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Cerberus-Attacke auf die Commerzbank – richtige Analyse, falscher Ton

Inhaltlich stimmen viele Aktionäre und Politiker der Kritik von Cerberus an der Commerzbank zu. Die aggressive Wortwahl kommt dagegen nicht gut an.

Der Finanzinvestor Cerberus agiert gerne im Hintergrund. Vorstandschef Stephen Feinberg meidet wo immer möglich die Öffentlichkeit – und verlangt auch von seinen Mitarbeitern Diskretion.

Umso bemerkenswerter ist es, dass Cerberus nun öffentlichkeitswirksam die Konfrontation mit der Commerzbank sucht. In einem am Dienstag verschickten Brandbrief kritisierte der Finanzinvestor, der mit gut fünf Prozent an den Frankfurtern beteiligt ist, die Entwicklung des Geldhauses scharf.

Die Wortwahl in dem fünfseitigen Schreiben, das dem Handelsblatt und anderen Medien vorliegt, ist dabei äußerst ruppig. „Die unausgereiften und mangelhaft umgesetzten Bemühungen des Managements, den Niedergang der Commerzbank zu verhindern, demonstrieren ein Maß an Fahrlässigkeit und Arroganz, das wir nicht länger hinnehmen wollen“, heißt es beispielsweise.

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Cerberus kritisiert, die Commerzbank habe sich zu lange auf unprofitables Wachstum fokussiert und die Kosten nicht entschieden genug gedrückt. Andere Aktionäre, die Finanzaufsicht und auch viele Politiker teilen diese Analyse.

Den Zeitpunkt des Vorstoßes in der Coronakrise und besonders den aggressiven Ton von Cerberus finden sie jedoch unmöglich. „Der Inhalt der Kritik ist vollkommen gerechtfertigt, die Art und Weise jedoch maßlos“, sagt der CDU-Bundestagsabgeordnete Sepp Müller.

Zudem halten viele andere Aktionäre die Forderung von Cerberus nach zwei Aufsichtsratsmandaten für unangemessen. Normalerweise gelte die Faustformel, dass ein Aktionär erst ab einem Anteil von rund zehn Prozent Anspruch auf einen Sitz im Kontrollgremium habe, sagte ein Investor. Dass Cerberus zwei Mandate fordere, sei in keiner Weise nachvollziehbar.

Kritisch sehen viele auch, dass die Amerikaner das Geldhaus in dem Brief erneut auffordern, sich bei seiner strategischen Ausrichtung von ihrer Tochter Cerberus Operations Advisory Company (COAC) beraten zu lassen. Die Commerzbank hat dies – im Gegensatz zur Deutschen Bank – mit dem Verweis auf Interessenkonflikte stets abgelehnt.

„Cerberus ist in der Vergangenheit mit der unseriösen Praxis aufgefallen, bei Banken gleichzeitig als Investor, Berater und Großkunde aufzutreten“, sagt der Europaparlamentarier Sven Giegold von den Grünen. „Die scharfe Kritik an der Commerzbank wirkt wie eine Revanche für die Weigerung der Bank, ein Beratungsmandat an Cerberus zu vergeben.“

„Wir brauchen jetzt keine Revolte“

Die Amerikaner haben in ihrem Brief mit einer Aktionärsrevolte gedroht, falls es bei der Commerzbank zu keinen spürbaren Änderungen kommt. „Wir vermuten, dass auch andere Aktionäre Anstrengungen unterstützen würden, signifikante Veränderungen im Aufsichtsrat, im Vorstand und am strategischen Plan des Unternehmens herbeizuführen.“

Denkbar ist, dass Cerberus versucht, andere Aktionäre auf seine Seite zu ziehen, um einen Kurswechsel bei der Commerzbank herbeizuführen. Als Ultima Ratio könnten die Amerikaner mit ihrem Anteil von fünf Prozent eine außerordentliche Hauptversammlung beantragen und es dort zu einer Kampfabstimmung kommen lassen.

Dass es tatsächlich so weit kommt, glauben die meisten Beteiligten allerdings nicht. Auch die Commerzbank bemüht sich, die Wogen zu glätten. „Meinungsäußerungen von Aktionären – auch kritischer Art – nimmt die Bank sorgfältig auf und wird diese auch künftig in interne Erörterungen und in den Dialog mit ihren Eigentümern einfließen lassen“, erklärte sie.

