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Neuer Großaktionär BAIC: Daimler wird chinesischer

Nach dem Geely-Gründer Li Shufu steigt auch der Pekinger Konzern BAIC bei Daimler ein. Fast 15 Prozent der Anteile sind damit in chinesischer Hand.

Ein Bild aus früheren Tagen: Der BAIC-Chef (l.) mit dem China-Chef von Daimler. Foto: dpa
Ein Bild aus früheren Tagen: Der BAIC-Chef (l.) mit dem China-Chef von Daimler. Foto: dpa

Hinter BMW steht die Familie Quandt, bei Volkswagen hält der Porsche- und Piëch-Clan dem Management den Rücken frei. Aber Daimler? Seit Jahren fehlt den Stuttgartern ein passender Ankeraktionär. Eine Lücke, die mittlerweile China füllt.

Der Einfluss der Volksrepublik auf das Aushängeschild der deutschen Autoindustrie wächst erheblich. Nach dem spektakulären Einstieg des Geely-Eigentümers Li Shufu im vergangenen Jahr kauft sich jetzt auch die Beijing Automotive Group (BAIC) bei dem Mercedes-Hersteller ein.

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Wie BAIC am Dienstag mitteilte, hat sich der Pekinger Staatskonzern fünf Prozent der Anteile an Daimler gesichert. Über die Tochterfirma Investment Global erwarb BAIC eine direkte Beteiligung an dem Stuttgarter Dax-Konzern in Höhe von 2,48 Prozent sowie die Option, weitere 2,52 Prozent der Stimmrechte zu kaufen. BAIC ist für Daimler kein Unbekannter. Die beiden Unternehmen arbeiten seit mehr als einer Dekade eng zusammen.

Nun steigt BAIC mit einem konsolidierten Anteil von fünf Prozent des Grundkapitals nach Li Shufu (9,7 Prozent) und dem Staatsfonds von Kuwait (6,7 Prozent) zum drittgrößten Einzelaktionär von Daimler auf. Insgesamt ist das schwäbische Industriekonglomerat damit zu fast 15 Prozent im Besitz chinesischer Anteilseigner.

„Kurzfristig ist der Einstieg von BAIC für Daimler eine gute Sache“, konstatiert Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). So wird der dümpelnde Aktienkurs der Schwaben gestützt, und der Konzern bekommt im fernöstlichen Automarkt noch mehr Gewicht. „Langfristig steht aber die Frage im Raum: Wie chinesisch wird Daimler? Man darf da nicht blauäugig sein“, warnt Tüngler.

BAIC und Li seien zwar auf dem Papier völlig unabhängig voneinander, aber wenn es ihnen nütze, könnten die Chinesen schnell ihre Kräfte bündeln, um gemeinsame Interessen durchzusetzen. „Daimler könnte in die Zange genommen werden“, fürchtet Tüngler. Der Aktionärsschützer mahnt die Regierung in Berlin daher zu erhöhter Aufmerksamkeit.

Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler sieht das ähnlich: „Die deutsche Politik wird sich diese Konstellation sehr genau ansehen müssen.“ Der Analyst glaubt aber nicht, dass die chinesische Staatsregierung über BAIC an einer Daimler-Übernahme interessiert ist.

Die Kapitalbeteiligung von BAIC könnte auch schlicht dazu dienen, Geely-Eigner Li, zu dessen Reich auch Volvo Cars zählt, „davon abzuschrecken, weitere Anteile an Daimler zu erwerben“, glaubt Pieper. Ganz abwegig ist diese These nicht.

Li ist ein Unruhestifter, der Daimler und die Berliner Politik durch seinen spektakulären Einstieg über trickreiche Finanzkonstruktionen im Februar 2018 aus dem Konzept brachte und auch bei BAIC für Verwirrung gesorgt hat. Während Daimler den Einstieg Geelys ausgesprochen reserviert kommentierte, freut sich der Konzern jetzt demonstrativ über das BAIC-Engagement.

China ist mit Abstand der wichtigste Markt

„Wir begrüßen es sehr, dass unser langjähriger Partner BAIC nun auch ein langfristig orientierter Investor von Daimler ist“, frohlockt Daimler-Chef Ola Källenius. Dieser Schritt festige die Zusammenarbeit der beiden Konzerne und sei ein „Vertrauenssignal in die Strategie und das Zukunftspotenzial unseres Unternehmens“, erklärt Källenius. In Stuttgart heißt man den neuen Großaktionär mit blumigen Worten willkommen.

Heyi Xu, Chairman von BAIC, gibt sich ebenfalls ganz verzückt: „Wir möchten diese Allianz durch eine Beteiligung an Daimler weiter stärken.“ Aus seiner Sicht ist die Partnerschaft mit Mercedes „beispielhaft für eine gelungene Kooperation zwischen einem chinesischen und einem deutschen Unternehmen“.

Daimler und BAIC produzieren unter dem Dach eines 50:50-Joint-Ventures seit 2005 in Peking gemeinsam Autos. Das Geschäft lief im vergangenen Jahrzehnt exorbitant gut. Allein 2018 wurden 485 000 Mercedes-Pkws vor Ort gefertigt und verkauft. Das entspricht rund drei Viertel des Gesamtabsatzes der Marke mit dem Stern in China. Kein anderer Automarkt ist für Daimler so wichtig, fast 30 Prozent ihrer Fahrzeuge verkaufen die Schwaben in Fernost.


