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Colin Huang – Der Schnäppchen-Milliardär aus China

Als Mensch werde ich der Gleiche bleiben“, verspricht Huang Zheng, der sich auch gerne Colin nennt. Die chinesische Digitalpublikation Jiemian hatte ihn gefragt, was der plötzliche Reichtum bei ihm auslöse. „Vermutlich hat es sogar eher negative Auswirkungen für mich als Privatperson“, fügte der 38-Jährige nachdenklich hinzu.

Huang ist über Nacht zum Milliardär geworden, der Gang seines Unternehmens Pinduoduo (PDD) an die New Yorker Börse am vergangenen Donnerstag hat ihm 13,8 Milliarden Dollar aufs Konto gespült. Doch er kennt die Schattenseiten des Geldes. 2004 gehörte er zu den ersten Mitarbeitern von Google und konnte hautnah beobachten, was zu viel Geld in einem zu kurzen Zeitraum bei Menschen bewirkte. „Viele verschwendeten ihre kostbare Zeit, obwohl sie stattdessen Außergewöhnliches hätten leisten können“, schrieb Huang in seinem Blog über seine damaligen Kollegen.

Er hingegen verließ Google und wurde selbst Unternehmer. Dabei hätte er diese Karriere fast verpasst. Hätte er in der Grundschule nicht eine Mathematik-Olympiade gewonnen, dann wäre er nie auf das elitäre Gymnasium „Hangzhou Foreign Language School“ gekommen. Dahin wollte er anfangs auch gar nicht, weil ihn Sprachen nicht interessierten und er lieber Mathe, Physik und Chemie lernen wollte, erzählte Huang später. Doch sein Schulleiter konnte ihn überzeugen.

Danach öffnete sich eine Tür nach der anderen: Austauschprogramme in die USA, Elite-Studiengang an der Zhejiang Universität und Master-Abschluss an der University of Wisconsin. Nach Praktika bei Microsoft entschied er sich gegen das Unternehmen – „weil ich damals schon sehen konnte, was sie in zehn Jahren sein würden“, so Huang.

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Stattdessen heuerte er bei Google an, weil er dachte, dass er dort mehr darüber lernen könne, was es bedeute, ein Unternehmer zu sein. 2007 setzte er das Wissen zum ersten Mal um: zuerst mit einem Start-up für Elektronikteile, dann mit Werbung und schließlich bei Computerspielen. Im September 2015 gründete er Pinduoduo, was auf Chinesisch „viele finden sich zusammen“ bedeutet. Die Idee dahinter ist eine Mischung aus Facebook und Groupon: Kunden, die das gleiche Produkt kaufen wollen, können sich zusammentun und höhere Rabatte erzielen.

Hitlisten der erfolgreichsten Sparer

Anders als Groupon, die größtenteils Gutscheine für Restaurants und andere lokale Dienstleistungen vertreiben, kann man auf PDD alles erwerben, von Klopapier bis zu Lebensmitteln. Um das Kauferlebnis spannend zu gestalten, hat Huang spielerische Elemente entwickelt. So gibt es Hitlisten mit Gruppen, die am erfolgreichsten gespart haben. Auch werden Rabatt-Coupons in der Regel nur kurz gezeigt, um die Kunden zu einem schnellen Kauf zu verleiten.

Daher beschreibt Huang selbst sein Unternehmen als eine Kombination aus „Costco und Disneyland, also gutes Preis-Leistungs-Verhältnis mit Unterhaltung“. Obwohl PDD keine drei Jahre auf dem Markt ist, hat es bereits 110 Millionen aktive Nutzer pro Monat allein durch seine eigene App und damit fast so viele wie die Nummer zwei im Markt, JD.com. Der Marktforscher Planet Retail RNG bezeichnet es als das schnellstwachsende E-Commerce-Start-up in China.

