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Absage des Parteitags sorgt für Zoff in der CDU – Merz: „Entscheidung gegen die Basis“

Am 4. Dezember werden die Christdemokraten keinen neuen Vorsitzenden wählen. Der Vorstand sagte den Präsenzparteitag ab. Mitte Dezember soll erneut über die Lage beraten werden.

Die CDU-Chefin will den Parteitag verschieben, ihr potenzieller Nachfolger ist dagegen. Foto: dpa
Die CDU-Chefin will den Parteitag verschieben, ihr potenzieller Nachfolger ist dagegen. Foto: dpa


Wegen der steigenden Corona-Infektionszahlen will die CDU ihren Parteitag und damit die Entscheidung über einen neuen Vorsitzenden verschieben. Das haben Präsidium und Bundesvorstand am Montagmorgen entschieden – und damit für heftigen Zoff in der CDU gesorgt. „Die Verschiebung des Parteitages ist eine Entscheidung gegen die CDU-Basis“, erklärte Friedrich Merz, der sich um den Parteivorsitz bewirbt.

Er bedauere, dass die CDU-Führung nicht seinem Vorschlag gefolgt sei, einen digitalen Parteitag abzuhalten, damit wenigstens der neue Vorsitzende gewählt werden könne, so Merz. Es gehe ihm dabei nicht um seine Person, sagte Merz am Montagabend im ZDF-„heute journal“ und in den ARD-„Tagesthemen“. Er habe seit zwei Jahren gute Umfragewerte, dies bleibe auch weitere Wochen und Monate so. Es gehe um die Arbeits- und Handlungsfähigkeit der Partei.

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Der CDU-Politiker erneuerte seine Aussage, Teile des Parteiestablishments wollten ihn als Vorsitzenden verhindern. Dass er nicht dessen Liebling sei, sei allgemein bekannt. „Ich halte meine Vermutung aufrecht, dass die Verlegung des Parteitages mit Corona wenig und mit anderen Erwägungen sehr viel zu tun hat“, sagte er im ZDF.

In Parteikreisen wird der Vorwurf zurückgewiesen und als „Verschwörungsideologie“ bezeichnet. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak rief die Partei zu Geschlossenheit auf. Das hänge nun auch von den Äußerungen eines jeden Einzelnen ab. Ziemiak verteidigte die Entscheidung, den Parteitag zu verschieben.

Es gebe den Wunsch nach einer Entscheidung, aber die CDU sei eine „Partei der Verlässlichkeit“. Angesichts der Corona-Lage sei ein Präsenzparteitag nicht möglich. Dieser sei aber das favorisierte Format. Führende CDU-Politiker stellten sich hinter den Beschluss. Er halte das „in diesen Zeiten für die richtige Entscheidung“, sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther.

Laschet für Verschiebung

Die Auseinandersetzung macht deutlich: Die Terminfrage ist zu einer Machtfrage geworden. Merz sieht sich durch eine Verschiebung im Nachteil. Seinem Konkurrenten, dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet, ist schon durch sein Amt und die Pandemiebekämpfung eine Dauerpräsenz in der Öffentlichkeit sicher, während Merz um Aufmerksamkeit kämpfen muss.

Zudem führt Merz aktuell in Umfragen unter Parteianhängern vor Laschet und dem dritten Bewerber, dem CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen. Laschet hatte für eine Verschiebung plädiert. „Ich glaube nicht, dass wir in einer Zeit einen Präsenzparteitag mit 1000 Menschen machen können, in der man den Menschen zumutet, Veranstaltungen nicht mehr zu besuchen, das Haus nicht mehr zu verlassen“, sagte er.

Röttgen ist bei der Frage näher an Laschet als an Merz: „Mit dem Beschluss des Bundesvorstands wird die CDU ihrer Verantwortung in der Pandemie gerecht und sichert zugleich ihre Handlungsfähigkeit im Wahljahr 2021.“

Die erneute Absage des Bundesparteitags sei „bitter“, sie folge aber „der Unberechenbarkeit infolge der Pandemie“. Röttgen mahnte die Partei zur Einigkeit. „Deutschland erwartet von der CDU, ein Stabilitätsfaktor in schwieriger Zeit zu sein.“

Die Befürworter eines Parteitags in diesem Jahr verweisen auf die Satzung der CDU. Sie sieht die Verpflichtung der Parteiführung vor, alle zwei Jahre einen Bundesparteitag abzuhalten. Und auch das Parteiengesetz schreibt vor, dass mindestens alle zwei Jahre ein Parteitag zusammentreten muss.

