Im Sommer 2018 soll es dahingehend vertrauliche Gespräche auf höchster Ebene gegeben haben. Conti-Manager hätten direkt bei Opel-Chef Michael Lohscheller vorgesprochen. „Das war eine ernste Sache“, heißt es in Konzernkreisen. Die Hannoveraner wollten demnach eine vierstellige Zahl von Opel-Ingenieuren übernehmen.

Bei Continental wird das Interesse an Teilen des Opel-Entwicklungszentrums ITEZ von Unternehmenskreisen bestätigt. Die Niedersachsen haben einen großen Bedarf an Ingenieuren, besonders an Fachkräften für Digitalisierung und autonomes Fahren. Bei Opel in Rüsselsheim arbeiten Entwickler auch an sogenannten Fahrassistenzsystemen (etwa Notbremsassistenten, Spurhaltesysteme), allesamt Vorstufen für selbstständig fahrende Autos.

Conti hatte sich für die ITEZ-Ingenieure interessiert, die an solchen Systemen arbeiten. Der Zulieferkonzern gehört schon heute zu den wichtigsten Anbietern von Fahrassistenzsystemen. Das Interesse an Entwicklungsingenieuren für Dieselmotoren hält sich hingegen „in klaren Grenzen“, verlautete ergänzend in den Kreisen.

Opel steht unter Druck, für sein Entwicklungszentrum schnell eine Lösung zu finden. Der Konzern kämpft im ITEZ mit erheblichen Überkapazitäten. Weil die Entwicklungsaufträge des Ex-Eigentümers GM auslaufen, dürfte sich die Lage ab 2020 weiter verschärfen. Dass Opel einen Partner für das ITEZ braucht, bestreitet kaum jemand. Unverständnis herrscht in Rüsselsheim aber darüber, warum die Wahl auf Segula fiel und nicht etwa auf Conti.

Mit einem Jahresumsatz von mehr als 44 Milliarden Euro sind die Niedersachsen schließlich ein Gigant im Vergleich zu den Franzosen mit lediglich etwa 700 Millionen Euro an Erlös per annum. Zudem hätte Conti voraussichtlich die Ingenieure zu bestehenden Konditionen übernommen, bei Segula ist das unklar, auch ein „(Haus-)Tarifvertrag“ ist denkbar. Dennoch entschied sich Opel für eine „strategische Partnerschaft“ mit den Franzosen und gegen einen Pakt mit den Deutschen.

„Wir haben mit verschiedenen Unternehmen die Möglichkeiten einer strategischen Partnerschaft sondiert. Das wesentliche Ziel ist, die durch künftige Überkapazitäten bedrohten Arbeitsplätze in der Entwicklung nachhaltig am Standort Rüsselsheim zu sichern. Segula hat dabei klar die umfassendsten Perspektiven aufgezeigt“, erklärte Opel auf Anfrage.

Klar ist aber auch: Ohne die Zustimmung zum Flächentarifvertrag riskiert Segula einen Aufstand der IG Metall. Die Gewerkschaft fordert, dass auch für jene Opelaner, die künftig für Segula arbeiten, die aktuellen Rahmenbedingungen mit Kündigungsschutz bis 2023 gelten.

Mehr Transparenz

„Ohne Sicherheit für die Beschäftigten wird ein Wechsel nicht funktionieren“, stellt Jörg Köhlinger seit Wochen klar. Der Bezirksleiter der IG Metall Mitte verlangt vom Opel-Management und Segula mehr Transparenz und Offenheit. Bis dato haben aber noch keinerlei Verhandlungen zwischen IG Metall und Segula stattgefunden. Lediglich allgemeine Kennenlerngespräche hat es gegeben.

Bei den 70 wichtigsten Opel-Führungskräften im ITEZ warb Martin Lange, Deutschlandstatthalter von Segula, im November um Vertrauen. „Wir wollen der Arbeitgeber der Wahl für Ingenieure innerhalb und außerhalb der Automobilindustrie sein“, vermerkte er in einer internen Präsentation. In Rüsselsheim hatten viele Entwickler hingegen den Eindruck, bei Segula klaffen Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander.

Der Widerstand in der Belegschaft gegen die Franzosen ist erheblich. Ein Scheitern des Deals mit Segula wäre für Opel-Chef Lohscheller ein Rückschlag. Der Autobauer kämpft an mehreren Fronten. So hält etwa auch der Absatzschwund bei Opel unvermindert an. Im vergangenen Jahr verkaufte die Marke mit dem Blitz europaweit nur noch 884 000 Pkw. Das ist ein Minus von mehr als sechs Prozent im Vergleich zu 2017.

Wie schwierig der avisierte Turnaround des seit zwei Jahrzehnten chronisch defizitären Autobauers ist, zeigt der Jahresabschluss auf Basis des deutschen Handelsrechts (HGB) für das Jahr 2017. Demnach musste die Opel Automobile GmbH, in der das operative Geschäft des Fahrzeugherstellers hierzulande gebündelt ist, 2017 hohe Restrukturierungsaufwendungen tragen. So wurden etwa für Altersteilzeit- und Vorruhestandsprogramme 371 Millionen Euro fällig.

Zudem schlugen Vertragsannullierungskosten für den nicht erfolgten Bau des SUV Mokka X in Höhe von 193 Millionen Euro zu Buche. Immerhin: Um den Fortbestand der Opel Automobile GmbH über 2019 hinaus zu sichern, hat PSA der deutschen Tochter eine Kreditlinie in Höhe von 1,5 Milliarden Euro gewährt.