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„Europa muss aufwachen“: China will seine Exporte stärken – und trifft damit deutsche Unternehmen

Chinas Ausfuhren steigen auf einen Rekordwert. Staatschef Xi Jinping gibt vor, die Abhängigkeit von Importen zu reduzieren. Das hat direkte Folgen für Deutschland.

Auch die Importe legten zu – um 13,2 Prozent. Foto: dpa
Auch die Importe legten zu – um 13,2 Prozent. Foto: dpa

Mitten in der globalen Wirtschaftskrise feiert die chinesische Volkswirtschaft einen Rekord. Noch nie haben die Ausfuhren so hoch gelegen wie im September. Die Exporte der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt stiegen im Vorjahresvergleich um 9,9 Prozent. Es war der vierte monatliche Anstieg in Folge.

Mit der raschen Eindämmung der Covid-Infektionen und der wirtschaftlichen Gesundung drängt China derzeit mit aller Macht in die Exporte. Das ist staatlich gewollt, denn die chinesische Führung will weniger abhängig von Importen aus dem Ausland sein. Denn Staatschef Xi Jinping setzt auf eine Strategie, die intern als „Dual Circulation“ bezeichnet wird: China will seinen Binnenmarkt und seine heimischen Unternehmen stärken. Statt importierter Waren sollen Chinas Verbraucher mehr heimische Produkte kaufen, Zulieferungen sollen von heimischen Unternehmen statt von ausländischen Firmen kommen.

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„Wir erleben jetzt große Veränderungen, wie wir sie seit einem Jahrhundert nicht mehr gesehen haben, und wir müssen den Weg der Eigenständigkeit auf einer höheren Ebene beschreiten“, sagte Xi am Dienstag laut der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua bei einer Reise in die südchinesische Provinz Guangdong.

China werde die Exporte weiter forcieren und die Importe minimieren, sagt Alicia Garcia Herrero, Chefökonomin für den asiatisch-pazifischen Raum bei der französischen Investmentbank Natixis. „Europa muss aufwachen.“ Die Expertin erwartet, dass China seine Importe auch aus Deutschland weiter zurückfahren wird.

Von der Exportoffensive ausgenommen seien nur Produkte, die das Land nicht selbst herstellen kann, wie etwa Halbleiter. „Wenn sie es vermeiden können zu importieren, werden sie es tun“, so Garcia-Herrero. „Korea, Japan und Deutschland sind hier wirklich die Verlierer, denn die meisten dieser Importe sind bereits jetzt substituierbar.“ So seien die Maschinenexporte aus China gestiegen.

Auch in den kumulierten Außenhandelszahlen ist der Wandel bereits sichtbar: Laut den am Dienstag veröffentlichten Zahlen der chinesischen Zollbehörde stiegen die Exporte in den ersten drei Quartalen von 2020 um 1,8 Prozent (gemessen in Yuan), die Importe hingegen gingen um 0,6 Prozent zurück.

Der Fokus auf Autarkie soll auch im neuen Fünfjahresplan, der strategisch wichtige Weichen in der Volksrepublik stellt, thematisiert werden. Ende Oktober treffen sich die Spitzen der Kommunistischen Partei, um ihn zu besprechen. Der Plan soll dann von 2021 bis 2025 gelten. China setzt seit Jahren darauf, seine eigene Industrie dahin zu bringen, dass wesentliche Produkte innerhalb der Volksrepublik von chinesischen Unternehmen hergestellt werden können. Darauf zielte bereits die „Made in China 2025“-Strategie ab, in der es konkret darum geht, dass China bis 2025 in zehn Schlüsselindustrien wie Künstlicher Intelligenz, Robotics, Elektromobilität, aber auch Medizintechnik die globale Führung übernimmt. Jetzt folgt der nächste Schritt.

Anstieg der Importe nur von kurzer Dauer

Allerdings stiegen auch Chinas Importe im September um kräftige 13,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Analysten hatten im Durchschnitt mit einem Wachstum von gerade einmal 0,3 Prozent gerechnet. Im August waren sie noch um 2,1 Prozent zurückgegangen.

