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CDU-Abgeordnete attackiert Merkel-Sprecher

Die Debatte um Konsequenzen aus dem Suizid des Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr in der Justizvollzuganstalt Leipzig gewinnt an Schärfe. Die sächsische -Bundestagsabgeordnete Veronika Bellmann verwahrte sich gegen Kritik an den Verantwortlichen in Politik und Behörden. Hart ins Gericht ging Bellmann dabei auch mit Steffen Seibert, dem Sprecher von Kanzlerin .

Der „Verdammnis von sächsischer Polizei und Justiz durch selbsternannte Pseudorichter und Pseudopsychologen, in Person von Politikern und Medienvertretern“ hätte sich auch die Bundesregierung „namens Regierungssprecher Seibert“ angeschlossen, . „Hätte er sich mal ein Beispiel genommen an Bundesinnenminister de Maizière, der sich sehr zurückhält und sich lieber auf rechtsstaatliche Ermittlungen verlässt und schnelle Aufklärung fordert anstatt irgendwelchen Vorverurteilungen auf den Leim zu gehen.“

Dafür habe der Innenminister auch gute Gründe, sei doch das „rege illegale Reiseverhalten“ von al-Bakr zwischen Syrien, Deutschland und der Türkei ein Beweis dafür, dass der Staat an den Grenzen auch heute noch nicht die Kontrolle wieder zurück habe. „Und daran ist nicht die Bundespolizei Schuld, sondern die Asylpolitik der Bundesregierung, die immer noch keine lückenlosen Kontrollen und Zurückweisungen an den Grenzen zulässt nach der Prämisse, dass ohne gültige Papiere einschließlich Visa, keine Ein- und Ausreisen möglich sind.“

Nach dem Selbstmord des mutmaßlichen IS-Attentäters al-Bakr hatte Merkel am Freitag über ihren Sprecher vollständige Aufklärung gefordert. In dem Gefängnis sei offensichtlich etwas schiefgelaufen, und es habe Fehleinschätzungen gegeben, sagte Seibert. „Wichtig ist, dass gründlich untersucht wird: Was ist falsch gelaufen? Was ist falsch eingeschätzt worden?“

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Die Polizei hatte den als Flüchtling anerkannten al-Bakr in der Nacht zum Montag in Leipzig festgenommen, nachdem er von drei Landsleuten in einer Wohnung überwältigt und gefesselt worden war. Ihm wird vorgeworfen, einen Anschlag auf einen Berliner Flughafen geplant zu haben. Zwei Tage zuvor hatte die Polizei in einer Chemnitzer Wohnung, in der sich al-Bakr aufgehalten hatte, nach Angaben der Bundesanwaltschaft rund 1,5 Kilogramm „extrem gefährlichen Sprengstoffs“ und Materialien zur Herstellung einer Sprengstoffweste gefunden. Bei der Erstürmung der Wohnung war Al-Bakr den Sicherheitskräften zunächst entwischt.


„Die Sachsenbeschimpfer sollten sich mal auf die Realität besinnen“

Nach Erkenntnissen des Bundesamtes für Verfassungsschutz unterhielt der 22-Jährige Beziehungen zur Extremistenmiliz Islamischer Staat. De Maizière hat den Fall mit den Anschlägen in Paris und Brüssel verglichen, bei denen im November und März insgesamt mehr als 160 Menschen ums Leben kamen. Noch im Sommer soll al-Bakr in der Türkei gewesen sein. Spekuliert wird auch über einen Aufenthalt in einem Islamistenlager in Syrien.

Als bekannt wurde, dass sich der Syrer am Mittwoch in seiner Zelle mit seinem T-Shirt erhängt hat, wurde parteiübergreifend Kritik daran laut, dass die Verantwortlichen nicht erkannt hatten, dass er sich das Leben nehmen könnte. Er sei in Haft wie ein „Kleinkrimineller“ behandelt worden, kritisierte selbst Sachsens Vize-Ministerpräsident Martin Dulig (SPD). Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) beteuerte hingegen, man habe alles unternommen, um einen Suizid zu verhindern. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich räumte zwar Fehler ein, lehnte personelle Konsequenzen aber vorerst ab. Zunächst müsse der Fall aufgeklärt werden, sagte der -Politiker.

