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Centrotec-Gründer Guido Krass erklärt, warum er die Börse nach 22 Jahren verlässt

Centrotec gehört zu den Erfolgsgeschichten des Neuen Marktes. Der Gründer des Spezialisten für energieeffiziente Gebäudetechnik hat dennoch gute Gründe für den Rückzug von der Börse.

Guido Krass hat sich entschieden. Die Ad-hoc-Mitteilung ist versendet. Der Energie- und Gebäudetechnikspezialist Centrotec mit mehr als 700 Millionen Euro Umsatz verlässt die Börse – nach 22 Jahren.

In der Mitteilung von Centrotec hieß es, man strebe ein Delisting an. Die Geschäftsführung der Frankfurter Wertpapierbörse muss noch über den Antrag entscheiden. Gründer Guido Krass, der 67 Prozent der Aktien kontrolliert, wird Mitte Dezember den Aktionären ein Angebot unterbreiten. Der Mindestpreis soll bei 15,03 Euro liegen. Spätestens Ende Januar solle die Aktie aus dem amtlichen Handel verschwinden, sagte Krass dem Handelsblatt.

Die Entscheidung sei kein Schnellschuss gewesen und habe nur insofern etwas mit der Corona-Pandemie zu tun, als er viel nachgedacht habe in der Zeit, als er und seine Familie remote gearbeitet hätten, so Krass. Centrotec, das auch in der Kunststoffindustrie und der Medizintechnik aktiv ist, bildet den Nukleus von Krass’ Aktivitäten als Investor. Zu Centrotec gehört unter anderem der Klimaspezialist und Heizungsbauer Wolf, der zuletzt auch in das Geschäft mit Luftreinigern zum Beispiel für Schulklassen eingestiegen ist.

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Nach Rocket Internet ist dies nun das zweite Delisting in den vergangenen Wochen. Krass nennt rationale Gründe für seinen Schritt. Nicht nur er, sondern auch die Manager des Unternehmens würden lieber „etwas unternehmen“, als viele Informationen auszusenden. „Die Komplexität einer Börsennotierung ist in Unternehmen unserer Größe nicht mehr tragbar.“ Die Regeln würden immer kleinteiliger und komplizierter. „Man braucht eine ganze Rechtsabteilung, um als aktiver Unternehmer keine Fehler zu machen.“ Krass findet das „anstrengend“. Hinzu kommt: „Wir brauchten bislang den Kapitalmarkt nicht.“ Denn das Unternehmen konnte sich immer selbst und über Kredite finanzieren.

Dass zu Centrotec neben der Gebäudetechnik auch Bauprodukte, Medizintechnik und Hochleistungskunststoffe gehörten, sei ein Vorteil, der Kapitalmarkt aber honoriere Diversifizierung nicht.

Analyst Eggert Kuls von Warburg kann Krass’ Schritt weg von der Börse nachvollziehen, „die Konkurrenten im Heizungsmarkt sind alle nicht an der Börse notiert“. Da böte er Transparenz, die andere nicht bieten.

Disruption, wie in der Autoindustrie

Krass bewegt aber noch etwas anderes: Wie die Autoindustrie stehe auch der Wärmemarkt vor großen Umbrüchen. „Auch wenn die Gegenwart gut aussieht, so stehen wir vor der gleichen Disruption wie die Automobilindustrie.“ Derzeit sei Centrotec zu 50 Prozent von Produkten für fossile Brennstoffe abhängig. Das solle sich in wenigen Jahren komplett ändern: von Gasheizung auf Elektro, also Wärmepumpen, und später gegebenenfalls auch auf Wasserstoffbeheizung. Das werde mit „Ertragseinbußen und riesigen Investitionsbudgets“ einhergehen.

Beim Thema Wärmepumpen hätten es die europäischen Anbieter darüber hinaus mit ganz neuen, weitaus größeren Konkurrenten zu tun. Dazu zählen Daikin, Medea, Haier, Carrier, Samsung, Hitachi, LG. Diese Unternehmen erreichten weltweit ganz andere Stückzahlen mit Klimaanlagen und Wärmepumpen. Daher sei es besser, sich auf das Geschäft als auf die Publizität zu fokussieren.

Tatsächlich scheuen viele Familienunternehmen die Öffentlichkeit. Nur wenige sind hierzulande an der Börse notiert, etwa Krones oder Jungheinrich. Dennoch gebe es Investoren,die gern in Familienunternehmen investierten, sagt Analyst Kuls. Zugleich sei das Unternehmen, das Krass einst selbst mit elf Millionen D-Mark an die Börse gebracht hat, „eine der Erfolgsgeschichten des Neuen Marktes“.

Guido Krass hatte den Börsengang 1998 gewagt. Der Sohn eines Unternehmers in der Holzindustrie, der die Disruption nicht rechtzeitig erkannte, studierte Jura und startete mit eigenen Immobilienentwicklungsprojekten sowie mit Partnern ins Private-Equity-Geschäft. Neben Centrotec gehört ihm die Pari Capital Gruppe mit Venture-Capital-Investments, eigenen Start-ups und Immobilienentwicklungen.

Doch durch das Investment in Centrotec wurde er zum Unternehmer. Nun nimmt er das Unternehmen von der Börse: „Wir verlassen die Öffentlichkeit“, sagt er, aber er würde „keine Versuche starten, einen Squeeze-out durchzuführen, ebenso wenig Strukturmaßnahmen oder Beherrschungsverträge“. Jeder Aktionär könne beteiligt bleiben.