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Kurz vor dem CDU-Parteitag ringt die Union um ihren Kurs. Es geht ums Profil, aber auch ums Personal. Besonders laut trommelt der konservative Flügel.

Kurz vor dem CDU-Parteitag ringt die Union um ihren Kurs. Es geht ums Profil, aber auch ums Personal. Besonders laut trommelt der konservative Flügel.

Um die Stimmung in der Union ist es nicht zum Besten bestellt. Just kurz vor dem Sonderparteitag der CDU am Montag, auf dem Kanzlerin Angela Merkel den mit der SPD ausgehandelten Koalitionsvertrag trotz ziemlicher Zugeständnisse an die Genossen als einen Erfolg ihrer Verhandlungskunst verkaufen will, fährt ihr Horst Seehofer in die Parade.

Der CSU-Chef stößt sich daran, dass Merkel am späten Nachmittag den Führungsgremien ihrer Partei bekanntgeben will, wer die sechs CDU-Minister in der angestrebten GroKo sein sollen. Für Seehofers Geschmack kommt die Präsentation klar zu früh. Dies sei schlechter Stil, weil die Koalition noch nicht stehe, sagte der Bayer, der ins Kabinett als Innen- und Heimatminister eintreten soll, der „Augsburger Allgemeinen“.

Gegenwind aus Bayern ist Merkel gewohnt. In der Flüchtlingskrise hatte Seehofer des Öfteren einen harten Ton angeschlagen. Doch Seehofer ist in diesen Tagen nicht der einzige in der Union, der sich kritisch zu Wort meldet.

Angesichts der unsicheren politischen Lage, in der CDU und CSU versuchen, eine stabile Regierung ins Werk zu setzen und sich dabei zugleich inhaltlich wie personell neu zu erfinden, ist eine heftige Debatte über den künftigen Kurs entbrannt. Führende Unions-Politiker forderten am Samstag eine konservativere Ausrichtung, um klassische Wähler für die Union zurückzugewinnen. Mehrere stellvertretende CDU-Vorsitzende lehnten zugleich einen Rechtsruck ab.

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Doch die Konservativen beeindruckt das wenig. Sie trommeln nun umso lauter, um damit auch Merkel zu signalisieren: Ein Weiter-so kommt nicht infrage. „Das enttäuschende Ergebnis der Bundestagswahl darf auf die inhaltliche Ausrichtung unserer Partei nicht ohne durchgreifende Folgen bleiben“, sagte die CDU-Bundestagsabgeordnete und Sprecherin des konservativen Berliner Kreises in der Union, Sylvia Pantel, dem Handelsblatt.

Ein neues Grundsatzprogramm für die CDU sei daher „wünschenswert“. In dieser Hinsicht könne die neue Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer dazu beitragen, „die CDU wieder als Volkspartei zu etablieren und neben den christlich-sozialen und den wirtschaftsliberalen auch den wertkonservativen Wurzeln wieder mehr Geltung zu verschaffen“.

Kritisch sieht Pantel etwa, dass im jüngst mit der SPD ausgehandelten Koalitionsvertrag „klassische Positionen“ der CDU/CSU „nicht ausreichend erkennbar“ seien. Konkret mahnte sie eine Kurskorrektur insbesondere in der Asylpolitik und Sicherheitspolitik an. „Auch die Wertschätzung von Familienarbeit fehlt mir im Koalitionsvertrag.“ Sie wolle „keine totale Verstaatlichung der Kindheit unterstützen, sondern Wahlfreiheit“.

Wenn Merkel vor den 1001 Delegierten beim Parteitag in Berlin zum Koalitionsvertrag mit der SPD sprechen, dürfte auch die künftige Ausrichtung der CDU zur Sprache kommen. Intern war unter anderem heftig kritisiert worden, dass die Kanzlerin den Sozialdemokraten unter anderem das wichtige Finanzressort überlassen musste. Auf dem Parteitag soll zudem auf Vorschlag Merkels die bisherige saarländische Regierungschefin Kramp-Karrenbauer als Nachfolgerin von Generalsekretär Peter Tauber gewählt werden. Es wird mit einem guten Ergebnis von über 90 Prozent für die in der Partei beliebte Kramp-Karrenbauer gerechnet.

Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach, der ebenfalls dem „Berliner Kreis“ zugerechnet wird, ist schon gespannt, wie Kramp-Karrenbauer die innerparteiliche Programmdebatte organisieren werde. Ihm ist bei einer Neuausrichtung der CDU ebenfalls die Berücksichtigung konservativer Überzeugungen wichtig. „Ich hoffe darauf, dass deutlich wird, dass die CDU immer drei Wurzeln hatte: eine christlich- soziale, eine liberale und eine wertkonservative“, sagte Bosbach dem Handelsblatt.

„Manchmal könnte das Konservative der Union gern kräftiger hervortreten“, sagte auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther. „Die wahrnehmbare Spaltung unserer Gesellschaft offenbart doch die in Deutschland verbreitete Sehnsucht nach Wertorientierung und Gewissheit“, fügte der CDU-Politiker in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ hinzu.


CDU-Arbeitnehmer gegen Bevorzugung des Wirtschaftsflügels

Dass die CSU sich in dieser Frage noch deutlicher positioniert ist wenig überraschend, denn für sie ist das Konservative „von jeher ein Markenkern der Unionsparteien und damit identitätsstiftend“, betonte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt in der „Passauer Neuen Presse“. Und das müsse auch so bleiben, fügte er unmissverständlich hinzu. CDU und CSU müssten gemeinsam „die Breite des bürgerlichen Wählerspektrums abdecken, verloren gegangene Wähler zurückholen und so die AfD überflüssig machen“.