Die heftige Kritik Duligs wies die -Bundestagsabgeordnete Bellmann scharf zurück. „Statt arroganten Vorverurteilungen und Ferndiagnosen, die noch dazu frei sind von jeglicher Sachkenntnis, sollten sich die Sachsenbeschimpfer mal auf die Realität besinnen“, erklärte Bellmann. „Da kommt ja von jedem Stammtischgespräch mehr Qualität als von Duligs Küchentisch. Dort hätte er lieber sitzen bleiben sollen, als am Kabinettstisch so gegen seine Kollegen zu feuern (…).“

Bellmann forderte Dulig auf, seine kritischen Einlassungen an seinen Parteifreund Heiko Maas in Berlin zur richten. „Schließlich ist der Bundesjustizminister (…) der Dienstvorgesetzte des Generalbundesanwalts, der bei dieser Form von Staatsschutzdelikten eine Sonderzuständigkeit hat.“ Dulig solle daher Maas fragen, warum er dem Generalbundesanwalt nicht die Weisung erteilt habe, in Anbetracht der Bedeutung des Falls, nicht nur umgehend die Ermittlungen aufzunehmen, sondern alle Veranlassungen im Zusammenhang mit Überstellung und Inhaftierung zu übernehmen.


„Sachsen droht zu einem failed state zu werden“

„Der Gefangene wäre dann sicher nicht in die Hände „unqualifizierter Sachsen“ gefallen und hätte sich unter „qualifizierter westdeutscher Betreuung“ sicher auch nicht umgebracht“, so Bellmann. Und mit Blick auf den Justizminister fügte sie hinzu: „Herr Maas hätte damit Leben und Ermittlungen retten können.“

Auch die Unions-Rechtsexpertin Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU) hält es für geboten, Klarheit über Verantwortlichkeiten auf Bundesebene zu erhalten. „In diesem Zusammenhang wird auch der Bundesjustizminister seinen Beitrag zur Aufklärung zu leisten haben“, sagte Winkelmeier-Becker der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“. So müsse geklärt werden, „warum der Gefangene in einem Verfahren des Generalbundesanwalts noch in der JVA Leipzig untergebracht war und nicht in einem Hochsicherheitsgefängnis“, betonte die -Politikerin. Es wäre wichtig gewesen, von dem mutmaßlichen Terroristen weitere Informationen über etwaige Auftraggeber, Mittäter und Gehilfen zu bekommen.

Die SPD verschärfte unterdessen ihre Kritik an den Verantwortlichen in Sachsen. „Sachsen droht nicht nur zu einem failed state (gescheiterten Staat) im Kampf gegen Rechtsextremismus zu werden, sondern nun auch im Justizvollzug“, sagte SPD-Innenexperte Burkhard Lischka der „Rheinischen Post“. Sachsen präsentiere sich gern als Musterknabe. „Doch nun zeigt sich, dass das Land offenbar massive Probleme hat - von der Polizei bis hin zum Justizvollzug“, so Lischka.

KONTEXT

Wie Dschaber al-Bakr die Ermittler in Atem hielt

10. Januar 1994

Dschaber al-Bakr wird südlich von Damaskus geboren.

19. Februar 2015

Der Syrer reist nach Deutschland ein, wird in München registriert und zur Erstaufnahme in Chemnitz weitergeleitet.

10. März 2015

Al-Bakr zieht nach Eilenburg in Nordsachsen.

9. Juni 2015

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gibt dem direkt am 19. Februar gestellten Asylantrag von al-Bakr statt. Der Syrer erhält einen auf drei Jahre befristeten Aufenthaltstitel.

September 2016

Der Bundesnachrichtendienst und das Bundesamt für Verfassungsschutz werden auf den 22-Jährigen aufmerksam. Die Hinweise verdichten sich. Der Syrer recherchiert im Internet über die Herstellung von Sprengsätzen und beschafft - vermutlich mit einem 33-Jährigen Komplizen - die Grundstoffe dafür.

