Werbung
Deutsche Märkte schließen in 1 Stunde 44 Minute
  • DAX

    17.717,93
    -119,47 (-0,67%)
     
  • Euro Stoxx 50

    4.917,56
    -19,01 (-0,38%)
     
  • Dow Jones 30

    37.932,07
    +156,69 (+0,41%)
     
  • Gold

    2.399,60
    +1,60 (+0,07%)
     
  • EUR/USD

    1,0675
    +0,0028 (+0,27%)
     
  • Bitcoin EUR

    60.781,28
    +2.240,16 (+3,83%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.330,02
    +17,40 (+1,33%)
     
  • Öl (Brent)

    82,97
    +0,24 (+0,29%)
     
  • MDAX

    25.947,67
    -241,77 (-0,92%)
     
  • TecDAX

    3.189,39
    -21,45 (-0,67%)
     
  • SDAX

    13.912,70
    -119,67 (-0,85%)
     
  • Nikkei 225

    37.068,35
    -1.011,35 (-2,66%)
     
  • FTSE 100

    7.834,32
    -42,73 (-0,54%)
     
  • CAC 40

    8.015,29
    -7,97 (-0,10%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.561,41
    -40,09 (-0,26%)
     

Als Chefkontrolleur der Commerzbank muss es der Sanierungsexperte mit einem starken Großinvestor aufnehmen

Der Ex-Chef der Landesbank Baden-Württemberg gilt als Fachmann für Banken in heiklen Situationen. Die Commerzbank könnte sein schwerster Fall werden.

Der frühere Chef der Landesbank Baden-Württemberg gilt als Favorit für den Aufsichtsratsvorsitz bei der Commerzbank. Foto: dpa
Der frühere Chef der Landesbank Baden-Württemberg gilt als Favorit für den Aufsichtsratsvorsitz bei der Commerzbank. Foto: dpa

Kaum ein Interview hat Hans-Jörg Vetter in seinen sieben Jahren als Vorstandschef der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) gegeben. Der heute 67-jährige Bankmanager, der bis 2016 an der LBBW-Spitze stand, drängte sich nie in die Öffentlichkeit. Als möglicher Vorsitzender des Commerzbank-Aufsichtsrats muss Vetter allerdings damit rechnen, weitaus mehr im Blickpunkt zu stehen.

Vetter gilt als aussichtsreicher Kandidat für den Posten des Chefkontrolleurs der Commerzbank. Schon am Montag könnte der Aufsichtsrat der zweitgrößten deutschen Privatbank darüber entscheiden. Vor knapp einem Monat hatten überraschend der bisherige Commerzbank-Chef Martin Zielke sowie Aufsichtsratschef Stefan Schmittmann nach einer Aktionärsrevolte durch den US-Fonds Cerberus ihre Rücktritte angekündigt.

WERBUNG

Doch bereits vor der Entscheidung über die Spitzenpersonalie droht Streit: Im Kreis der Großaktionäre gibt es erhebliche Vorbehalte gegen Vetter. Im fehle die Erfahrung wenn es um die Führung einer börsennotierten internationalen Großbank gehe, monieren die Kritiker. Außerdem sei der Ex-Banker bereits drei Jahre aus dem Geschäft und kenne sich mit wichtigen Themen wie dem Privatkundengeschäft oder der Digitalisierung nicht aus. Deshalb sei er nicht der richtige Kandidat für den Posten.

Die Commerzbank steht im Zuge ihrer Neuausrichtung vor harten Einschnitten. Insgesamt sollen rund 10.000 Arbeitsplätze abgebaut werden und damit etwa jede vierte Stelle. Auch die Zahl der Filialen dürfte drastisch sinken. Auseinandersetzen muss Vetter sich dabei mit dem rebellischen US-Großaktionär Cerberus, der sich bereits – erfolgreich – mit Zielke und Schmittmann angelegt hat.

Mit dem Schrumpfen von Banken kennt Vetter sich jedenfalls aus. Er gilt als erfahrener Sanierer. 2009 rückte Vetter an die Spitze der LBBW, die wegen hochriskanter Geschäfte mit komplexen Finanzprodukten ins Wanken geraten war und von den staatlichen Eigentümern gerettet werden musste. Seit Langem schon erzielt die Landesbank wieder Gewinne.

