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Comirnaty, Zolgensma, Hepcludex: 2020 war ein Jahr der Pharmainnovationen

Krebsmittel, Gentherapien, Corona-Impfstoff: 32 Medikamente mit neuen Wirkstoffen sind in Deutschland auf den Markt gekommen. Viele markieren neue Meilensteine.

2020 wurden viele neue Medikamente in Deutschland zugelassen. Foto: dpa
2020 wurden viele neue Medikamente in Deutschland zugelassen. Foto: dpa

2020 war ein Jahr der Arzneimittelinnovationen: Nicht nur der erste Impfstoff gegen das Coronavirus kam in Deutschland auf den Markt, sondern auch innovative Gentherapien und viele neue Mittel gegen Krebs.

Trotz Pandemie wurden 32 Medikamente mit neuen Wirkstoffen in die Versorgung gebracht, zeigt die Statistik des Verbands der forschenden Pharmaunternehmen (vfa). Das sind sieben mehr als im Jahr 2019. Damit knüpft die Pharmabranche wieder an die Innovationszahlen der fünf Jahre zuvor an.

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Die Mainzer Firma Biontech, die den ersten Impfstoff gegen das Sars-Cov-2-Virus in Europa auf den Markt brachte, hat dabei Geschichte geschrieben. Denn das Biotechunternehmen hat die Zulassung für das weltweit erste Vakzin auf Basis der neuartigen Messenger-RNA-Technologie erhalten.

Der Botenstoff mRNA regt in den Körperzellen des Menschen die Produktion eines bestimmten Proteins vom Coronavirus an. Auf diese Proteine reagiert der Körper mit einer Immunreaktion und zerstört sie so. Die eingespritzte mRNA zerfällt, der Immunschutz aber bleibt.

Innerhalb von nur elf Monaten wurde der Impfstoff von Biontech erfunden, gemeinsam mit dem US-Partner Pfizer entwickelt und auf den Markt gebracht.

„Mit dem ersten Covid-19-Impfstoff haben Unternehmen und Zulassungsbehörden die Trendwende gegen die Pandemie eingeläutet. Zugleich haben Unternehmen 2020 auch für Patienten mit anderen Krankheiten unvermindert viele neue Medikamente herausgebracht“, zieht Han Steutel, Präsident des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen, Bilanz.

Aber auch in anderer Hinsicht hatte das Jahr 2020 bemerkenswerte Arzneimittelinnovationen zu bieten: In Deutschland wurden die ersten neuartigen Gentherapien eingeführt. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass bei ihnen eine einmalige Behandlung eines Gendefekts meist eine lang andauernde Wirkung oder möglicherweise sogar eine Heilung erzielt, so dass die regelmäßige, dauerhafte Gabe von anderen Medikamenten entfallen kann.

Zolgensma: Eine Spritze kostet knapp zwei Millionen Euro

Eine dieser Gentherapien – ein Medikament gegen Beta-Thalassämie – kommt von der US-Firma Bluebird Bio. Bei Thalassämie führt ein Gendefekt dazu, dass bei den betroffenen Menschen nicht genügend vom roten Blutfarbstoff Hämoglobin gebildet wird und das Blut dadurch zu wenig Sauerstoff transportieren kann. Viele Patienten sind auf regelmäßige Bluttransfusionen angewiesen, die wiederum mit der Ablagerung von Eisen in den Organen einhergehen und zu schwerwiegenden Organschädigungen führen können.

Die Gentherapie von Bluebird stattet diese Patienten im Zuge eines relativ komplexen Verfahrens mit einer korrekten Version des Gens für die Hämoglobin-Produktion aus. Bluebird Bio hatte die europäische Zulassung für sein Mittel Zynteglo bereits im Juni 2019 erhalten. Die Therapie war damals mit 1,57 Millionen Euro das bis zu dem Zeitpunkt teuerste Medikament in Europa.

