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Conti-Chef fordert vom Staat mehr Unterstützung für die Autobranche

Die schwache Konjunktur und hohe Investitionen belasten die Autozulieferer stark. Daher sollten Steuern und Abgaben sinken, schlägt Continental-Chef Degenhart vor.

„Die Mobilität der Zukunft muss klimafreundlich, wirtschaftlich und sozial sein.“ Foto: dpa
„Die Mobilität der Zukunft muss klimafreundlich, wirtschaftlich und sozial sein.“ Foto: dpa

Die Erfolgsstory der deutschen Autoindustrie hat nach mehr als zehn Jahren ihr Ende gefunden. Auf der Automesse IAA in Frankfurt drehen sich in diesem Jahr die Gespräche daher nicht um die Frage, welche neuen Rekorde die Autoindustrie erreichen wird, sondern wie sie die Konjunkturflaute überstehen will. Besonders im Fokus stehen dabei Zulieferer wie Continental.

Ende Juli sah sich der Dax-Konzern zu einer Gewinnwarnung gezwungen. Umsatz, Gewinn und Cashflow werden zum Teil deutlich sinken, die Zahlen für das zweite Quartal fielen mager aus. Und im kommenden Jahr rechnet Continental nicht mit einer Erholung der Autokonjunktur. Nun soll die Politik helfen.

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Conti-Chef Elmar Degenhart nimmt die IAA zum Anlass für einen Appell an die Gesetzgeber in Deutschland: „In Deutschland gelten die höchsten Unternehmenssteuern aller OECD-Länder. Hinzu kommen sehr hohe Sozialkosten und die zweithöchsten Energiekosten weltweit.“

Das seien zu hohe Lasten, um bei stagnierendem Wachstum weltweit mithalten zu können, sagte Degenhart während der Pressekonferenz am Dienstag. Allein um ein Fünftel der Belegschaft fit für die Digitalisierung zu machen, müsse das Unternehmen eine Milliarde Euro aufbringen.

Diese Lasten gehen einher mit einem Geschäftsjahr, das bislang sinkende Margen vorweist. Waren Continental, Bosch oder ZF Anfang des Jahres noch von einer leicht steigenden Automobilproduktion ausgegangen, mussten die Zulieferer Mitte des Jahres feststellen, dass das Gegenteil der Fall ist. Vor allem das fehlende Wachstum in China macht der Industrie zu schaffen. Und im kommenden Jahr rechnet die Branche nicht mit einer Erholung.

2020 dürfte von einer Konsolidierungsphase geprägt sein. „Die aktuelle Situation ist angespannt. Auf der einen Seite haben wir riesige Wachstumschancen, die wir mit Investitionen bedienen müssen, auf der anderen Seite müssen wir konjunkturelle Herausforderungen bewältigen“, sagte Degenhart auf der IAA. In einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS) ließ der Conti-Chef außerdem durchblicken, dass sich der Dax-Konzern bis 2021 „auf eine Situation ohne Wachstum“ einstellen werde.

Üblicherweise reagieren Konzerne angesichts solcher konjunkturellen Herausforderungen mit Sparmaßnahmen. Doch die Branche befindet sich in einem technologischen Wandel, der die Möglichkeiten, Kosten einzusparen stark begrenzt. Die Elektromobilität, die Vernetzung und das autonome Fahren machen große Investitionen nötig.

Degenhart schließt betriebsbedingte Kündigungen nicht aus

Diese Ausgaben können nicht einfach über Nacht eingestellt werden. Und daher sind die Unternehmen gezwungen, an anderer Stelle zu sparen – zum Beispiel am Personal. Derzeit befindet sich die Continental-Konzernführung in Gesprächen mit den Arbeitsnehmervertretern. Sie verhandeln über Kurzarbeit, Werksschließungen und Stellenabbau. Konkrete Ergebnisse werden Ende September erwartet.

Vorab wurde bekannt, dass es vor allem die Antriebssparte von Continental und damit die margenschwächste hart treffen könnte. Laut eines Berichts der „Hannoverschen Allgemeinen“ könnten neun von weltweit 32 Werken geschlossen werden.

Betriebsbedingte Kündigungen könne man dabei „als letztes Mittel nicht ausschließen“, sagte Degenhart am Rande der IAA. Eine genaue „Zielzahl“ zu möglicherweise betroffenen Werken oder Mitarbeitern könne man derzeit aber nicht nennen. Außerdem spiele die weitere konjunktureller Entwicklung eine wichtige Rolle. Priorität habe eine verantwortungsvolle Planung, so Degenhart: „Wir werden alle Hebel ziehen, um unsere Belegschaft zu schützen.“

Trotz der Herausforderungen wünscht sich Degenhart in dieser Zeit des Wandels mehr Zuversicht: „Was uns fehlt, ist mehr Optimismus. Wir neigen in Deutschland dazu, unsere Leistungsfähigkeit schlechtzureden. Besser wären die Anerkennung und Förderung unserer Stärken.“

Degenhart verwies dabei auf Innovationsleistungen in der Automobilindustrie: die evolutionären Umbrüche in den Bereichen des automatisierten, autonomen und vernetzten Fahrens sowie die Disruptionen in der Antriebstechnik.

Allerdings hat Conti noch eine weitere interne Baustelle. Angesichts des Kostendrucks, der Konjunkturschwäche und des Innovationsdrucks in der Branche ist der noch immer nicht abgeschlossene Konzernumbau sicherlich alles andere als hilfreich. Vor allem der Teilbörsengang der Antriebssparte – ein zentraler Baustein von Continentals Umbau in eine Holding – erweist sich als problematisch.

Die künftig unter dem Namen Vitesco firmierende Antriebssparte sollte ursprünglich Mitte 2019 an die Börse gebracht werden. Der Termin wurde zunächst auf Anfang 2020 verschoben. Zuletzt gab Continental nun bekannt, dass auch ein sogenannter Spin-off in Erwägung gezogen wird.

Dabei wird ein Unternehmensteil abgespalten und an die Börse gebracht. In einem solchen Fall bekämen die Aktionäre zusätzlich zu ihrer Continental-Aktie eine Vitesco-Aktie in ihrem Portfolio gutgeschrieben. Sollte Continental diesen Weg umsetzen, könnte der Konzern zwar Vitesco die dringend benötigte Eigenständigkeit ermöglichen und ihr auf dieses Weise mehr Handlungsmöglichkeiten eröffnen.

Die Einnahmen, die mit einem Teilbörsengang generiert werden könnten – immerhin etwa drei bis vier Milliarden Euro – wären allerdings dahin. Profitieren würden in erster Linie die Aktionäre – und damit auch Schaeffler, der größte Anteilseigner von Continental, der zugleich dann auch größter Anteilseigner von Vitesco wäre.

Auch auf die aktuelle Klimadiskussion versucht Continental zu reagieren. Man habe absolutes Verständnis für die Debatte, erklärte Degenhart. „Die jungen Menschen werden noch viel länger auf dieser Welt leben und sie fordern daher zu Recht eine saubere Umwelt.“

Continental kündigte daher an, bis 2020 an allen Standorten mit regenerativer Energie produzieren zu wollen. 2040 solle die CO2-Neutralität erreicht werden. „Die Mobilität der Zukunft muss klimafreundlich, wirtschaftlich und sozial sein.“
Mit Agenturmaterial