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Wie Clinton die Tech-Titanen umgarnt

hat ein ehrgeiziges Technologieprogramm vorgestellt, mit dem sie die die digitale Weltmarktführerschaft der zementieren will. Die reichen Spender im Silicon Valley werden das gerne hören – geht es doch nicht nur um bessere Rahmenbedingungen, sondern auch um mehr Geld.

Clintons vom Dienstag macht eines schon zu Beginn klar: Die Präsidentschaftskandidatin der Demokraten ist wild entschlossen, die technologische Führungsrolle der USA auszubauen und gleichzeitig die Tech-Eliten im Westen der USA für ihren Wahlkampf zu nutzen.

Ihr Aktionsplan umfasst fünf strategische Punkte und hätte von Mark Zuckerberg und Googles Larry Page formuliert sein können – ergänzt von Apple-Chef Tim Cook oder Amazon-Vorstandschef Jeff Bezos. Sollte das Programm kommen, wäre es ein üppiges Weihnachtsfest für die Tech-Industrie.

Clinton fordert unter anderem massive Investitionen in die Ausbildung von Fachkräften für die digitale Wirtschaft. Geplant sind sogenannte „Nanodegrees“, Schmalspur-Universitätsabschlüsse im Schnellverfahren. Außerdem setzt sich die Demokratin für eine flächendeckende Breitband-Abdeckung der USA bis 2020 ein. Damit könnten Online-Start-ups auch in ländlichen Regionen stattfinden, wo Immobilien und Mieten noch erschwinglich sind.

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Kostenloses oder sehr preiswertes WLAN für die Bürger an Flughäfen, Bahn- und Busstationen oder in öffentlichen Gebäuden wie Bibliotheken soll zur Regel werden. Viel Geld will Clinton auch in den Ausbau des 5G-Mobilfunkstandards stecken. Ein „Chief Innovation Advisor“ soll außerdem Bereiche identifizieren, in denen überflüssige behördliche Regulierungen Innovationen hemmen. Als ein Sektor wird explizit das Gesundheitswesen genannt.

Clintons Technologieprogramm ist ein geschickter politischer Schachzug. US-Präsident Barack Obama verdankte seinen Wahlerfolg in den Jahren 2008 und 2012 nicht zuletzt seinen engen Beziehungen zu den liberalen Tech-Titanen aus Kalifornien. Sie boten ihm eine Bühne in Internet-Veranstaltungen. Dabei zog Facebook-Chef Mark Zuckerberg Obama zuliebe eigens mal Hemd und Krawatte an. Obama war auch in Googles Youtube gern gesehener Gast.


Die Präsidentschaftskandidatin fordert Netzneutralität

Donald Trump steht dagegen erstmal auf verlorenem Terrain, was Digitales betrifft. Seine Reibereien mit IT-Größen haben ihn in der Tech-Gemeinde ziemlich unbeliebt gemacht. Der Republikaner legte sich unter anderem mit Apple an („Die werden ihre f*cking Computer wieder in Amerika bauen“), lieferte sich eine Twitter-Schlammschlacht mit Amazon-Gründer und Washington-Post-Eigner Jeff Bezos – und ging auf Konfrontation mit AirBnB-Mitgründer Brian Chesky und Facebook-Chef Mark Zuckerberg.

Zuletzt hatte jede Unterstützung für den republikanischen Parteitag, auf dem Trump zum Kandidaten gekürt werden soll, abgesagt. Es ist frostig für den Immobilien-Investor im Silicon Valley – und das, obwohl Kalifornien wegen einer Hitzewelle stöhnt.

Clintons Ankündigung der Technologie-Offensive kam strategisch geschickt – kurz nachdem Arianna Huffington auf dem TV-Sender MSNBC den Salesforce.com-Gründer Mark Benioff als möglichen Vizepräsidenten ins Spiel gebracht hatte. Seit zwei Jahren ist bereits Eric Schmidt, graue Eminenz bei Google und Drahtzieher im Valley, im Hintergrund für Clintons Team tätig. Das von ihm mitfinanzierte Start-up „The Groundwork“ liefert die technologische Basis für ihren Online-Wahlkampf. Auch Schmidt taucht immer wieder als potenzieller Kandidat für eine Regierung Clinton auf.

Clinton stellt sich im Rahmen ihrer Technologieoffensive klar auf die Seite der Vertreter der Netzneutralität. Diese soll gewährleisten, dass Internetprovider alle Anbieter gleich behandeln müssen und nicht denen, die am meisten zahlen können, schnelleren Zugang zu ihren Kunden anbieten.

