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Chaos beim Online-Banking: Immer mehr Kunden ärgern sich über komplizierten Kontozugriff

Seit einem Monat gelten neue Regeln für den Zugriff auf das Bankkonto. Die Zahl der Kundenbeschwerden ist zuletzt noch gestiegen.

Wer per Internet auf sein Konto zugreifen will, muss dabei häufig eine Tan eingeben. Foto: dpa
Wer per Internet auf sein Konto zugreifen will, muss dabei häufig eine Tan eingeben. Foto: dpa

Die zweite europäische Zahlungsdiensterichtlinie – PSD2 – sollte den Zahlungsverkehr eigentlich nicht nur sicherer, sondern auch bequemer machen. Doch davon spüren die Verbraucher derzeit nichts. Wollen sie online oder per Smartphone-App auf ihr Konto zugreifen, ist das nun häufig komplizierter.

Einen Monat nach Inkrafttreten der neuen Regeln steigt die Zahl der täglichen Beschwerden bei den Verbraucherzentralen noch an – und bei etlichen Bankkunden könnten die Probleme sogar erst im Dezember anfangen.

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Verbraucher verzweifeln am neuen Anmeldeverfahren für das Konto der DKB, sie erreichen den Kundenservice der Comdirect nicht oder können sich trotz Freischaltcode nicht ins Online-Banking der Postbank einloggen. In den vergangenen vier Wochen sind bei Kay Görner, Referent beim Marktwächter Finanzen der Verbraucherzentralen, mehr als 300 solcher Meldungen eingegangen. Und die Probleme lassen nicht nach. „Momentan steigt die Zahl der täglichen Beschwerden sogar noch“, sagte Görner dem Handelsblatt. Allein in der vergangenen Woche habe er etwa 100 Beschwerden gezählt.

Das könnte daran liegen, dass manche Kunden erst jetzt wieder ihr Online-Banking nutzen möchten. Für wahrscheinlicher hält Görner aber die Erklärung, dass die Bekanntheit der Marktwächter als Beschwerdestelle steigt. Auch bei der Finanzaufsicht Bafin mehren sich Beschwerden. Zwischen dem 14. September und 10. Oktober verzeichnete die Behörde 1.049 Kundenbeschwerden zu Banken – zweieinhalbmal so viel wie in einem durchschnittlichen Monat im vergangenen Jahr.

Nach Angaben einer Sprecherin der Bafin könne allerdings noch nicht abschließend beurteilt werden, ob die geschilderten Probleme primär auf Fehler der Institute oder doch auf Bedienungsfehler oder Unsicherheiten seitens der Kunden zurückzuführen seien. Man behalte das im Blick.

Schwierigkeiten bereitet den Verbrauchern insbesondere die sogenannte Zwei-Faktor-Authentifikation beim Konto-Login. Neben dem Passwort müssen die Kunden jetzt noch einen „zweiten Faktor“ eingeben. Den bekommen sie teils per SMS, über sogenannte Foto- und Push-Tan-Apps oder über Tan-Generatoren. Nicht alle Kunden waren darauf vorbereitet. Zudem sorgen auch verschiedene Rhythmen der Abfragen für Verwirrung.

Bei einigen Banken wie der DKB und Commerzbank müssen Kunden seit dem 14. September bei jedem Kontozugriff den zweiten Faktor eingeben. Bei der Comdirect und den Sparkassen ist das nur alle 90 Tage nötig.

Bei der Deutschen Bank sollen die Kunden ab 23. Oktober selbst entscheiden, wie oft sie sich mit Tan identifizieren wollen. Manche Geldhäuser wie die Sparkassen haben sich zudem eines Kniffs bedient, der dazu führt, dass ihre Kunden erst im Dezember zum ersten Mal beim Konto-Login einen zweiten Faktor vorweisen müssen. Dafür nutzen sie den 90-Tage-Rhythmus und haben sie ihre Systeme so eingestellt als hätten sich die Kunden bereits am 13. September per Tan identifiziert. Finanzexperten zufolge bleibt abzuwarten, ob die Umstellung dann reibungslos funktioniert.

Eine repräsentative Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut Yougov im Auftrag des Handelsblatts durchgeführt hat, warf am Dienstag ein besseres Bild auf den Status Quo: Darin zeigte sich die Hälfte der mehr als 500 Befragten zufrieden mit den Änderungen im Online-Banking. 27 Prozent waren nicht oder nur teilweise zufrieden.

Verbraucherschützer fordern Erreichbarkeit der Banken

Verbraucherschützer beklagen bei den aktuellen Problemen insbesondere die teilweise schlechte Erreichbarkeit des Kundenservices. „Banken sind gesetzlich dazu verpflichtet, gerade bei Kontensperren für ihre Kunden erreichbar zu sein, das ergibt sich schon aus § 675m Abs. 1 Nr. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches“, sagt Görner. Rechtsschritte gegen eine Bank einzuleiten sei aber schwierig. „Dafür müssten die Verbraucher schon sehr genau dokumentieren, wann sie versucht haben, ihre Bank zu erreichen und welche Antworten sie wann bekamen“, so der Verbraucherschützer.