6. Oktober 2016

Das Bundesamt für Verfassungsschutz macht Al-Bakr als Schlüsselfigur eines geplanten Anschlages des Islamischen Staates in Deutschland aus. Er soll sich gegen Züge oder Berliner Flughäfen richten. Al-Bakr wird ab sofort rund um die Uhr observiert.

7. Oktober 2016

Al-Bakr will im Ein-Euro-Shop Heißkleber kaufen. Für die Ermittler ist das ein Signal, dass er eine Bombe fertigstellen will. Der Verfassungsschutz benachrichtigt die Polizei in Chemnitz über mutmaßliche terroristische Vorbereitungen in der sächsischen Stadt. Es bestehe der Verdacht, dass ein Sprengstoffgürtel kurz vor der Fertigstellung oder gar einsatzbereit sein könnte.

8. Oktober 2016

Die Polizei versucht, al-Bakr in der Wohnung eines Bekannten in Chemnitz festzunehmen. Ein Mann, möglicherweise al-Bakr, verlässt das Haus und flüchtet trotz Warnschuss. Der Syrer wird bundesweit zur Fahndung ausgeschrieben. Die Beamten stellen in der Wohnung 1,5 Kilo TATP-Sprengstoff sicher, der kontrolliert gesprengt wird. Der Mieter der Wohnung, Khalil A., wird als mutmaßlicher Mittäter festgenommen. Zwei weitere Festgenommene kommen wieder frei.

9. Oktober 2016

Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe zieht die Ermittlungen an sich. Die Polizei fahndet weiter bundesweit nach al-Bakr, auch auf Englisch und Arabisch. Al-Bakr kommt bis Leipzig. Er sucht unter Landsleuten nach einer Übernachtungsmöglichkeit. Ein Syrer nimmt ihn auf, erkennt ihn aber und holt Freunde. Gemeinsam überwältigen und fesseln sie al-Bakr und übergeben ihn der Polizei.

10. Oktober 2016

Die Polizei nimmt den 22-Jährigen am frühen Morgen fest. Ein Gericht erlässt Haftbefehl wegen Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Laut Bundesinnenminister Thomas de MaiziÁ¨re (CDU) wurde ein großes Attentat verhindert. "Die Vorbereitungen in Chemnitz ähneln nach allem, was wir heute wissen, den Vorbereitungen zu den Anschlägen in Paris und Brüssel."

12.Oktober 2016

Der Syrer wird erhängt in seiner Zelle in der Leipziger Justizvollzugsanstalt gefunden. Bundesinnenminister Thomas de MaiziÁ¨re fordert rasche und umfassende Aufklärung.

KONTEXT

Vereitelte islamistische Anschläge in Deutschland

April 2002

Seit den Attacken vom 11. September 2001 in den USA wurden eine Reihe von Anschlägen in Deutschland vereitelt. Einige aufsehenerregende Fälle im Überblick.Im April 2002 nimmt die Polizei Anhänger der zum Al-Kaida-Netzwerk zählenden Terrorgruppe Al-Tawhid fest. Die Männer planten Angriffe auf das jüdische Gemeindezentrum in Berlin und jüdische Gaststätten in Düsseldorf. Sie werden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.

Dezember 2004

Mitglieder der Islamistengruppe Ansar al-Islam planen, Iraks Ministerpräsidenten Ijad Allawi während eines Deutschland-Besuchs zu ermorden. Drei Iraker erhalten deshalb langjährige Haftstrafen. Der verurteilte Chefplaner des Anschlags wird im September 2015 in Berlin von einem Polizisten erschossen, nachdem er dessen Kollegin mit einem Messer schwer verletzt hatte.

September 2007

Die islamistische Sauerland-Gruppe wird gefasst. Die vier Mitglieder werden wegen geplanter Terroranschläge auf Diskotheken, Flughäfen und US-Einrichtungen in Deutschland zu mehrjährige Freiheitsstrafen verurteilt.

April 2011

Ermittler nehmen in Düsseldorf drei mutmaßliche Al-Kaida-Mitglieder fest, die einen Sprengstoffanschlag in Deutschland geplant hatten. Im Dezember 2011 wird in Bochum ein viertes mutmaßliches Mitglied der Düsseldorfer Zelle gefasst. Die vier Männer müssen mehrere Jahre ins Gefängnis.

