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COMMERZBANK IM FOKUS: In der Warteschleife

FRANKFURT (dpa-AFX) - Neuer Chef, neues Glück? Bei der Commerzbank <DE000CBK1001> steht nach der veritablen Führungskrise im Sommer zumindest personell fest, wie es weitergeht. Doch wegen Corona-Krise und Konzernumbau rechnet das Management mit einem Jahresverlust. Und der neue Vorstandschef Manfred Knof fängt erst zum 1. Januar an. Das Konzept, wie Deutschlands zweitgrößte Geschäftsbank künftig aussehen soll, dürfte daher noch länger auf sich warten lassen. Was bei der Commerzbank los ist, was Analysten sagen und wie sich die Aktie entwickelt.

DAS IST LOS BEI DER COMMERZBANK:

Wie kommt die Commerzbank aus der Krise? Die Aussicht auf dauerhafte Nullzinsen und der verstärkte Trend zum Online-Banking haben den Sparzwang in dem Frankfurter Geldhaus weiter verschärft. Drohende Kreditausfälle in der Corona-Krise kommen hinzu. Im Sommer kündigte der Vorstand für 2020 rote Zahlen an - auch weil die Risikovorsorge für faule Kredite auf bis zu 1,5 Milliarden Euro klettern könnte.

Dabei hatten Anleger spätestens seit dem Frühjahr darauf gewartet, dass die Commerzbank-Führung um Vorstandschef Martin Zielke ihre Sparpläne aus dem Herbst 2019 nachbessert - denn dies hatte Finanzchefin Bettina Orlopp bei der Bilanzvorlage im Februar selbst angekündigt. Nachdem die Idee einer Fusion mit der Deutschen Bank <DE0005140008> im Frühjahr 2019 geplatzt war, war rasch ein neuer Plan gefordert. Doch Zielkes erster Wurf reichte wichtigen Aktionären nicht aus.

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So wollte der Vorstand von den zuletzt noch rund 40 000 Stellen netto 2300 abbauen und jede fünfte der rund 1000 Filialen schließen. Der Bund, dem nach der Rettung der Bank in der Finanzkrise 2008/2009 noch rund 16 Prozent der Commerzbank-Anteile gehören, gab daraufhin ein Gutachten bei der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) in Auftrag. Einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge empfahlen die Berater noch drastischere Sparmaßnahmen, darunter eine noch stärkere Verkleinerung des Filialnetzes.

Die geplante Senkung der Kosten um rund 600 Millionen Euro bis 2023 sollte dadurch doppelt oder dreimal so hoch ausfallen wie vom Management vorgesehen. Mit dem stärkeren Abbau von Stellen und Filialen könnte die Bank die Einsparungen auf deutlich mehr als eine Milliarde Euro aufstocken, hieß es in dem Bericht.

Jahrelang hatte Zielke darauf gesetzt, dass die Bank immer mehr neue Kunden gewinnt. Während die Nullzins-Politik der Europäischen Zentralbank die Erträge pro Kunde sinken lässt, sollten die Neukunden diese Einbußen auffangen. Doch obwohl die Bank nach eigenen Angaben mit jedem Kunden im Schnitt nach 18 Monaten Geld verdiente, genügte dies nicht, um die Gewinne nach oben zu treiben.

Während die Bundesregierung eher im Verborgenen agierte, drang der Finanzinvestor Cerberus - der zweitgrößte Commerzbank-Aktionär - stärker als Kritiker in die Öffentlichkeit. Immer wieder bemängelte er die Bemühungen des Managements als zu zaghaft - und warf Vorstand und Aufsichtsrat vor, "über Jahre eklatant versagt haben". Im Juni forderte Cerberus einen Neuanfang an der Bankspitze - und setzte sich durch.

Anfang Juli kündigten Zielke und Aufsichtsratschef Stefan Schmittmann ihren Rücktritt an. Als Nachfolger für die Aufsichtsratsspitze berief die Commerzbank den früheren Chef der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), Hans-Jörg Vetter. Dieser fand Ende September einen Nachfolger für Zielke. Jetzt ist klar: Neuer Commerzbank-Chef wird zum 1. Januar der frühere Allianz-Deutschland-Chef <DE0008404005> Manfred Knof, der zuletzt das Privatkundengeschäft der Deutschen Bank geführt hatte.

Knof wird liefern müssen, was Zielke und seinem Team nicht gelang. Dabei geht es darum, die Gewinne der Bank zu steigern und die Rendite auf das Eigenkapital stärker zu erhöhen. So hatte Zielke für das Jahr 2023 eine Rendite von mehr als vier Prozent angepeilt - oder mehr als fünf Prozent, falls die Rahmenbedingungen gut sind. Doch ein gutes Umfeld ist nicht in Sicht. Experten rechnen infolge der Corona-Krise noch über Jahre hinweg mit Nullzinsen.