Ein Drahtseilakt für Daimler

Als sich Li vor eineinhalb Jahren anschickte, die traute Zweisamkeit der Kooperationspartner zu stören, war die Aufregung in Stuttgart groß. Auf keinen Fall sollte BAIC vergrämt werden. Daher betonte Daimler bei jeder sich bietenden Gelegenheit, wie eng man auch künftig mit dem Staatskonzern zusammenarbeiten wolle.

Im Rahmen der Beijing Motor Show 2018, der weltgrößten Automobilmesse, umarmte der damalige Daimler-Chef Dieter Zetsche den vor Glück strahlenden BAIC-Chairman Heyi sogar. Zetsche lobte die Geschäftsbeziehung zu seinem „guten Freund“, dem er, obwohl um einen Kopf größer, immer auf Augenhöhe begegne.

Daimler musste einen Drahtseilakt bewältigen. Während der größte Einzelaktionär Li die Schwaben im Kampf gegen Tech-Konzerne wie Google und Uber zu Kooperationen mit seinem Autokonzern Geely drängte, galt bei Mercedes das Credo, nichts „entgegen den Interessen“ des bestehenden Joint-Venture-Partners zu unternehmen. Ein schwieriges Unterfangen, schließlich sind Geely und BAIC Konkurrenten.

Der Einstieg von BAIC bei Daimler zeigt, dass der diplomatische Weg der Stuttgarter erfolgreich war. Geely wollte sich dazu zwar nicht äußern, in Finanzkreisen hieß es aber, Li sehe das BAIC-Engagement entspannt. Er dürfte seinen Anteil an Daimler zunächst konstant halten.

Überraschend kommt die Beteiligung von BAIC nicht wirklich, schließlich sind die Schwaben selbst bereits seit 2013 Anteilseigner des Pekinger Konzerns und halten aktuell 9,55 Prozent der Anteile an einem börsennotierten Tochterunternehmen, in dessen Verwaltungsrat ein Vertreter sitzt. Immer wieder war ‧eine Überkreuzbeteiligung im Gespräch.

Daimler ist an der Börse massiv unter Druck

Laut Recherchen der Nachrichtenagentur Reuters hat der Pekinger Staatskonzern schon im Frühjahr damit begonnen, Daimler-Anteile zu kaufen, und so den angeschlagenen Aktienkurs der Schwaben gestützt. Zuvor hatte BAIC immer wieder bei Daimler angefragt, ob ein Einstieg unter Sonderkonditionen möglich wäre, heißt es in Finanzkreisen. Jegliche Art eines Rabatts wurde in Stuttgart aber abgewiesen. BAIC kaufte normale Aktien zu.

„Daimler steht am Kapitalmarkt wahnsinnig unter Druck“, sagt Metzler-Analyst Pieper. Der Einstieg von BAIC schaffe „jetzt erst einmal wieder Fantasie“. Tatsächlich schoss der Aktienkurs des Dax-Konzerns am Dienstag um teils fast fünf Prozent in die Höhe.

Mit einer Marktkapitalisierung von etwa 52 Milliarden Euro ist Daimler gemessen an seiner schieren Größe – der Konzern erzielt jährlich einen Umsatz von 167 Milliarden Euro und beschäftigt 300.000 Mitarbeiter rund um den Globus – aber weiterhin äußert niedrig an der Börse bewertet.

Nach vier Gewinnwarnungen binnen 13 Monaten hat der Auto- und Lastwagenhersteller viel Vertrauen verspielt. Am Mittwoch wird Daimler seine detaillierte Bilanz für das zweite Quartal vorlegen. Analysten blicken dabei vor allem auf den freien Mittelzufluss. Evercore ISI erwartet etwa einen deutlich negativen Free Cashflow von bis zu minus vier Milliarden Euro. „Der Spielraum, um die Dividende zu finanzieren, wird immer geringer“, schreiben die Experten des Londoner Investmenthauses.

Vorläufige Umsatz- und Gewinnzahlen hat Daimler bereits am 12. Juli publiziert. Der Konzern schwächelt in de facto allen Sparten, schreibt einen Verlust von 1,6 Milliarden Euro. Die Autosparte wird dieses Jahr eine Umsatzrendite von bestenfalls fünf Prozent erzielen, langfristig avisiert ist eine doppelt so hohe Marge.

Die Transporterdivision musste bereits zum dritten Mal in diesem Jahr ihre Prognose kassieren. Der Konzern geht für 2019 mittlerweile von einer negativen Marge von bis zu ‧minus 17 Prozent aus. Für Portfoliobereinigungen – das Pick-up-Modell X-Klasse steht vor dem Aus – wurden offenbar 500 Millionen Euro abgeschrieben.

Weitere Sondereffekte wie Rückstellungen für drohende Rückrufe und Bußgelder im Dieselskandal sowie fehlerhafte Airbags von Takata verhageln Daimler das Ergebnis im zweiten Quartal. Konzernchef Källenius und sein neuer Finanzchef Harald Wilhelm räumen die Altlasten ihrer Vorgänger ein Stück weit ab, geraten aber zunehmend selbst unter Druck.

Schließlich kämpft Daimler auch im Kerngeschäft mit Problemen. Der Absatz liegt unter Plan, in mehreren Werken gibt es Schwierigkeiten beim Hochlauf der Produktion für neue Modelle.

05.06.2019, Berlin: Ola Källenius, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG, spricht beim Kongress «beBETA · journalism in progress» des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger e.V. (BDZV). Foto: Christoph Soeder/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: dpa
05.06.2019, Berlin: Ola Källenius, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG, spricht beim Kongress «beBETA · journalism in progress» des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger e.V. (BDZV). Foto: Christoph Soeder/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: dpa