Derartige Forderungen stehen dagegen ganz oben auf der Wunschliste von Internetanbietern wie AT&T oder dem Kabelunternehmen Comcast. Clintons Position hinsichtlich privater Datenverschlüsselung lehnt sich stark an die Forderungen von Bürgerrechtlern an, die mehr Rechte der Individuen gegenüber dem Datenanspruch des Staats fordern.


Die Kosten werden auf zehn Milliarden Dollar veranschlagt

will auch Start-ups unterstützen: Akademiker, die nach ihrem Studium ein Unternehmen gründen, sollen für die Rückzahlung ihrer Studiendarlehen eine Frist von bis zu drei Jahren erhalten. Wenn Jungunternehmer das restlos überteuerte Silicon Valley meiden und sich in Problemregionen („distressed communities“) niederlassen, sollen ihnen sogar bis zu 17.500 Dollar ihrer Schulden erlassen werden. Heute fließen 70 Prozent allen Risikokapitals in drei US-Bundesstaaten, und 40 Prozent alleine in eine Region – ins Silicon Valley.

Wer das alles bezahlen soll, ist noch unklar. Schätzungsweise zehn Milliarden Dollar könnte die Technologie-Offensive kosten. Diese Summe nannte ein Mitglied von Clintons Wahlkampfteam gegenüber der „Washington Post“.

Ein Selbstläufer ist Clintons Charmeoffensive im Silicon Valley freilich nicht. Das Verhältnis zwischen der IT-Branche und der demokratischen US-Regierung, der Clinton als Ministerin angehörte, war zuletzt angespannt. Spätestens nach den Enthüllungen von Edward Snowden wurde den Tech-Unternehmern klar, dass sie von der Regierung Obama genauso hintergangen worden waren wie der Rest der Bevölkerung. Die US-Geheimdienste hatten ihre Datenbanken und Datenleitungen einfach angezapft.

Zuletzt hatte Apple die offene Konfrontation mit dem mächtigen US-Justizministerium gesucht, um die Entsperrung von iPhones zu verhindern. Facebook und Microsoft sprangen -Chef Tim Cook zur Seite.

Dennoch hat Clinton im Vergleich zu Donald Trump die weitaus besseren Karten. Der republikanische Poltergeist ist erklärter Feind des Silicon Valleys – nicht zuletzt, weil er einen Apple-Boykott gefordert hatte, nachdem sich das Unternehmen weigerte, ein iPhone zu entsperren.

Als die Öffentlichkeit Wind von einem Spendendinner für Trump bekam, musste Intel-Vorstandschef Brian Krzanich die Veranstaltung für vermögende Großspender in seinem Haus in letzter Minute absagen. Der Imageschaden für das Milliardenunternehmen wäre kaum absehbar gewesen. Trump hatte China – einem der wichtigsten Intel-Märkte – mit einem Wirtschaftskrieg gedroht, sollte er Präsident werden.

KONTEXT

Clinton versus Trump: Ein Vergleich der Kandidaten

Die Kandidaten

Trump gegen Clinton. Das wird wohl das Duell bei den US-Präsidentschaftswahl am 8. November. So unterschiedlich der republikanische Milliardär mit der Tolle und die demokratische Politveteranin mit der Betonfrisur sind - es gibt auch Parallelen bei den beiden designierten Spitzenkandidaten. Hier ein Vergleich.(Quelle: AP)

Der Weg zur Nominierung

Die Demokratin Hillary Clinton schien als Präsidentschaftskandidatin ihrer Partei zu Beginn quasi gesetzt. Die ehemalige First Lady, ehemalige Senatorin und ehemalige Außenministerin hatte ihre Bewerbung generalstabsmäßig vorbereitet - und im Frühjahr 2015 war niemand mit annähernd ähnlicher Erfahrung erkennbar. Der linke Außenseiter Bernie Sanders brachte Clinton dann doch in erstaunliche Bedrängnis, konnte sie aber nicht stoppen.Bei den Republikanern war es umgekehrt: Der rechte Außenseiter und Politikneuling Donald Trump hatte 16 Gegenkandidaten, von denen die meisten viel mehr politische Erfahrung haben als er. Anfangs schien der Immobilienunternehmer mit seinen Verbalattacken gegen Migranten, Frauen und Muslime unwählbar. Am Ende hatte er dennoch alle Rivalen aus dem Rennen geschlagen.