Zuvor hatte der Immobilienexperte die Landesbank Berlin, die aus der skandalumwitterten Bankgesellschaft Berlin hervorgegangen war, mit harten Einschnitten wieder auf Kurs gebracht. In der Finanzkrise holte der angeschlagene – und später verstaatlichte – Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate Vetter zwischenzeitlich in den Aufsichtsrat.

Vetter, der sich selbst als „ordentlichen Bank-Handwerker“ sieht, ist nicht nur ein Sanierungsfachmann, sondern auch ein Banker alter Schule: stets korrekt gekleidet – mit Anzug und Krawatte und meist mit Einstecktuch. Bei der LBBW kam dem gebürtigen Göppinger zugute, dass er weiß, wie die Schwaben ticken, und so auch einen engen Austausch mit den großen heimischen Unternehmenskunden der Landesbank pflegen konnte.

Strikter Sanierungskurs bei der LBBW

Wegbegleiter beschreiben Vetter als jemanden, der gern Klartext redet. Das machte er auch zum Amtsantritt bei der LBBW deutlich: Gleich zu Beginn erklärte er gegenüber den Mitarbeitern, dass 2.500 Stellen wegfallen – jeder fünfte Job. Trotzdem bekam er am Ende Beifall von den Beschäftigten.

Mit den Mitarbeitern sei der Bankchef aber wenig einfühlsam umgegangen, „knorrig“ sei Vetter aufgetreten, finden Insider. Was andere denken, sei Vetter egal gewesen. Kritiker unter den Ex-Kollegen unterstellen dem Sanierer eine gewisse Rücksichtslosigkeit, die sich nicht nur im Großen sondern auch im Kleinen gezeigt habe. So habe der Bankchef auch in Konferenzen Pfeife geraucht – wo andere für die Raucherpause selbstverständlich vor die Tür gingen.

Auch wenn die LBBW bereits lange wieder schwarze Zahlen schreibt, hat das Schrumpfen nach „Rasenmähermethode“, wie manche Mitarbeiter kritisieren, seine Grenzen. Vetter wird nachgesagt, dass er mehr Sanierer denn Stratege sei. Sein Nachfolger an der LBBW-Spitze, Rainer Neske, erwähnte denn auch gleich bei seiner ersten Pressekonferenz: Die Bank habe sehr lange auf Risiko- und Bilanzabbau gesetzt. Das sei aber kein Unternehmenszweck.

Zudem stecken Teile der LBBW noch immer im Umbau. Die Tochter BW-Bank, die sich an Privatkunden und kleine Firmenkunden richtet, streicht ihr Filialnetz deutlich zusammen. 100 Filialen von einst fast 170 sollen am Ende noch übrig bleiben – womöglich wird die Zahl angesichts des Digitalisierungsschubs in der Coronakrise noch weiter sinken. Anders als noch mit Vetter als Bankchef beschlossen, soll es künftig nun doch keine reinen Beratungsfilialen geben, die Kunden nur mit Termin aufsuchen können.

Die größte Zeit seines Berufslebens hat Vetter, der seine Karriere bei der Deutschen Bank startete, im öffentlich-rechtlichen Bankensektor verbracht. Vetter gehörte vor seinem Sanierungsjob in Berlin dem Vorstand der Landesbank Hessen-Thüringen an, die der im Jahr 2000 verließ. Damals unterlag er im Kampf um den Chefposten.

Im öffentlich-rechtlichen Bankenlager und in der baden-württembergischen Landespolitik galt Vetter immer als gut vernetzt. Einen engen Draht braucht er bei der Commerzbank nicht nur zum Bund als Hauptaktionär, sondern auch in die USA. In Finanzkreisen heißt es, dass der neue Kandidat bislang keinen Kontakt zu Cerberus hatte. Einer, der Vetter gut kennt, meint: „Ein Freund von Cerberus wird er sicher nicht.“