Auf die Probleme angesprochen, betonen die Banken, dass es derzeit „keine generelle Störung im Online-Banking“ und „keinerlei grundsätzliche technische Einschränkungen“ gebe. Die Direktbank DKB spricht jedoch von „einem überproportional hohen Informationsbedarf auf Seiten der Kunden“ in Folge der Umstellung des Banking-Logins auf die Zwei-Faktor-Authentifizierung und daraus resultierend von einer „eingeschränkten Erreichbarkeit des Kundenservice“.

Auch ein Sprecher der Comdirect bestätigt ein weiterhin „erhöhtes Aufkommen an Kundenanfragen“, das „nicht zu hundert Prozent abgefedert“ werden könne. Manche Kunden hätten sich beispielsweise noch immer nicht für die neuen Tan-Verfahren registriert oder nutzten ein veraltetes Betriebssystem auf ihrem Smartphone, so dass die App nicht funktioniere.

Die Postbank verweist zudem auf „Streikmaßnahmen von Postbank-Beschäftigten der vergangenen Wochen“. Diese würden immer noch dazu führen, „dass die Erreichbarkeit unserer Serviceeinheiten auf den unterschiedlichen Kommunikationswegen nicht in der gewohnten Qualität gegeben ist, beziehungsweise Arbeitsrückstände aufgearbeitet werden müssen“, so eine Postbank-Sprecherin.

Bankfremde Finanz-Apps fühlen sich benachteiligt

Die vielen unterschiedlichen Sicherheitsverfahren in der Branche bereiten auch den Banken selbst Probleme. So haben beispielsweise die Comdirect und Commerzbank ihre Multibanking-Funktionen auf unbestimmte Zeit abgeschaltet. Darüber konnten Kunden ihre Konten von anderen Banken mit dem Online-Banking verknüpfen und so auf einen Blick verwalten.

Auch die Sparda-Banken München, Baden-Württemberg und Hannover haben bereits vor einem Monat ihre „Kontostands-App“ abgeschaltet. Eine Multibanking-Funktion ist auch in der Sparda-App nicht verfügbar. Die Deutsche Bank will die Multibanking-Funktion nach Angaben eines Sprechers zum 23. Oktober wieder aktivieren.

Auch Anbieter von bankfremden Finanz-Apps mussten ihre Systeme in den vergangenen Wochen an die neuen Sicherheitsverfahren der Banken anpassen. Im Vergleich zu den Apps der Banken fühlen sich die Anbieter benachteiligt.

So können manche Banking-Apps technisch mit dem Smartphone verknüpft werden, so dass schon der Besitz des Geräts als zusätzlicher Sicherheitsfaktor gewertet wird und die Extra-Tan entfällt. Bei Multibanking-Apps von Anbietern wie Outbank, Numbrs und Finanzguru ist dies dagegen nicht möglich.

Fynn Kreuz von Numbrs spricht deshalb von einer „Diskriminierung“. Die bankenseitige Umsetzung der PSD2 führe „weiterhin zu teils schweren Behinderungen bei der Nutzung von Produkten von Drittanbietern“. Darunter leidet der Bedienkomfort, da Kunden beim Aktualisieren mehrerer mit der App verknüpfter Konten auch mehrere Tan-Verfahren durchlaufen müssen.

Die Unternehmen fordern deshalb, dass Banken nur alle 90 Tage eine Tan-Abfrage verlangen. Die DKB und die Deutsche Bank ermöglichen dies bei Kontoabfragen von Drittanbietern schon. Eine Verpflichtung besteht dazu laut Bafin nicht.

Auch die Tan-Verfahren selbst stellen die App-Anbieter vor Herausforderungen. „Möchte der Nutzer eine per App generierte Tan in Outbank eingeben, muss er sich bis zu achtstellige Codes merken“, heißt es bei Outbank. Das Kopieren der Nummer sei häufig nicht möglich. Das sei „eine klare Benachteiligung von Drittanbietern und widerspricht dem Grundsatz von PSD2“.

Für Apple-Nutzer mit Apple-Watch hat der App-Anbieter allerdings schon einen technischen Umweg entwickelt: Die Photo-Tan wird auf der Uhr angezeigt und kann von dort mit dem iPhone abfotografiert werden.

Neben Privatkunden sind auch Unternehmen von der Umstellung betroffen, denn auch sie nutzen Software von Anbietern wie zum Beispiel Datev, um ihre Konten zu verwalten und Zahlungen in Auftrag zu geben. „Die Rahmenbedingungen waren schwierig, weil eine so weitreichende Veränderung des Systems mit diversen Veränderungen für die Kunden verbunden ist“, sagt Steffen Weiß, Projektleiter PSD2 des Softwareanbieters. Auch er verzeichnete viele Kundenanfragen, die nun aber langsam zurückgingen.

Neue Richtlinie PSD2: Vorsicht vor falschen Bank-Mails und Anrufen!