Werbung

CDU-Politiker wollen EEG-Umlage durch Green Bonds ersetzen

Die Regierung ist sich einig: Das EEG hat in seiner jetzigen Form keine Zukunft mehr. Die CDU arbeitet an Alternativen. Green Bonds könnten die Lösung sein.

In der CDU reifen Pläne für die Abschaffung der Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Ein dem Handelsblatt vorliegendes Konzept wirbt dafür, die Finanzierung des Ausbaus der Erneuerbaren künftig über Green Bonds sicherzustellen.

Das Konzept passt ins Bild. Seit Wochen wirbt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (EEG) dafür, die EEG-Umlage abzuschaffen. Es sei ein Systemwechsel erforderlich, um die Strompreise nachhaltig zu stabilisieren, heißt es aus Altmaiers Ministerium. Die Erneuerbaren sollten künftig nicht mehr durch einen Aufschlag auf den Strompreis, sondern über den Haushalt finanziert werden. Die Regelung soll für alle Erneuerbaren-Anlagen gelten, die ab 2022 in Betrieb genommen werden.

Die Umlage von derzeit 6,5 Cent je Kilowattstunde Strom würde dann im Laufe der Jahre kontinuierlich abschmelzen, weil nur noch die Vergütungen für die bis einschließlich 2021 in Betrieb genommenen Anlagen aus der Umlage bestritten werden müssten.

WERBUNG

Die EEG-Umlage wird über die Stromrechnung erhoben und somit von allen Stromkunden getragen. Ausnahmen gelten für Teile der Industrie. Das Umlagevolumen summiert sich mittlerweile auf rund 30 Milliarden Euro jährlich.

Auch die SPD nimmt Kurs auf die Abkehr von der Umlage. Der SPD-Parteivorstand fasste vor wenigen Tagen den Beschluss, die EEG-Umlage in der bestehenden Form bis 2025 abzuschaffen und aus dem Bundeshaushalt zu finanzieren.

Zwar neigt sich die Legislaturperiode ihrem Ende entgegen und große gesetzgeberische Aktivitäten sind nicht mehr zu erwarten. Dennoch könnten es Union und SPD in einer gemeinsamen Kraftanstrengung noch schaffen, die Abschaffung in die Wege zu leiten.

Der Einstieg ist bereits gemacht

Die Stimmung hat sich damit in den vergangenen Monaten gewandelt. Über viele Jahre galt das EEG als sakrosankt. Aus der Wirtschaft und beispielsweise seitens der FDP gab es zwar immer wieder Vorstöße, die Umlagefinanzierung zu beenden. Doch ein echter Einschnitt vollzog sich erst im Juni vergangenen Jahres: In ihrem Konjunkturpaket zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie verständigte sich die Große Koalition darauf, die EEG-Umlage 2021 auf 6,5 Cent und 2022 auf sechs Cent zu deckeln. Ohne diesen Schritt wäre die Umlage voraussichtlich auf über neun Cent gestiegen. Nun soll ein Haushaltszuschuss die Erhöhung auffangen. Die Bundesregierung veranschlagt dafür elf Milliarden Euro.

Der Einstieg in das Ende der Umlagefinanzierung ist damit bereits gemacht. Einen Teil der erforderlichen Mittel wird man aus den Einnahmen des europäischen Emissionshandels und aus den Einnahmen der CO2-Bepreisung für die Sektoren Verkehr und Wärme bestreiten können. Doch das reicht nicht aus.

Darum haben CDU-Politiker ein „Bürgerenergiekonzept für Zukunftsindustrie“ ersonnen. Im Kern des Konzepts steht die Finanzierung von erneuerbaren Energien durch zweckgebundene Green Bonds. Sie sollen die EEG-Umlage schrittweise ersetzen. Im Gegenzug bekommt der Bund ein Vorkaufsrecht, sobald die jeweilige Anlage abbezahlt ist, schreiben die Verfasser des Konzepts, Christoph Ploß, Landesvorsitzender der Hamburger CDU und Bundestagsabgeordneter, und Philipp Schröder.

Schröder ist in der Energiebranche kein Unbekannter. Bis 2016 war er Tesla-Deutschlandchef, bis 2018 Chef des Energiespeicher-Anbieters Sonnen. Das Unternehmen wurde 2019 von Shell übernommen. 2018 gründete Schröder Capinside. Das Unternehmen will Finanzinstrumente für ein breiteres Publikum zugänglich machen. Schröder, der früher mit den Grünen sympathisierte, ist mittlerweile CDU-Mitglied. Er leitet den Landesfachausschuss Klimaschutz der Hamburger CDU.

Das Ziel von Ploß und Schröder ist es, Deutschland bis 2030 zum weltweit günstigsten Markt für sauberen Industriestrom werden zu lassen, „um energieintensive Schlüsselindustrien in Deutschland zu halten und neue Branchen in Deutschland anzusiedeln“. So steht es in ihrem Konzept.

„Die Strompreise für Verbraucher sollen parallel ebenfalls um mindestens 30 Prozent sinken“, schreiben sie weiter. Gleichzeitig wollen sie „das Ausbautempo der Energiewende deutlich erhöhen und angesichts der derzeitigen Zinssituation die Finanzierung von Solar- und Windkraftanlagen auf neue Füße stellen“.