PDD erzielte eigenen Angaben zufolge 2017 einen Umsatz von 278 Millionen Dollar, wovon zwei Drittel aus Onlinewerbung stammten und ein Drittel durch die Kommissionsgebühr von 0,6 Prozent erwirtschaftet wurde. Im ersten Quartal 2018 erzielte Huangs Firma Einnahmen von 220 Millionen Dollar, der Verlust betrug, genau wie im selben Zeitraum des Vorjahrs, 32 Millionen Dollar.

Wohl auch wegen dieser Zahlen schossen die PDD-Aktien gleich am ersten Börsentag von 19 Dollar auf 26,70 Dollar. Huang, der 46,8 Prozent der Papiere hält, wurde damit zu einem der reichsten Menschen Chinas. Dabei ist das Unternehmen noch weit davon entfernt, Gewinne zu machen. Mitchell Kim von Kim Eng Securities bringt das Dilemma auf den Punkt: PDD sei gerade wegen seiner extrem niedrigen Preise so attraktiv für die Kunden. Wenn das Unternehmen aber profitabel werde wolle, müsse es die Rabatte zurückfahren.

Das könnte schwierig werden, haben doch die Kunden von PDD im Schnitt eine sehr geringe Kaufkraft. Nach den Daten von Planet Retail RNG hat der typische Nutzer von PDD ein verfügbares Einkommen von 1901 US-Dollar, der Durchschnitt liegt in China jedoch bei 3559 US-Dollar. Fast zwei Drittel von ihnen kommen aus den ärmeren Städten im chinesischen Hinterland, das sind rund 170 Millionen Kunden, die sich oft die hochwertigeren Produkte auf JD.com nicht leisten können.

Begehrte Bettlaken für einen Euro

Sogenannte „Dama“, wörtlich übersetzt „große Mamas“, machen fast 40 Prozent der Kunden aus. Sie haben viel Freizeit, vergleichen Preise, chatten mit Freundinnen und schlagen gerne beim Ein-Euro-Bettlaken oder Toilettenpapier für zehn Cent zu. Fabriken können auf der PDD-Plattform direkt vertreiben. So kam zum Beispiel der Taschentuchhersteller Botare auf fast zehn Millionen Bestellungen.

Daher wird PDD von der Konkurrenz sehr ernst genommen. So brachte Marktführer Alibaba im März mit Taobao Special Offer Edition eine neue App auf den Markt, die fast eine Kopie des Wettbewerbers ist. Denn PDD ist nicht nur ein E-Commerce-Rivale für den Branchenprimus, sondern Teil einer informellen „Anti-Alibaba-Allianz“. Huang selbst sagte 2016, dass er „ein anderes Alibaba schaffen möchte, mit neuem Online-Verkehrsfluss, neuen Formen der Kundeninteraktion und neuen internationalen Möglichkeiten“.

Neben Banyan Capital oder Sequaia Capital sind einige der größten chinesischen Investoren Ratgeber von Huang. Der Prominenteste unter ihnen ist Ma Huateng, Gründer und CEO des Tech-Riesen Tencent, der mit einem Anteil von 17 Prozent PDDs größter institutioneller Geldgeber ist. Die Nähe ist sinnvoll, Huangs Erfolg basiert auf dem sozialen Netzwerk Wechat von Tencent, über das laut einem Bericht der chinesisch-amerikanischen Risikokapitalgesellschaft GGV weitere 233 Millionen Nutzer kommen.

Diese Abhängigkeit gilt bei manchen Analysten als Schwäche. Doch Huang wiegelt ab. „Selbst wenn es Tencent nicht mehr geben sollte, können wir auf anderen Plattformen weitermachen“, behauptete er.

Inzwischen ist die Anfangseuphorie abgeflaut. Der Aktienkurs lag zum Wochenstart bei 24,60 Dollar. Damit ist Huangs Vermögen um rund eine Milliarde geschrumpft. Vermutlich macht das für den gläubigen Buddhisten keinen Unterschied.