Das Profil

Clinton setzt also auf ihre Erfahrung als lang gediente Staatsfrau, die sowohl das Weiße Haus und die Regierungsgeschäfte als auch den Kongress aus eigener Anschauung kennt. Trump positioniert sich als klüngelfremder Aufräumer gezielt gegen den Washingtoner Politikbetrieb und führt seine Karriere als Geschäftsmann als Qualifikation ins Feld.

Die Politik

Clinton steht für Mitte und Mäßigung - im Sinne der Wählbarkeit für verschiedene Bevölkerungsgruppen, vor allem auch Frauen und Minderheiten. Und sie steht nach dem Parteikollegen Barack Obama für Kontinuität im Weißen Haus, mit etwas anderen Akzenten in der Außen- und Handelspolitik. Auch Trump zielt auf die Mitte, in seinem Fall aber fast ausschließlich auf die weiße Mittelschicht. Statt Kontinuität will er nach Obama die Kehrtwende: weniger Zuwanderung, weniger Klimaschutz, mehr militärische Stärke.

Das Habenkonto

Trump hat im Vorwahlkampf Millionen von Amerikanern begeistert, die ihm zutrauen, das Land voranzubringen. Er trifft mit seinen Themen Wirtschaftsflaute, Fremdenangst und Furcht vor dem Niedergang der USA einen Nerv und hat im Vorwahlkampf die Schlagzeilen dominiert, auch mit seinen gezielten Provokationen.Clinton hat in der eigenen Partei ebenfalls Millionen Stimmen gesammelt, deutlich mehr als ihr innerparteilicher Rivale Sanders. Sie gilt als politisch berechenbar und in der Welt geachtet. Und sie pocht auf ihre historische Rolle als erste Frau, die jemals Spitzenkandidatin bei Demokraten oder Republikanern wurde.

Die Minuspunkte

Clinton schleppt diverse Altlasten aus ihrer langen Karriere mit sich herum. Darunter sind politische Entscheidungen wie der Umgang der damaligen Außenministerin mit dem Angriff auf den US-Botschafter in Libyen 2012, aber auch persönliche wie die Nutzung eines privaten E-Mail-Servers für Dienstliches und die üppig dotierten Auftritte als Rednerin vor Bankern und Unternehmern. In der E-Mail-Affäre ermittelt auch die Bundespolizei FBI, so dass strafrechtliche Konsequenzen nicht ausgeschlossen sind.Trump wird ebenfalls von Problemen aus der Vergangenheit eingeholt. Thema waren bereits seine Firmenpleiten und die zweifelhafte Wahl seiner früheren Geschäftspartner, vor allem aber der Rechtsstreit um seine sogenannte Trump University. Ehemalige Studenten des inzwischen aufgelösten Instituts haben Trump wegen Abzocke verklagt. Der wiederum attackierte den Richter in dem Verfahren wegen seiner mexikanischen Wurzeln und zog damit erneut heftige Kritik auf sich.

Das schwache Fundament

Beiden Kandidaten fehlt der starke Rückhalt in der eigenen Partei. Trump traf bei vielen führenden Republikanern zunächst auf offenen Widerstand, bis sie sich nach seinen Vorwahlerfolgen ins Unausweichliche seiner Kandidatur fügten. Zuletzt gingen sie wegen der Verbalattacken gegen den Richter, dem Trump Voreingenommenheit unterstellte, erneut auf Distanz. Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, unterstellte dem eigenen Spitzenkandidaten Rassismus und distanzierte sich "völlig von diesen Aussagen".Clinton ist bei den Mächtigen ihrer Partei besser vernetzt: Die designierte Spitzenkandidatin hat die Unterstützung der meisten sogenannten Superdelegierten, also hoher Parteifunktionäre, die beim Nominierungsparteitag mitstimmen dürfen. Doch an der Basis fühlen sich viele Demokraten eher von Sanders als von Clinton inspiriert. Und etliche in der Partei sind nervös wegen Clintons politischer Altlasten.

Die Umfragen

Mehrere Umfragen weisen derzeit einen Vorsprung Clintons vor Trump aus. Trump selbst führt aber auch Erhebungen an, die ihn vorne sehen. Letztlich sind die Zahlen derzeit wenig aussagekräftig, denn erst im Hauptwahlkampf werden die Kandidaten von den Medien in extenso ausgeleuchtet. Erst dann müssen sie auch konkrete politische Positionen beziehen.