Dass die Bank profitabler werden muss, hat sie mehrfach selbst eingeräumt. Aktuell arbeitet das Institut an einer überarbeiteten Strategie, die im August vorgelegt werden soll. Dabei dürfte vor allem das Filialnetz stärker ausgedünnt werden als bisher geplant.

Finanzkreisen zufolge wird im Rahmen der Strategieanpassung über zusätzliche Einsparungen in einer Größenordnung von 500 Millionen Euro diskutiert. Wie hoch die Kürzungen am Ende tatsächlich ausfallen, ist Insidern zufolge aber noch nicht entschieden.

Die inhaltliche Kritik von Cerberus am Kurs der Commerzbank teilen viele Investoren. „Alle Aktionäre sind sich einig, dass das Management mehr tun muss“, sagt ein einflussreicher Investor. Die Bank müsse ihr Kosten stärker senken und parallel auch an ihrer Ertragskraft arbeiten. Die bei der Vorstellung der Strategie „Commerzbank 5.0“ im September 2019 ausgegebenen Ziele seien nicht ambitioniert genug.

Dass Cerberus mit seinem Brandbrief ausgerechnet während der Corona-Pandemie die Konfrontation mit der Commerzbank sucht, kommt bei einigen Investoren jedoch nicht gut an. „Aktuell muss im Vordergrund stehen, die Bank stabil durch die Coronakrise zu bringen“, sagt ein Großaktionär. „Wir brauchen jetzt keine Revolte.“

Mehrere Investoren und Bankenaufseher haben den Eindruck, dass das Commerzbank-Management inzwischen die Zeichen der Zeit erkannt hat. Sie setzen darauf, dass der Vorstand im August überzeugende Maßnahmen verkündet. Von einer Diskussion über Vorstandschef Martin Zielke, dessen Vertrag noch bis November 2023 läuft, wollen sie aktuell nichts wissen.

Wichtige Rolle in der Coronakrise

Eine entscheidende Rolle bei der Ausrichtung der Commerzbank spielt die Bundesregierung. Sie hält nach der staatlichen Rettung des Instituts in der Finanzkrise noch 15,6 Prozent an der Bank und ist damit mit Abstand größter Aktionär.

Auch in Berlin sind viele unzufrieden mit der Entwicklung des Instituts. Um für neue Impulse zu sorgen, hat der Bund mit Jutta Dönges und Frank Czichowski auf der Hauptversammlung im Mai zwei neue Aufsichtsräte in das Kontrollgremium wählen lassen.

Zudem hat die Finanzagentur, die den Anteil des Bunds verwaltet, die Commerzbank von der Beratungsgesellschaft BCG durchleuchten lassen. BCG hat dabei Insidern zufolge in mehreren Szenarien durchgespielt, welche zusätzlichen Einsparungen bei der Commerzbank möglich wären.

Der Bund drängt hinter den Kulissen also sehr wohl auf Veränderungen, hält jedoch wenig von aggressiven Verlautbarungen à la Cerberus. „Wir befinden uns aktuell in konstruktiven Gesprächen mit dem Vorstand der Commerzbank“, sagte eine Sprecherin der Finanzagentur. „Im Interesse aller Beteiligten, nicht zuletzt der Aktionäre, führen wir diese nicht öffentlich.“

Der Bundestagsabgeordnete Fabio de Masi von den Linken fordert, dass sich die Commerzbank bei der Überarbeitung ihrer Strategie nicht nach Cerberus richtet. „Die kurzfristigen Renditewünsche eines Fünf-Prozent-Investors dürfen nicht ausschlaggebend für die langfristige Strategie einer Bank sein“, sagt de Masi. Die Interessen der Steuerzahler und der Beschäftigten sowie der Beitrag der Bank zur Stabilisierung deutscher Unternehmen sei wichtiger. „Wenn etwas bei der Commerzbank noch halbwegs funktioniert, ist es der Bereich Unternehmenskredite, der in der Coronakrise von überragender Bedeutung ist.“

FDP-Finanzexperte Frank Schäffler findet es dagegen gut, dass Cerberus den Druck auf die Commerzbank erhöht. „Noch besser wäre es, wenn der Bund endlich einen Plan vorlegen würde, wie er aus der Commerzbank auch wieder aussteigt“, sagt Schäffler. „Je länger das Engagement anhält, desto größer wird auch das Problem für den Steuerzahler.“

Mehr: Die Commerzbank muss nach der Coronakrise spürbare Veränderungen vornehmen, fordert Andreas Kröner.