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Börse-Chef Weimer soll Aufsichtsrat der Deutschen Bank werden

Weimer gilt als potenzieller Nachfolger von Chefkontrolleur Paul Achleitner. Dafür müsste er seinen Chefposten bei der Börse aber frühzeitig abgeben.

Theodor Weimer spricht bei öffentlichen Auftritten stets frei – und schaut bei seinen Ausführungen gerne über den eigenen Tellerrand hinaus. Beim Neujahrsempfang der Deutschen Börse Anfang Februar redet der Vorstandsvorsitzende über den Brexit, die Herausforderungen der Geldpolitik und den Zusammenhalt in Europa. Als EZB-Präsidentin Christine Lagarde auf dem Empfang zu später Stunde nichts Deftiges mehr essen möchte, organisiert Weimer persönlich schnell eine Nachspeise für seinen prominenten Gast.

Keine Frage, Weimer ist auf der großen Bühne trittfest und bestens vernetzt, in der Politik ebenso wie innerhalb der globalen Finanzelite. Kein Wunder, dass ein neues Amt des CEO nun Anlass zu Spekulationen gibt.

Denn Weimer soll in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank einziehen – und niemand bestreitet, dass ihn das zu einem potenziellen Kandidaten für die Nachfolge von Paul Achleitner an der Spitze des Gremiums macht. Hitzig diskutiert wird die Personalie dennoch.

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Kritiker warnen vor Interessenkonflikten. Achleitners Amtszeit endet 2022. Als langjähriger Chef der Hypo-Vereinsbank und davor Partner im Investmentbanking von Goldman Sachs besitzt Weimer die nötige fachliche Expertise dafür.

Denn außer ihm besitzt im Aufsichtsrat nur noch Norbert Winkeljohann, der frühere Deutschlandchef der Prüfungsgesellschaft PwC, die nötige Fachkenntnis und Vernetzung für eine solche Position. Auf der Hauptversammlung des Instituts soll Weimer sich den Aktionären zur Wahl stellen, weil die Aufsichtsrätin Katherine Garrett-Cox das Gremium verlässt. Das hat das Kreditinstitut am Freitag angekündigt.

Lob und Kritik

Für die Deutsche Bank ist die Personalie ein Coup. „Mit Theodor Weimer, der neu in den Aufsichtsrat einziehen soll, gewinnen wir einen Kenner der deutschen und europäischen Finanzindustrie und herausragenden Banker für den Aufsichtsrat der Deutschen Bank“, sagt Achleitner.

An Weimers fachlichen Qualitäten gibt es keine Zweifel. „Auch wenn ich mich ungern zu Namen äußere, aber das ist eine exzellente Wahl!“, kommentiert der Frankfurter Bankenprofessor Sascha Steffen auf Twitter.

„Wir sehen die Nominierung von Herrn Weimer grundsätzlich positiv, denn er bringt die erforderliche Branchenexpertise mit und genießt eine hohe Reputation“, sagt Vanda Heinen, Analystin mit Schwerpunkt Corporate Governance bei Union Investment. Ihr einziger Vorbehalt: „Um sich nicht dem Vorwurf der Ämterhäufung auszusetzen, sollte Herr Weimer sein Aufsichtsratsmandat beim FC Bayern München aufgeben.“

Die Fondsgesellschaft Deka, einer der Top-20-Investoren der Bank, hält die Personalie für brisanter. „Theodor Weimer ist unzweifelhaft eine Bereicherung für den Aufsichtsrat der Deutschen Bank. Aber solange er Chef der Deutschen Börse ist, ist das ein glasklarer Interessenkonflikt“, sagt Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance von Deka Investment. Der Chef der Börse müsse möglichst neutral sein. „Wir prüfen, ob und was das für unser Abstimmungsverhalten bei der Hauptversammlung der Deutschen Bank bedeutet“, so Speich.

Auch der Frankfurter Bankenprofessor Volker Brühl ist skeptisch: „Die Deutsche Börse ist als Infrastrukturbetreiber Dienstleister aller Marktteilnehmer. Es könnte Wettbewerber der Deutschen Bank stören, wenn der CEO der Börse bei einem der wichtigsten Kunden eine exponierte Rolle einnimmt“, twittert er. An Weimers Qualifikation zweifelt er nicht.

Mit Interessenkonflikten hat die Bank schlechte Erfahrungen gemacht. Jürg Zeltner, Ex-Vorstand der UBS, musste sich nach wenigen Wochen wieder aus dem Aufsichtsrat verabschieden. Die Aufseher hatten Druck gemacht, weil Zeltner als Chef und Investor bei der Luxemburger Privatbankengruppe KBL für einen direkten Wettbewerber des Frankfurter Geldhauses arbeitete.

So ein Szenario ist nun aber nicht zu erwarten. In Finanzkreisen heißt es, die Bank habe die Personalie vorab mit den Aufsehern erörtert. Zudem sei die Börse kein direkter Konkurrent der Deutschen Bank, daher ließen sich eventuelle Interessenkonflikte ohne größere Probleme managen. Ein Geschmäckle würde aber wohl dennoch bleiben.