Analysten gehen aber davon aus, dass der Anstieg der Importe hauptsächlich darauf zurückzuführen ist, dass chinesische Unternehmen sich angesichts der zunehmenden US-Sanktionen gegen den Technologiesektor mit Halbleitern eindecken, die etwa für die Produktion von Smartphones benötigt werden. Zahlen der chinesischen Zollbehörde zeigen, dass die Importe von Chips im September im Vergleich zum Vorjahr um knapp 27 Prozent gestiegen sind.

Zudem versucht China offenbar, seinen Rückstand bei den Verpflichtungen aus dem Phase-1-Abkommen aufzuholen, das Washington und Peking geschlossen haben. Teil des Abkommens war es, dass sich die beiden größten Volkswirtschaften nicht mehr gegenseitig mit Strafzöllen überziehen. China verpflichtete sich im Gegenzug unter anderem zu einer deutlichen Erhöhung der Importe aus den USA.

Laut einer Analyse des Peterson Institutes for International Economics muss die Volksrepublik jedoch wesentlich mehr aus den USA einführen, als sie das seit Anfang des Jahres getan hat, wenn sie ihren Verpflichtungen aus der Vereinbarung noch nachkommen will. China weiß um seinen Rückstand und hat seine Agrarimporte in den vergangenen Wochen deutlich erhöht. Am Dienstag betonte Li Kuiwen, Sprecher der chinesischen Zollbehörde, in den ersten drei Quartalen des Jahres habe China 44,4 Prozent mehr Agrarprodukte aus den USA importiert.

Drakonische Corona-Maßnahmen

Ein weiterer Grund für den gestärkten Außenhandel dürfte sein, dass es China durch seine drakonischen Maßnahmen gelungen ist, das Coronavirus weitestgehend einzudämmen. Inzwischen kommt es nur noch vereinzelt zu geringen Ausbrüchen. Zuvor hatte es Monate gegeben, in denen in ganzen Städten und Stadtvierteln Ausgangssperren verhängt wurden und Menschen tage- und wochenlang ihre Wohnungen nicht verlassen durften.

Durch die Maßnahmen gerade zu Anfang des Jahres hatte Chinas Wirtschaft zunächst einen schweren Schlag bekommen. Im ersten Quartal war sie um 6,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum geschrumpft. Inzwischen verläuft das Leben in der Volksrepublik wieder nahezu normal.

Erst Anfang Oktober reisten Hunderte Millionen Menschen zur „Golden Week“, einer Feiertagswoche, innerhalb Chinas zu touristischen Zielen. Die Produktion hatte recht schnell wieder an Fahrt aufgenommen. Die Importe seien zum Teil auch deswegen gestiegen, weil die Binnennachfrage von staatlichen Investitionen in Infrastruktur und der Industrieproduktion angetrieben wurde, sagte Yue Su, China-Ökonomin bei der Economist Intelligence Unit.

Die Verkäufe im Einzelhandel erholten sich hingegen lange Zeit nur sehr schleppend. Erst im August stiegen sie erstmals in diesem Jahr wieder leicht um 0,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum an. Eine Ausnahme bildeten die Autoverkäufe. Im September wurden 1,94 Millionen Pkws, SUVs und kleinere Mehrzweckfahrzeuge in China verkauft. Das waren 7,4 Prozent mehr als im Vorjahresmonat, wie der Branchenverband PCA (China Passenger Car Association) am Dienstag mitteilte. Es war der dritte Monat in Folge, in denen die Verkäufe gegenüber dem Vorjahreszeitraum gewachsen sind. Davon profitiert die deutsche Autoindustrie.

Am kommenden Montag verkündet China seine neuesten Zahlen zum Wirtschaftswachstum. Beobachter erwarten nach dem zweiten Quartal für das dritte ein weiteres Anziehen des Wachstums.