Damit rühren Ploß und Schröder an ein Kernproblem des EEG. Schon seit Jahren beklagen insbesondere Unternehmen des industriellen Mittelstands, die EEG-Umlage sei eine gravierende Belastung ihrer Wettbewerbsfähigkeit. Tatsächlich zahlen diese Unternehmen im europäischen Vergleich sehr hohe Strompreise.

Lediglich für rund 2200 Abnehmer aus der Industrie gelten Erleichterungen. Diese Erleichterungen sind in der Besonderen Ausgleichsregelung (BesAR) festgeschrieben, die die EEG-Umlage stark reduziert. Die ganz überwiegende Mehrheit der Unternehmen in Deutschland zahlt aber die volle Umlage.

„Große Anleger suchen händeringend nach grünen Anlage-Möglichkeiten“

„Unser Vorschlag bietet die Chance, das Erreichen der Klimaschutzziele sinnvoll mit einer vernünftigen Wirtschafts- und Finanzpolitik zu verknüpfen und somit neue Arbeitsplätze in Deutschland zu schaffen“, sagt Ploß. Der Hamburger CDU-Chef ist überzeugt davon, den Nerv vieler Investoren zu treffen.

„Große institutionelle Anleger suchen händeringend nach der Möglichkeit, in grüne, nachhaltige Anleihen zu investieren.“ Die Autoren betrachteten das Papier „als Input für das Regierungsprogramm von CDU und CSU und als Impuls für die parteiinterne Debatte“.

Die Erneuerbaren-Branche sperrt sich nicht gegen die Abkehr von der Umlagefinanzierung. „Die Bundesregierung hat folgerichtig erkannt, dass es perspektivisch einer grundlegenden Reform der aktuellen Systematik von Abgaben und Umlagen bedarf, um erneuerbaren Energien einen fairen Wettbewerb im Strommarkt zu ermöglichen“, sagt Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE).

Eine Verschiebung der EEG-Finanzierung in den Bundeshaushalt dürfe jedoch nicht dazu führen, dass der notwendige Ausbau der Erneuerbaren durch neue Verteilungsfragen in der Zukunft an Stellenwert verliere.

Zudem müsse geregelt werden, wie mit Befreiungstatbeständen, zum Beispiel für Grünen Wasserstoff, umzugehen sei. Auch die Finanzierung der Ausnahmen für die Industrie über den Haushalt oder eine Senkung der Stromsteuer könnten einen entlastenden Effekt haben. Solche Schritte sollten „prioritär genutzt werden, bevor der Gesetzgeber einen möglicherweise nicht zu Ende gedachten Systemwechsel vornimmt“, empfiehlt Peter.

Auch müsse bei einem solchen Systemwechsel die Funktion des EEG gesichert bleiben, Strom aus erneuerbaren Energien verpflichtend abzunehmen und zu vergüten und vorrangig einzuspeisen. „Hier darf das Kind nicht mit dem Bade ausgeschüttet werden“, warnte Peter.

Das sehen die CDU-Politiker Ploß und Schröder anders: „Ganz entscheidend ist, dass für Neuanlagen keine Vergütung mehr gezahlt wird, wenn es für den Strom am Markt keinen Abnehmer gibt“, sagt Schröder. Dadurch entstehe für die Betreiber der Druck, in Speicherlösungen zu investieren. „Diese Überlegung müssen die Betreiber von vornherein in ihre Kalkulation einbeziehen. Im Gegenzug wollen wir den Strom, der für Speicher verwendet wird, von Abgaben und Umlagen befreien“, so Schröder.

Er ist überzeugt, dass mit der neuen Form der Finanzierung ein Paradigmenwechsel erreicht werden kann: „Bislang wird die industriepolitische Chance, die mit dem massiven Ausbau erneuerbarer Energien verbunden ist, nicht gesehen. Im Gegenteil: Viele sehen im Ausbau der Erneuerbaren immer noch eine Belastung. Das wollen wir umkehren“, sagte er.

Schröder regt an, die grünen Anleihen zur Finanzierung des Erneuerbaren-Ausbaus in eine bundeseigene Gesellschaft auszulagern, damit sie den Bundeshaushalt nicht belasten. „Die Konstruktion könnte auch auf die europäische Ebene ausgeweitet werden“, sagte er.

Nun müssen allerdings noch die Grünen überzeugt werden. Denn für sie gehört das EEG mit seinem Umlagesystem zur DNA. Entsprechend groß ist die Skepsis mit Blick auf grundsätzliche Änderungen. „Wir haben große Probleme beim Ausbau der Erneuerbaren.

Aber nicht das EEG ist das Problem, sondern die fehlenden Genehmigungen und Projekte. Im Grundsatz ist das EEG hervorragend geeignet, den Rahmen zu setzen“, sagt Ingrid Nestle, Sprecherin für Energiewirtschaft der Grünen-Bundestagsfraktion. Die Vorschläge Altmaiers lehnt sie ab. Gerade Neuanlagen dürfe man nicht aus Haushaltsmitteln finanzieren, da dies beihilferechtliche Probleme auslösen würde.

Mehr: Wie ein Wegfall der EEG-Umlage Familien und Unternehmen entlasten würde