Keine Doppelrolle möglich

Spätestens wenn Weimer Chefkontrolleur von Deutschlands größtem Geldhaus werden sollte, müsste er seinen Chefposten bei der Börse aufgeben. „Solange Herr Weimer Vorstandsvorsitzender der Deutschen Börse ist, kommt ein Amt als Aufsichtsratschef nicht infrage“, sagte eine Sprecherin der Börse.

Weimer ziehe als einfaches Mitglied in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank ein, betonte sie. „Die Frage des Aufsichtsratsvorsitzes stellt sich zurzeit nicht.“

Für seine Kandidatur als einfacher Deutsche-Bank-Aufsichtsrat hat Weimer Finanzkreisen zufolge grünes Licht von Börse-Aufsichtsratschef Joachim Faber bekommen. Innerhalb des Unternehmens hoffen viele, dass der Vorstandschef seinen bis Ende 2024 laufenden Vertrag erfüllt – er hat den Kontrakt schließlich erst Mitte Februar verlängert.

Weimer selbst reagiert genervt, wenn er intern auf die seit Monaten kursierenden Gerüchte angesprochen wird, er könnte eines Tages die Achleitner-Nachfolge antreten. Auf der Bilanzpressekonferenz im Februar sagte er, er habe „noch keine Nanosekunde“ darüber nachdacht, was er nach dem Ablauf seines Vertrags 2025 machen werde. „So viel strategisches Denken in eigener Sache gibt es bei mir nicht.“

Weimer stößt in einer Phase zur Deutschen Bank, in der sie im größten Konzernumbau ihrer Geschichte steckt. Diesem sollen 18 000 Jobs zum Opfer fallen. Auch der Bonus-pool für die Mitarbeiter wurde verkleinert. An ihre rund 88 000 Mitarbeiter zahlt die Bank für das vergangene Geschäftsjahr 1,5 Milliarden Euro an Bonuszahlungen aus, zeigt der Geschäftsbericht der Bank. Das sind rund 22 Prozent weniger als die 1,9 Milliarden Euro für das Jahr 2018.

Allerdings hat die Deutsche Bank bereits viele hochbezahlte Investmentbanker entlassen. Auch deshalb gibt es bei der Bank mit 583 weniger Einkommensmillionäre als vor einem Jahr, als noch 643 Mitarbeiter mehr als eine Million Euro verdienten.

Ein Deutschbanker – im Geschäftsbericht nicht namentlich genannt – muss sich um die Folgen des Coronavirus für die Deutsche Bank wohl keine materiellen Sorgen machen: Seine Gesamtvergütung für 2019 summiert sich auf mehr als 13 Millionen Euro.
Das Gesamtgehalt des Spitzenverdieners ist damit so hoch wie die gesamte variable Vergütung des Vorstands für 2019.

Denn trotz des Milliardenverlusts im vergangenen Jahr bekommt der Vorstand einen Bonus von 13,3 Millionen Euro und damit rund halb so viel wie im Vorjahr, als die Topmanager 25,8 Millionen Euro erhielten. Inklusive Fixgehalt und Zulagen bezogen die Vorstände um Konzernchef Christian Sewing 34,8 Millionen Euro, nach 52,2 Millionen im Vorjahr. Sewing selbst erhielt fünf Millionen Euro – zwei Millionen weniger.

Wenig Neues zu Corona

Weniger erkenntnisreich als die Personalentscheidungen waren die Aussagen der Bank in ihrem Geschäftsbericht zur Coronakrise und ihren wirtschaftlichen Auswirkungen. Zwar kommt der Begriff Covid-19 auf den 517 Seiten genau 31-mal vor. Doch im Brief des Vorstandsvorsitzenden Christian Sewing heißt es nur: „Zum Jahresstart hat sich der positive Trend des vierten Quartals 2019 fortgesetzt. Was allerdings die Covid-19-Pandemie konkret für die globale Volkswirtschaft und für unsere Bank bedeutet, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vorhersagen.“

Zumindest ein bisschen konkreter wird die Bank bei ihrem Ausblick. Dort warnt das Geldhaus, dass „wir in erheblicher Weise durch einen anhaltenden Abschwung von lokalen, regionalen oder globalen wirtschaftlichen Bedingungen negativ beeinträchtigt werden können“. Angesichts der Ungewissheit über die Ausbreitung, die Dauer und die Marktauswirkungen von Covid-19 berücksichtigten die zukunftsgerichteten Annahmen derzeit keine möglichen Auswirkungen daraus.

Im vergangenen Jahr sorgte der radikale Umbau für einen Verlust von 5,7 Milliarden Euro. Für 2020 hatte Sewing den Investoren beim operativen Gewinn eine schwarze Null versprochen, das war allerdings, bevor die Pandemie alle Planungen infrage stellte.