Fünfstündige Krisensitzung am Sonntagabend

„Die Parteitage treten mindestens in jedem zweiten Kalenderjahr einmal zusammen“, heißt es im Gesetz. Bereits im Sommer hatte CDU-Parteivize Thomas Strobl auf die Sonderrolle der Parteien in der Verfassung hingewiesen und auf das detaillierte Hygienekonzept des Parteitags verwiesen: „Die Versammlungsfreiheit ist ein hohes Gut und gilt für Demonstrationen ebenso wie für Parteitage.“
Am Sonntag hatte es eine Krisensitzung der Kandidaten mit der CDU-Spitze im Konrad-Adenauer-Haus gegeben. Aber auch nach fünf Stunden konnte man sich nicht einigen. Klar war nur, dass der geplante Präsenzparteitag mit 1001 Delegierten am 4. Dezember in Stuttgart ausfallen wird.

Am Montag wurde deutlich, dass es auf eine Verschiebung hinausläuft. Die noch amtierende CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer habe im Präsidium breite Unterstützung erfahren für ihren Vorschlag, den Parteitag am 4. Dezember abzusagen, hieß es in Parteikreisen. Der sei wegen der bedrohlichen Pandemielage nicht durchführbar.

In der Videoschalte des Bundesvorstands war die Diskussion anschließend deutlich kontroverser. Ziemiak habe die Direktive verfolgt, dass es einen Präsenzparteitag geben solle. Dabei hatte er Anfang Mai noch angekündigt, eine Reform des Parteiengesetzes anzustreben, und von einem „Digitalisierungsschub“ gesprochen. Übrig blieb eine Korrektur des Vereinsrechts, wonach digitale Parteitage mit anschließender Briefwahl oder dezentral an mehreren Standorten mit Vorort-Wahlen stattfinden können.

Im Bundesvorstand hätten Kramp-Karrenbauer und der parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Günter Krings, erläutert, weshalb eine digitale Abstimmung verfassungsrechtlich nicht möglich sei, eine Änderung im Frühjahr aber am Veto der SPD gescheitert sei.

Der Chef der Jungen Union, Tilman Kuban, hatte eine digitale Abstimmung im Bundesvorstand erneut ins Gespräch gebracht. Andere Vorstandsmitglieder wie die Bundestagsabgeordneten wollten den Parteitag stattfinden lassen. Doch war die Mehrheit eine andere. Kramp-Karrenbauer konnte allerdings ihren ursprünglichen Vorschlag, dass die CDU-Führung bei ihrer Bundesvorstandsklausur erst am 15. und 16. Januar über den Parteitag entscheiden werde, nicht so einfach durchsetzen.

Erneute Beratungen Mitte Dezember

JU-Chef Kuban und der Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT), Carsten Linnemann, forderten einen früheren Termin. Beide Vereinigungen zählen eher zum Merz-Lager. Der neue Zeitplan sieht nun vor, dass die CDU-Vorderen am 14. Dezember die Lage beraten. Sollte dann noch keine Entscheidung möglich sein, will man sich spätestens bei der Bundesvorstandsklausur am 15. und 16. Januar festlegen.

Für die CDU ist die Lage schwierig. Eigentlich wollte die Partei schon im April ihren neuen Vorsitzenden wählen. Doch der Parteitag wurde im März wegen hoher Infektionszahlen auf den 4. Dezember verschoben. Nun folgte die zweite Absage. Die CDU startet in das kommende Wahljahr weitgehend führungslos.

Sollte sich der Bundesvorstand bei der Klausur Mitte Januar auf einen Termin verständigen, dürfte der Parteitag im März stattfinden. Dann stehen zudem in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz Landtagswahlen an, die für die CDU nicht einfach werden. Der CDU-Vorsitzende wird zudem Anspruch auf eine Kanzlerkandidatur anmelden, muss sich aber mit CSU-Chef Markus Söder verständigen. Söder dürfte die erneute Verschiebung recht sein. Er hatte sich dafür ausgesprochen, die K-Frage erst im Frühjahr 2021 zu klären.

Bei der Entscheidung des CDU-Vorsitzes werden die Delegierten auch die Kanzlerkandidatur mitdenken. Eine späte Entscheidung macht es für Merz und Röttgen schwieriger. Sie haben beide noch keine großen Teams um sich. Anders als Laschet, der Vertraute aus Düsseldorf mit nach Berlin nehmen könnte.

Söder kann als bayerischer Ministerpräsident auch auf Regierungserfahrung und ein Team verweisen. Bisher hat der CSU-Chef Ambitionen stets zurückgewiesen. Zuletzt aber nicht mehr ganz so vehement.

Mit Agenturmaterial