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Chaos auf der Straße? Der neuen Autobahngesellschaft fehlen wichtige Kompetenzen

Ab Januar verantwortet die Autobahn GmbH des Bundes die Autobahnen. Das Problem: Ihre Mitarbeiter dürfen die Autobahn nicht betreten, weil die rechtlichen Voraussetzungen fehlen.

Droht auf den Autobahnen der Verkehrskollaps? Der neuen Autobahngesellschaft fehlen wichtige Kompetenzen, um ab Januar die Betreuung der Fernstraßen zu übernehmen. Foto: dpa
Droht auf den Autobahnen der Verkehrskollaps? Der neuen Autobahngesellschaft fehlen wichtige Kompetenzen, um ab Januar die Betreuung der Fernstraßen zu übernehmen. Foto: dpa

Es schneit, die Fahrbahn vereist, und weit und breit ist kein Streufahrzeug in Sicht: Was nach einem Horrorszenario für Autofahrer aussieht, könnte am 31. Dezember um Mitternacht auf deutschen Autobahnen zur Realität werden. Ab dem 1. Januar wird die neu gegründete Autobahn GmbH für die Fernstraßen zuständig sein – doch die neue Gesellschaft wird mitten im Winter ihre Mitarbeiter nicht auf die Autobahnen schicken dürfen.

Bislang war es Sache der Bundesländer. Sie pflegten und verwalteten die Autobahnen im Auftrag des Bundes – und erteilten ihren Straßenverwaltungen Sondergenehmigungen für Baufahrzeuge oder Kehrdienste, damit diese ausschwärmen durften.

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Mit der Zentralisierung in Form der Autobahn GmbH sowie einem neuen Bundesamt hat das Bundesverkehrsministerium unter Minister Andreas Scheuer (CSU) bislang versäumt, die neue Organisation mit entsprechenden hoheitlichen Rechten auszustatten. Also darf die Autobahn GmbH bislang ihre Mitarbeiter nicht auf die Autobahnen entsenden, um Straßen zu kehren, Baustellen einzurichten oder Straßenschilder aufzustellen.

„Wenn die Autobahn GmbH des Bundes nach ihrem Start keine Baustellen errichten und betreiben dürfte, würde das ganze Projekt ad absurdum geführt werden“, warnt Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe. Verkehrsrechtliche Regelungen dürften „nicht zum Bremsklotz für die Bautätigkeit im Straßenbau werden“. Die Branche befürchtet „einen Baustopp auf den Autobahnen“.

Die fehlenden Sonderrechte sind nur die jüngste Absurdität in der pannenreichen Reformgeschichte der Autobahnverwaltung. 2017 hat sie der Bund den Ländern abgerungen, damit die 16 Landesverwaltungen mit ihren unzähligen IT-Systemen, Fuhrparks, Liegenschaften und 15.000 Mitarbeitern binnen drei Jahren in einer neuen Zentralstruktur aufgehen.

Inzwischen steht fest, dass die Wünsche der Politiker mit der Realität nicht in Einklang stehen. Die Länder werden über Jahre weiter mit ihrer Expertise aushelfen müssen; von Effizienz durch Zentralisierung ist keine Rede mehr. Man könne schon froh sein, wenn ab Januar die Gehälter pünktlich und in korrekter Höhe gezahlt werden, sagen Insider.

Länder sollen zuständig bleiben

Auch bei den dringend benötigten Ausnahmegenehmigungen für Arbeiten der Autobahn GmbH werden die Länder weiterhin gefordert sein. Dies geht aus dem Entwurf einer Straßenverkehrsordnung hervor, die dem Handelsblatt vorliegt. Demnach ist zwar das Fernstraßen-Bundesamt künftig für „die Übertragung bestimmter straßenverkehrsrechtlicher Zuständigkeiten für Bundesautobahnen“ zuständig und kann diese hoheitlichen Aufgaben an die privatwirtschaftlich organisierte Autobahn GmbH des Bundes übertragen.