Das änderte sich, als im Juli dieses Jahres das Gentherapeutikum Zolgensma von der zu Novartis gehörenden Firma Avexis zugelassen wurde. Die einmalig zu verabreichende Spritze kostet in Deutschland 1,945 Millionen Euro und ist bisher das teuerste Medikament der Welt. Zolgensma dient der Behandlung der ebenfalls angeborenen spinalen Muskelatrophie vom Typ 1, bei der es zu Lähmungen kommt und viele der betroffenen Kinder bereits in den ersten zwei Lebensjahren versterben. Zolgensma bringt nach bisherigen Erfahrungen die besten Behandlungserfolge, wenn es frühzeitig angewandt wird.

Vor wenigen Tagen wurde vom höchsten Gremium der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen Deutschlands, dem Gemeinsamen Bundesausschuss, entschieden, dass Neugeborene künftig im Screening auch auf spinale Muskelatrophie untersucht werden. Die Erkrankung ist zwar selten und betrifft nur etwa eines von 10.000 Neugeborenen. Andererseits ist sie die häufigste erbliche Erkrankung mit Todesfolge im Säuglingsalter.

Insgesamt hatten Medikamente gegen seltene Erkrankungen auch 2020 wieder einen hohen Stellenwert in der Liste der neu eingeführten Medikamente in Deutschland: Gleich 13 der Medikamente mit neuem Wirkstoff haben den sogenannten Orphan-Drug-Status in der EU. Dieser zeigt an, dass die EU-Arzneimittelbehörde EMA sie als überlegen gegenüber bisherigen Behandlungsmöglichkeiten einstuft, soweit sie für selten auftretende Leiden überhaupt vorhanden sind.

Die Zahl neuer Orphan-Drugs im Jahr 2018 belief sich auf 16, im vergangenen Jahr waren es hingegen nur fünf. Als selten wertet die EU solche Krankheiten, die höchstens fünf von 10.000 EU-Bürgern betreffen.

Wie schon in den Vorjahren sind die meisten der neu eingeführten Medikamente Therapien gegen Krebserkrankungen. Insgesamt zehn wurden 2020 in Deutschland eingeführt. Bei vier davon ist vor der Anwendung mit einem Gentest zu prüfen, ob die Krebszellen des betreffenden Patienten eine bestimmte Mutation aufweisen, gegen die das Mittel seine Wirkung entfalten kann. Dies folgt dem Konzept der sogenannten personalisierten Medizin.

Weitere Anwendungsgebiete mit mehreren neuen Medikamenten sind Entzündungs-, Infektions- und Stoffwechselkrankheiten sowie Störungen des Blutbilds.

Drei der neuen Medikamente wurden in Deutschland entwickelt

Das Gros der Arzneimittelinnovationen, die 2020 in Deutschland eingeführt wurden, haben ausländische Pharmaunternehmen entwickelt. Der Schweizer Novartis-Konzern stellt dabei mit fünf Neueinführungen die meisten neuen Medikamente – auch wenn man das Produkt Zolgensma von der Tochter Avexis herausrechnet.

Aus den Laboren deutscher Unternehmen stammen drei neue Medikamente: der Biontech-Corona-Impfstoff Comirnaty, ein Mittel gegen Prostatakrebs von Bayer namens Nubequa und Hepcludex vom Bad Homburger Biotechunternehmen Myr. Das Medikament behandelt eine Hepatitis-D-Infektion.

Der Erfolg des vor neun Jahren gegründeten Unternehmens hat das Interesse von Big Pharma geweckt. Vor wenigen Tagen verkündete der US-Branchenriese Gilead Sciences die Übernahme von Myr für 1,15 Milliarden Euro. Das Mittel Hepcludex war im Sommer von der Europäischen Arzneimittel-Agentur, EMA, unter Bedingungen zugelassen worden. Sollte es auch in den USA zugelassen werden, winkt den Eigentümern von Myr ein Nachschlag von 300 Millionen Euro in Form einer Meilensteinzahlung.

An dem Unternehmen mit 35 Mitarbeitern ist neben den Gründern und Risikokapitalgebern auch der deutsche High-Tech-Gründerfonds beteiligt, in den neben dem Bundeswirtschaftsministerium und der Staatsbank KfW rund drei Dutzend deutsche Industrieunternehmen investiert haben. Gilead will das Medikament gegen Hepatitis D nach erfolgter Übernahme weltweit vermarkten.