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Immobilienmarkt kühlt sich ab – Experten rechnen mit sinkenden Preisen

Wohnimmobilien gelten in der Krise als stabiles Investment. Doch Kurzarbeit und wirtschaftliche Sorgen verunsichern private Kaufinteressenten.

ARCHIV - Neu errichtete Mehrfamilienhäuser mit einem kleinen Privatpark sind am 06.09.2017 im Europaviertel nahe des Messegeländes in Frankfurt am Main (Hessen) zu sehen. (zu dpa «Verbandstag des Verbands der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft» vom 09.09.2017) Foto: Arne Dedert/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ Foto: dpa
ARCHIV - Neu errichtete Mehrfamilienhäuser mit einem kleinen Privatpark sind am 06.09.2017 im Europaviertel nahe des Messegeländes in Frankfurt am Main (Hessen) zu sehen. (zu dpa «Verbandstag des Verbands der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft» vom 09.09.2017) Foto: Arne Dedert/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ Foto: dpa

Viel wurde in den vergangenen Wochen gerätselt, nun hat der Immobiliendienstleister Savills erste Folgen der Corona-Pandemie am Häusermarkt festgestellt: Im April wurden in Deutschland Wohn- und Gewerbeimmobilien im Wert von 2,3 Milliarden Euro gehandelt.

Das ist der umsatzschwächste Monat seit 2012 und liegt zudem deutlich unter den 5,1 Milliarden Euro, die in den vergangenen zehn Jahren im Schnitt pro Monat gehandelt wurden.

Der Umsatz am Investmentmarkt bricht ein. Dies könnte ein vorübergehender Befund der ärgsten Shutdown-Phase sein. Es könnte aber auch ein Vorbote dessen sein, was Immobilienkäufer in den kommenden Monaten erwartet. Noch laufen die Geschäfte zwar.

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Nach wie vor können Häuser besichtigt und gekauft werden. Doch Experten rechnen in Zeiten von Kurzarbeit und steigender Arbeitslosigkeit mit sinkender Nachfrage und sinkenden Preisen am Wohnungsmarkt.

Immobilienpreise könnten stagnieren

Mit Konsequenzen rechnet auch der Verband Deutscher Pfandbriefbanken (VDP). Im ersten Quartal seien die Kaufpreise für Wohn- und Gewerbeimmobilien zwar noch um 6,3 Prozent auf ein neues Rekordniveau gestiegen, zeigt eine Analyse des Verbands.

VDP-Geschäftsführer Jens Tolckmitt geht jedoch davon aus, dass der Aufwärtstrend durch die Pandemie „deutlich verlangsamt, möglicherweise sogar komplett gestoppt“ wurde. Im zweiten Quartal rechnet Tolckmitt mit stagnierenden Preisen. Zum Jahresende werde gegenüber dem Vorjahr zwar vermutlich ein Plus stehen. Dies scheint den Annahmen des VDP zufolge aber nur dem guten Jahresstart geschuldet.

Die Banken stellen sich bereits auf ein schwächeres Kreditgeschäft ein. In der vierteljährlichen Umfrage der Bundesbank rechneten ein Großteil der befragten Banken mit einer abnehmenden Nachfrage bei den privaten Wohnungsbaukrediten. Der Saldo positiver und negativer Erwartungen liegt bei minus 59. Die Umfrage wurde zwischen dem 19. März und dem 3. April durchgeführt – also in einer Zeit, als der Corona-Shutdown am stärksten griff.

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Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln glaubt zwar, dass der Wohnimmobilienmarkt verhältnismäßig gut durch die Krise kommt, hält allerdings Preisrückgänge zwischen null und zwölf Prozent für möglich. Die Immobilienexperten vom Forschungsinstitut Empirica rechnen gar mit Korrekturen um zehn bis 25 Prozent. „Je stärker und je länger die Rezession, desto schärfer der Preiseffekt. Da eine Rezession unvermeidlich ist, gilt dies auch für die Entwicklung der Kaufpreise“, heißt es in der Analyse.

Die Aussichten erscheinen in Zeiten, da zehn Millionen Beschäftigte in Deutschland in Kurzarbeit geschickt wurden und die Arbeitslosenzahl steigt, logisch. Allein: Am Markt findet sich noch kein Beleg für die Vermutungen.