Allerdings sollen die Zuständigkeiten doch „im Wesentlichen bei den Ländern verbleiben“, heißt es in dem Entwurf. „Dies dient auch der Rechtsklarheit.“ Sonst entstünde eine „für Bürger und Wirtschaft nicht überblickbare Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern bei Erlaubnissen und Ausnahmegenehmigungen“. Nach sieben Jahren soll die Regelung evaluiert werden.

So sollen die Bundesländer etwa auch in Zukunft Schwerlasttransporte genehmigen, da diese meist nur über eine Bundesstraße eine Autobahn erreichen können. Der Bund hingegen soll für den Lärmschutz und damit für die Aufstellung von Tempolimits zuständig sein. Allerdings pocht etwa Bayern darauf, weiter für die Schilder zuständig zu sein, heißt es in Verhandlungskreisen.

Es geht um zigtausende Genehmigungen, die jedes Jahr für die Arbeit auf den 13.000 Kilometern Autobahn erteilt werden. Der Bund hat für sich überschlägig Kosten von rund elf Millionen Euro im Jahr ermittelt, der Großteil der Kosten dürfte weiter wie in der Vergangenheit bei den Ländern verbleiben.

Nicht nur angesichts der Kosten sorgt der Verordnungsentwurf für Kritik. Man hätte die hoheitliche Aufgabe schon vor ein oder zwei Jahren übertragen können, klagt Uwe Lahl, Amtsleiter im baden-württembergischen Verkehrsministerium. „Die entsprechende Verordnung erst jetzt auf die Reise zu schicken kann zu großen Problemen führen“, warnt er. „Ich hoffe, dass es eine Einigung im Bundesrat geben wird.“ Allerdings befürchtet er ein Kompetenzwirrwarr durch die neue Verordnung.

Einigungszwang im Bundesrat

Beim Ringen um die Verordnung sehen die Länder aber auch „Einigungszwang“, wie es Bernd Buchholz, Landesminister in Schleswig-Holstein nennt. „Eine politische Blockade würde dazu führen, dass der Konflikt auf dem Rücken der Wirtschaft ausgetragen wird“, warnt der FDP-Politiker. Buchholz hofft, dass sich ein Kompromiss finden lassen wird. „Wir dürfen auf keinen Fall eine Regelungslücke entstehen lassen.“

Eine solche Regelungslücke will auch Verkehrsminister Scheuer vermeiden. Mitte vergangener Woche hatte er sich mit den Geschäftsführern der Autobahn GmbH getroffen. Es ging um die „Tag-1-Bereitschaft“, jenen Tag also, an dem die Arbeit des Bundes startet. Hinterher war von „konstruktiven Gesprächen“ die Rede, allerdings ist allen bewusst, dass sowohl Geld, Personal und jene rechtlichen Voraussetzungen für den Tag 1 fehlen. „In einigen Niederlassungen stehen die Ampeln auf Tiefrot“, berichten Kenner der Materie. Anfang dieser Woche gab es ein weiteres Treffen im Ministerium.

Am Freitag dann hatte Scheuer sich mit einigen Landesverkehrsministern beraten, um eine Lösung im festgefahrenen Streit um den Bußgeldkatalog zu beraten und die dazu gehörige Straßenverkehrsordnung doch noch in diesem Jahr zu beschließen. Nach dem Treffen hieß es, beide Verordnungen – Bußgeldkatalog und Kompetenzen für die neue Zentralverwaltung der Autobahnen – könnten womöglich Anfang November im Bundesrat gemeinsam verhandelt werden.

„Sicher ist das aber nicht“, hieß es in Verhandlungskreisen. Es ist der womöglich letzte Termin, schließlich muss die Verordnung noch im Bundesanzeiger erscheinen bevor sie gilt. Erst dann hätten die Mitarbeiter der neuen Autobahn-Gesellschaft auch die Zutrittserlaubnis zu ihren Straßen.