Konkreter fasst der designierte bayerische Ministerpräsident Markus Söder die künftige Aufgabe zusammen. Es geht für ihn nicht mehr und nicht weniger darum, ein „klares, unverwechselbares und glaubwürdiges Profil“ zu schaffen. „Es geht nicht um einen Rechtsruck, sondern um die Rückgewinnung alter Glaubwürdigkeit“, betonte Söder in den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Dies schließt aus Söders Sicht eine Rückgewinnung der klassischen Unions-Wähler mit ein. „Wir dürfen Vertriebene, Russlanddeutsche, Mittelstand und Handwerk, Konservative, Religiöse oder Patrioten nicht zurücklassen.“ Sie alle gehörten zur Stammklientel der Union.

Kramp-Karrenbauer will indes die CDU nicht weiter rechts positionieren. „Ich halte den Befund, wir hätten unsere konservativen Wurzeln vernachlässigt, in dieser Absolutheit für falsch“, sagte sie dem „Spiegel“. Die CDU vereine verschiedene konfessionelle und weltanschauliche Strömungen. „Wenn unter Rechtsruck verstanden wird, dass wir diese Wurzeln kappen und uns nur noch als konservative Partei definieren, dann bin ich strikt dagegen“, sagte sie. Ähnlich äußerten sich auch die CDU-Vizechefs Volker Bouffier und Armin Laschet.

Auch der Bundesvize der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, lehnt eine konservativ ausgerichtete CDU klar ab. „Insbesondere die Debatte über ein neues Grundsatzprogramm darf nicht zum trojanischen Pferd für einen Rechtsruck werden“, sagte Bäumler dem Handelsblatt. „Die CDU muss sich auf das christliche Menschenbild als Grundlage ihrer Politik besinnen.“ Nötig sei ein Gleichgewicht von Wirtschafts-und Sozialpolitik. „Die Union darf nicht als verlängerter Arm der Arbeitgeber wahrgenommen werfen“, warnte Bäumler. Zugleich wandte sich der CDA-Vize gegen eine „einseitige Bevorzugung des Wirtschaftsflügels“ bei der Kabinettsbildung. „Die CDU als Volkspartei muss sich in der Bundesregierung wiederfinden“, betonte Bäumler.

Merkel wollte die Namen der sechs CDU-Minister in der angestrebten Großen Koalition am Sonntagnachmittag bekanntgeben. Doch schon am Samstagabend sickerte durch, dass sie Finanzstaatssekretär Jens Spahn zum Gesundheitsminister machen will. Falls die SPD-Mitglieder grünes Licht für eine neue Große Koalition geben, wird die Kanzlerin damit einen ihrer profiliertesten konservativen Kritiker in ihr Kabinett holen, wie verschiedene Medien berichten. Gerade den jungen Unionisten und dem Wirtschaftsflügel war es wichtig , dass Merkel dem Präsidiumsmitglied Spahn eine Ministerchance gibt.

Die „Bild am Sonntag“ will zudem erfahren haben dass die bisherige Gesundheits-Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz aus Baden-Württemberg Staatsministerin für Integration im Kanzleramt werden soll. Zudem solle Ursula von der Leyen wieder Verteidigungsministerin werden.

Als neuer Wirtschaftsminister ist laut der Zeitung Kanzleramtschef Peter Altmaier gesetzt. Helge Braun, bislang Staatsminister im Kanzleramt, soll demnach dann die Altmaier-Nachfolge antreten. Auch Monika Grütters soll im Kanzleramt bleiben – wieder als Kulturstaatsministerin. Als sicher gilt laut „BamS“ überdies, dass Julia Klöckner neue Landwirtschaftsministerin wird. Unklar sei demnach lediglich, wer den Posten des Bildungsministers übernimmt.

Für Merkel ist dies der dritte und abschließende Schritt einer personellen Neuaufstellung ihrer Partei - hinter ihrer Person. Die Bundestagsfraktion der Union hatte Ende Januar eine Reihe von 30- bis 40-Jährigen in Stellvertreterposten gebracht. Am Montag schließlich überraschte die CDU-Chefin Freund und Feind mit der Nominierung Kramp-Karrenbauers zur Generalsekretärin und zeigte mit dem Wechsel vom 43-jährigen Tauber zur 55-jährigen Saarländerin, dass sie „Erneuerung“ nicht unbedingt an das Alter knüpft.

Bosbach hofft, dass die Ministerposten im künftigen Bundeskabinett vor allem nach Kompetenzkriterien verteilt werden. „Vermutlich liege ich mit meiner Meinung nicht ganz im Trend, aber ich persönlich fände es gut, wenn bei der Ressortbesetzung nicht nur die Themen Ost-West, Jung-Alt und Mann-Frau eine Rolle spielen würden, sondern auch Kompetenz und Erfahrung im jeweiligen Fachgebiet“, sagte Bosbach.

Die CDU-Bundestagsabgeordnete Pantel betonte, dass die Übernahme des Postens des Generalsekretärs durch Kramp-Karrenbauer nur der erste Schritt einer „dringend notwendigen“ personellen Erneuerung der CDU sein dürfe. „Ich hoffe und erwarte dementsprechend, dass bei der Besetzung des Kabinetts auch jüngere und werteorientierte Politiker berücksichtigt werden“, sagte Pantel. Mit Spahn als Minister dürfte zumindest diese Forderung erfüllt sein.