März 2013

Die Polizei fasst vier Verdächtige aus der Bonner Islamisten-Szene, die einen Anschlag auf den Chef der rechtsextremen Splitterpartei "Pro NRW" geplant haben sollen. Einer soll die Bombe in Bonn deponiert haben. Der Prozess gegen die mutmaßlichen Terroristen in Düsseldorf dauert an.

Februar 2016

Die Polizei kommt einer mutmaßlichen Terrorzelle auf die Schliche und schlägt gleichzeitig in Berlin, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen zu. Die vier Verdächtigen hatten womöglich einen Anschlag in Berlin geplant.

Juni 2016

Spezialkräfte der Polizei nehmen drei mutmaßliche Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Brandenburg fest. Sie sollen einen Anschlag in der Düsseldorfer Altstadt geplant haben.(Quelle: dpa)

Oktober 2016

In Leipzig nimmt die Polizei einen Syrer fest. Nach Angaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz hatte der anerkannte Flüchtling Dschaber al-Bakr einen Sprengstoffanschlag auf einen Berliner Flughafen geplant und bereits weitestgehend vorbereitet.

(Quelle: dpa)

KONTEXT

Vereitelte islamistische Anschläge in Deutschland

April 2002

Seit den Attacken vom 11. September 2001 in den USA wurden eine Reihe von Anschlägen in Deutschland vereitelt. Einige aufsehenerregende Fälle im Überblick.Im April 2002 nimmt die Polizei Anhänger der zum Al-Kaida-Netzwerk zählenden Terrorgruppe Al-Tawhid fest. Die Männer planten Angriffe auf das jüdische Gemeindezentrum in Berlin und jüdische Gaststätten in Düsseldorf. Sie werden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.

Dezember 2004

Mitglieder der Islamistengruppe Ansar al-Islam planen, Iraks Ministerpräsidenten Ijad Allawi während eines Deutschland-Besuchs zu ermorden. Drei Iraker erhalten deshalb langjährige Haftstrafen. Der verurteilte Chefplaner des Anschlags wird im September 2015 in Berlin von einem Polizisten erschossen, nachdem er dessen Kollegin mit einem Messer schwer verletzt hatte.

September 2007

Die islamistische Sauerland-Gruppe wird gefasst. Die vier Mitglieder werden wegen geplanter Terroranschläge auf Diskotheken, Flughäfen und US-Einrichtungen in Deutschland zu mehrjährige Freiheitsstrafen verurteilt.

April 2011

Ermittler nehmen in Düsseldorf drei mutmaßliche Al-Kaida-Mitglieder fest, die einen Sprengstoffanschlag in Deutschland geplant hatten. Im Dezember 2011 wird in Bochum ein viertes mutmaßliches Mitglied der Düsseldorfer Zelle gefasst. Die vier Männer müssen mehrere Jahre ins Gefängnis.

März 2013

Die Polizei fasst vier Verdächtige aus der Bonner Islamisten-Szene, die einen Anschlag auf den Chef der rechtsextremen Splitterpartei "Pro NRW" geplant haben sollen. Einer soll die Bombe in Bonn deponiert haben. Der Prozess gegen die mutmaßlichen Terroristen in Düsseldorf dauert an.

Februar 2016

Die Polizei kommt einer mutmaßlichen Terrorzelle auf die Schliche und schlägt gleichzeitig in Berlin, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen zu. Die vier Verdächtigen hatten womöglich einen Anschlag in Berlin geplant.

Juni 2016

Spezialkräfte der Polizei nehmen drei mutmaßliche Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Brandenburg fest. Sie sollen einen Anschlag in der Düsseldorfer Altstadt geplant haben.(Quelle: dpa)

Oktober 2016

In Leipzig nimmt die Polizei einen Syrer fest. Nach Angaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz hatte der anerkannte Flüchtling Dschaber al-Bakr einen Sprengstoffanschlag auf einen Berliner Flughafen geplant und bereits weitestgehend vorbereitet.

(Quelle: dpa)