Aufsichtsratschef Vetter hat bereits Stichpunkte geliefert. "Es geht darum, Erträge zu steigern, Kosten zu senken und den Status-Quo zu hinterfragen", sagte er in einem Interview im Intranet der Bank. "Es gibt noch viele althergebrachte Strukturen, die den heutigen Anforderungen und der Größe der Bank nicht mehr angemessen sind."

So nehmen die Umwälzungen im Bankgeschäft auch infolge der Corona-Krise zu. Zwar hatte Zielke auf den verstärkten Trend zum Online-Banking reagiert und schon 2019 die Integration der Online-Tochter Comdirect <DE0005428007> eingeleitet. Gleiches gilt für die Verkleinerung des Filialnetzes. Auch über den Abbau mehrerer tausend weiterer Arbeitsplätze wurde Medienberichten zufolge längst intern beraten.

Zudem hat die Commerzbank die rund 200 Filialen, die sie eigentlich erst im Jahr 2023 schließen wollte, schon jetzt endgültig dichtgemacht. Doch das könnte noch nicht das Ende sein. Laut Medienberichten wurde intern längst darüber gesprochen, ob die Commerzbank vielleicht auf weitere 200 Filialen verzichten könnte. Beschlossen ist jedoch noch nichts.

Hinzu kommt, dass der Commerzbank wichtige Einnahmen fehlen, die Zielke bei seinem Strategieprogramm eingeplant hatte. So sollte die Commerzbank eigentlich ihre polnische Tochter mBank <PLBRE0000012> verkaufen, um das nötige Geld für ihre teure Umstrukturierung zusammenzubekommen. Doch im Mai musste die den Verkauf der mBank abblasen - mangels Interessenten.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Die Commerzbank-Aktie gehört auch im Corona-Jahr zu den klaren Verlierern unter den deutschen Standardtiteln - gerade auch im Vergleich zu ihrer Frankfurter Nachbarin, der Deutschen Bank. Zuletzt wurde die Commerzbank-Aktie zu 4,731 Euro gehandelt und damit gut 14 Prozent niedriger als zum Jahreswechsel. Das Papier der Deutschen Bank hat hingegen um rund 14 Prozent zugelegt.

Im März hatte es für die Commerzbank-Aktie jedoch noch schlimmer ausgesehen. Im Zuge der Panik, die die Corona-Pandemie an den Aktienmärkten ausgelöst hatte, war sie bis auf 2,804 Euro abgesackt - und war damit so billig zu haben wie nie zuvor. Seitdem ging es zwar wieder ein Stück aufwärts - zeitweise sogar über 5 Euro Anfang September. Doch auch Knofs Berufung zum neuen Vorstandschef Ende des Monats konnte den Aktienkurs kein weiteres Mal über diese Marke hieven.

Mittel- und langfristig sieht die Bilanz noch schlechter aus. Auf Sicht von fünf Jahren summieren sich die Verluste auf die Hälfte, über zehn Jahre gesehen sogar auf fast 90 Prozent. Wegen der immensen Kursverluste hatte die Bank vor gut zwei Jahren ihren Platz im Dax <DE0008469008> verloren - ausgerechnet an den Zahlungsdienstleister Wirecard <DE0007472060>, der inzwischen im Strudel eines Bilanzskandals Insolvenz angemeldet hat.

Insgesamt war die Commerzbank an der Börse zuletzt knapp 6 Milliarden Euro wert. Die Deutsche Bank kam auf mehr als 16 Milliarden Euro. Von Branchengrößen wie der Schweizer UBS <CH0244767585>, die am Finanzmarkt umgerechnet mit rund 38 Milliarden Euro bewertet wird, sind beide Institute jedoch weit entfernt.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Von den neun Branchenexperten im dpa-AFX Analyser, die ihre Bewertung der Commerzbank seit der Vorlage der Halbjahreszahlen Anfang August erneuert haben, empfiehlt kein einziger den Kauf der Aktie. Drei Analysten raten zum Verkauf, der Rest zum Halten. Im Schnitt schreiben sie dem Papier ein Kursziel von knapp 4,70 Euro zu - und liegen damit ziemlich genau auf dem jüngsten Kursniveau.

Branchenexpertin Martina Matouskova vom Analysehaus Jefferies wertete Knofs Berufung an die Commerzbank-Spitze positiv. Sein Name werde mit der erfolgreichen Trendwende von Allianz Deutschland verknüpft, schrieb sie Ende September. Sie schätzt, dass er bei den Anlegern daher gut ankommt. Sie hat für die Aktie ein Kursziel von 4,90 Euro auf dem Zettel und rät zum Halten.

Am pessimistischsten zeigt sich mit einem Kursziel von 3,80 Euro Analyst Jan Lennertz vom Analysehaus Independent Research. Er lobte die Entscheidung über die neue Bankführung zwar ebenfalls. Kritisch sieht er jedoch, dass Knof erst zum neuen Jahr antritt. Besonders in der jetzigen Marktsituation sollte das Institut möglichst schnell Änderungen vornehmen, argumentiert der Analyst.