In einem Vergleich zwischen dem Niveau vor Corona und Mitte April hat das Analysehaus F+B bei den Angebotspreisen keine Nachlässe festgestellt. Diesen Befund bestätigt eine Analyse der Transaktionen über die Plattform Europace. Die Preise für Eigentumswohnungen, Einfamilienhäuser und Doppelhaushälften bleiben bislang stabil. Bei den Mehrfamilienhäusern sank der Preis indes um 7,7 Prozent auf zuletzt 1.719 Euro pro Quadratmeter. Europace ist ein Marktplatz für Immobilienkredite, über den nach Unternehmensangaben 15 Prozent aller Immobilienfinanzierungen mit Privatkunden abgewickelt werden.

Der deutsche Immobilienmarkt wird immer wieder für seine Stabilität gepriesen. Das gilt in Zeiten schwankender Aktienmärkte. Und das gilt auch jetzt in der Coronakrise. Der Immobilienverband IVD hat eine Umfrage unter 6.000 Maklern, Immobilienverwaltern, Sachverständigen und Projektentwicklern durchgeführt. Das überraschende Ergebnis: Die Befragten erwarten, dass die Preise für Wohnimmobilien im Gesamtjahr 2020 sogar um vier bis fünf Prozent steigen.

Umsätze brechen ein

Dabei laufen die Geschäfte schon jetzt alles andere als normal, zeigt der Blick auf einen weiteren Aspekt der Umfrage: Die befragten Unternehmen gaben an, in den vergangenen acht Wochen im Vergleich zum Vorjahr 50 Prozent ihres Umsatzes eingebüßt zu haben. „Es wurde weniger gehandelt. Rückschlüsse auf die Preise gibt diese Zahl aber nicht“, erklärt Schick.

Verkauft wird weiterhin, betont Sven Henkes. Er leitet die Geschäfte der Berliner Ziegert Bank- und Immobilienconsulting. „Im Vergleich zu anderen Anlageklassen gewinnen Wohnimmobilien jetzt sogar noch an Bedeutung“, sagt Henkes. Ziegert vertreibt vorrangig Wohnungen in Neubauprojekten, einige davon an Kapitalanleger. Die Nachfrage sei, je nach Projekt, wegen der Kontaktbeschränkungen in den ersten Wochen des Shutdown um 30 bis 40 Prozent zurückgegangen, befinde sich mittlerweile aber wieder auf Vor-Corona-Niveau. Bei Eigennutzern jedoch sei der Rückgang weniger stark gewesen, sagt Henkes.

Wer heute eine Wohnungsbesichtigung wünscht, muss sich auf Anpassungen an Corona einstellen: Wo es möglich ist, bieten Makler zunächst virtuelle Begehungen an. Interessenten gehen etwa dank 360-Grad-Aufnahmen der Räume zunächst am Computer oder gar mit Virtual-Reality-Brille durch die Wohnung.

Wer ernsthaft interessiert ist, erhält dann auch eine persönliche Besichtigung. Das heißt in diesen Tagen aber: mit Sicherheitsabstand und Mundschutz. „Die persönlichen Besichtigungen sind weniger geworden“, bemerkt Henkes.

Komplizierter wird es beim Kauf vermieteter Wohnungen: Die meisten Mieter wünschen aktuell keine Besichtigungen durch Käufer, berichten Makler – was wegen der Kontaktbeschränkungen bislang ohnehin nicht möglich war. Mit den Lockerungen könnte sich dies nun ändern.

Beurkundungen seien ebenfalls weiter möglich, auch bei Kontaktbeschränkungen. Die Notarkammer Berlin etwa schreibt, dass in Ausnahmefällen auch mit einzelnen Beteiligten oder mit Vertretern beurkundet werden kann. Umstritten ist indes, ob sich Käufer und Verkäufer per Videotelefonie zur Beurkundung mit dem Notar zuschalten können und die Transaktion später mit ihrer Unterschrift nachgenehmigen. Dieses Verfahren hält die Bundesnotarkammer für ungeeignet. Übertragungsfehler seien nicht auszuschließen. Außerdem drohten Haftungsrisiken für Notare, schreibt der Verband in einem Kommentar.

Trotz der Widrigkeiten zeigen sich Maklervertreter wie Henkes oder IVD-Präsident Jürgen Michael Schick demonstrativ gelassen. „Wir gehen davon aus, dass die Kaufentscheidungen nicht aufgehoben, sondern nur aufgeschoben werden“, sagt Schick. Henkes ist überzeugt, dass das Anlageinteresse angesichts der anhaltend niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt bestehen bleibt.

