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Warum der Chef der US-Luftfahrtaufsicht den Krisenjet 737 Max selbst testet

Steve Dickson will mit seinem persönlichen Testflug das Vertrauen in das Flugzeug wiederherstellen. Damit will der FAA-Chef zeigen, dass seine Behörde genau hinschaut.

Er hat es immer wieder versprochen, nun will Steve Dickson liefern. Der Chef der US-Luftfahrtaufsicht FAA will sich an diesem Mittwoch selbst ans Steuer des Krisenjets Boeing 737 Max setzen und prüfen, ob die Steuerung des Kurz- und Mittelstreckenflugzeugs mittlerweile einwandfrei funktioniert.

Es ist ein Flug, der weltweit hohe Aufmerksamkeit bekommen wird. Dabei ist das eigentliche Flugtestprogramm der FAA bereits abgeschlossen, die Auswertung der dabei gewonnenen Daten läuft auf Hochtouren. Doch Dickson weiß: Es geht darum, das Vertrauen zurückzugewinnen – das in die 737 Max, aber auch das in die Kompetenz der Behörde.

Seit März 2019 steht die Max mittlerweile am Boden. Eine fehlerhafte Software soll dafür verantwortlich sein, dass zwei Flugzeuge abstürzten und dabei 346 Menschen in den Tod rissen.

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Das seit vielen Jahrzehnten im Einsatz befindliche Flugzeug musste für die Modernisierung umgebaut werden, damit die effizienteren, dafür aber größeren Triebwerke unter die Flügel passten. Das sorgte dafür, dass der Jet dazu neigt, zu steil aufzusteigen und am Ende den Auftrieb zu verlieren. Die Software sollte das eigentlich verhindern, griff aber so stark ein und drückte die Maschine so heftig zu Boden, dass es den Piloten nicht gelang, den Jet unter Kontrolle zu bringen.

Der folgenschwere Fehler wurde nicht nur Boeing angelastet und stürzte den US-Konzern in eine schwere Krise. Auch die FAA steht massiv unter Beschuss, weil die Kontrolleure bei der Zulassung des Flugzeugs zu lasch vorgegangen sein und sich zu sehr auf Aussagen des Herstellers verlassen haben sollen.

Max stürzte auch die Behörde in eine Krise

Dickson selbst war damals noch nicht Chef der FAA. Er wurde erst im März 2019, also unmittelbar nach Beginn der schweren Krise, von US-Präsident Donald Trump nominiert – nicht zuletzt, um die Krise bei der FAA zu bewältigen. Im Juli 2019 folgte dann die offizielle Berufung durch das Votum des US-Senats. Seitdem ist der 63-Jährige auch dadurch aufgefallen, dass er klare Worte schätzt.

Dickson war es, der den langjährigen und mittlerweile zurückgetretenen Boeing-Chef Dennis Muilenburg verbal angriff. Mehrfach forderte er ihn öffentlich dazu auf, längst überfällige Unterlagen vorzulegen. Ungewöhnlich in der bisherigen Zusammenarbeit zwischen FAA und Flugzeugherstellern war auch ein anderer Vorgang. Der FAA-Chef wies Boeing zurecht, weil sich das Management wiederholt zur angeblich baldigen Wiederzulassung der Max geäußert hatte. Der CEO habe „unrealistische“ Vorstellungen, ermahnte Dickson Muilenburg.

Gleichzeitig stellte sich der 63-Jährige wieder und wieder vor seine so gescholtenen Mitarbeiter. In einer Videobotschaft forderte er die Belegschaft im vergangenen November dazu auf, sich die Zeit für die Prüfung des Flugzeugs zu nehmen, die notwendig sei. „Es wird erst dann wieder in den Dienst treten, wenn wir das für richtig halten“, sagte Dickson.

Und er band frühzeitig alle Beteiligten bei der Wiederzulassung des Flugzeug mit ein. So lud Dickson Piloten der Max in den Simulator ein, etwa um zu prüfen, ob die Änderungen, die Boeing vornahm, ausreichen oder Nachbesserungsbedarf besteht.

Dabei musste Dickson wegen der Max-Krise selbst wiederholt heftige Kritik einstecken. Von einer Mauertaktik bei der FAA und einer „Kultur der Geheimhaltung“ war die Rede, die zum Beispiel die Ermittlungen des Falls angeblich behinderten. Dickson wies solche Kritik stets zurück.

Ruhe bewahren und gleichzeitig die Kontrolle nicht zu verlieren – das hat der 63-Jährige während seiner Karriere als Pilot gelernt. Stephen Marshall Dickson – so sein vollständiger Name – begann seine berufliche Laufbahn bei der US Air Force. Dort flog er den Kampfjet F-15.

Später wechselte er zu der US-Airline Delta und blieb dort 27 Jahre. Er steuerte zunächst die Boeing-Modelle 727, 737, 757 und 767, aber auch den Airbus A320, den Rivalen der 737. Dann wechselte er in die Administration der Airline und war zuletzt Chef des operativen Flugbetriebs, zu dem neben dem Thema Sicherheit auch die Pilotenausbildung zählte.

Dickson, geboren in Lake Charles in Louisiana, weiß also, worauf es ankommt – auch wenn er jetzt in die Kanzel der Max steigt. Es ist eine Herkulesaufgabe, die auf den 63-Jährigen wartet. Denn das Misstrauen vieler Kunden gegenüber der Max ist groß.

Die vielen Monate für das Ausmerzen des Fehlers waren anstrengend. Immer neue Details über Probleme des Flugzeugs und die lange Prozedur der Wiederzulassung haben ihren Teil dazu beigetragen. Und auch die Piloten werden erst langsam wieder Zutrauen in den Jet fassen.

Dennoch soll die Max noch in diesem Jahr zugelassen werden. Auch bei der europäischen Aufsicht EASA läuft das Prüfverfahren auf Hochtouren.