Bauzinsen steigen

In der Coronakrise haben die Notenbanken ihre Geldpolitik noch einmal gelockert. Die amerikanische Notenbank Federal Reserve hat den Leitzins im März abrupt auf 0,0 bis 0,25 Prozent gesenkt und ein 700 Milliarden Dollar schweres Anleihekaufprogramm angekündigt, um die Konjunktur zu stützen. Anfang März lag der Leitzins in den USA noch bei 1,5 bis 1,75 Prozent.

In der Euro-Zone lag der Leitzins schon vor Corona bei null Prozent. Die Europäische Zentralbank hat aber ein Anleihekaufprogramm in Höhe von 750 Milliarden Euro angekündigt und somit ebenfalls die Schleusen aufgemacht. Investoren werden auf absehbare Zeit also weiter renditeträchtigere Alternativen zu Staatsanleihen suchen. In der Vergangenheit waren Immobilien häufig das Mittel der Wahl.

Für Immobilienkäufer bedeuten die geldpolitischen Lockerungen trotzdem keine fallenden Zinsen in der Baufinanzierung. Zu Beginn der Coronakrise war sogar das Gegenteil zu beobachten: Mitte März war eine Finanzierung mit 15-jähriger Zinsbindung noch für 0,88 Prozent zu haben. Heute liegt der Zins bei 1,08 Prozent.

Den Aufwärtstrend erklärt Michael Neumann, Vorstand beim Finanzierungsvermittler Dr. Klein, mit der Renditeentwicklung bei Bundesanleihen. „Ich gehe von einer leichten Zinssteigerung aus, weil sich Deutschland massiv neu verschuldet, um die Auswirkungen der Coronakrise abzumildern“, sagt Neumann. Mit zunehmenden Schulden stellen Investoren aber auch die Rückzahlung eben dieser infrage und verlangen höhere Risikoaufschläge. Die Rendite der Anleihen steigt. Das beeinflusst letztlich auch die Bauzinsen, die sich an den Konditionen der Anleihen orientieren. Allerdings: Das massive Kaufprogramm der EZB mache eine stärkere Aufwärtsbewegung der Renditen unwahrscheinlich, meint Neumann.

Stillstand muss das bei den Bauzinsen nicht bedeuten. Denn für steigende Kosten sorgen offenbar auch die Finanzinstitute. „Derzeit sehen wir bei einzelnen Banken Veränderungen der Kriterien für die Vergabe eines Kredits bei neuen Finanzierungen, etwa, dass höhere Zinsaufschläge bei wenig Eigenkapital verlangt werden oder dass eine Finanzierung ohne oder mit sehr wenig Eigenkapital nicht mehr möglich ist“, sagt Jörg Utecht, CEO des Finanzierungsvermittlers Interhyp. Pauschal ließen sich die Auswirkungen der Rezession derzeit aber noch nicht abschätzen, erklärt ein Sprecher des Bundesverbands der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken.

Bei der Anzahl der vermittelten Baufinanzierungen kann die Plattform Europace für April „keinerlei Rückgänge“ feststellen. Man höre aber, dass die Banken die Anforderungen bei Immobiliendarlehen verschärften. Dies könne ein Indiz dafür sein, dass demnächst kleine Rückgänge zu erwarten seien, teilt ein Europace-Sprecher mit.

Noch nehmen Zwangsversteigerungen nicht zu

Krisen rufen immer auch Schnäppchenjäger auf den Plan, jene, die hoffen, gerade jetzt gute Geschäfte zu machen. Zwangsversteigerungen versprechen im Immobilienbereich solche Gelegenheiten. Viel zu holen gab es hier zuletzt nicht: Die Zahl der Zwangsversteigerungen ist nach Angaben des Fachverlages Argetra 2019 auf 17.614 Eigenheime und Eigentumswohnungen gefallen. 2010, kurz nach der globalen Finanzkrise, waren es noch mehr als 90.000 Immobilien.

In der Coronakrise lässt sich bislang noch keine steigende Zahl der Zwangsversteigerungen feststellen. Nach Ansicht von Argetra-Chef Axel Mohr ist dies aber noch keine Entwarnung. Gemäß des Corona-Hilfspakets der Bundesregierungen dürfen Baufinanzierungen, die vor dem 15. März 2020 abgeschlossen wurden, gestundet werden. Dies gilt vorerst für den Zeitraum vom 1. April bis zum 30. Juni.

Ob wegen der Coronakrise die Zahl ausfallender Finanzierungen steigt, wird erst in einigen Monaten ersichtlich, vermutlich erst im nächsten Jahr. „Banken müssen nach einer Kündigung noch ein halbes Jahr mit der Zwangsvollstreckung warten“, erklärt Mohr.

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