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Canon-Deutschlandchef Rainer Führes: „Smartphone-Bilder haben keine nachhaltige Relevanz“

Der Canon-Deutschlandchef und Vorsitzende des Photoindustrie-Verbands, Rainer Führes, hat keine Angst vor Smartphones. Führes ist noch immer davon überzeugt, dass das Geschäft mit Digitalkameras eine langfristige Zukunft hat. „Der Trend zeigt heute ganz eindeutig, dass qualitativ hochwertige Bildaufnahmen und Kameras an Beliebtheit gewinnen“, sagte er im Gespräch mit dem Handelsblatt.

Doch die sinkende Nachfrage nach Digitalkameras macht Branchenprimus Canon seit Jahren zu schaffen. Im Vergleich zu 2007, als das erste iPhone vorgestellt wurde, setzte der japanische Konzern im vergangenen Jahr wechselkursbereinigt 3,4 Milliarden Euro weniger mit dem Verkauf von Kameras um – das entspricht elf Prozent des gesamten Konzernumsatzes.

Das darbende Geschäft hatte bereits mehrere Hersteller wie Samsung veranlasst, sich vom Kamerageschäft zu trennen. Führes glaubt aber, dass die Entwicklung so nicht weitergehen wird: „Die Player, die heute im Markt aktiv sind, werden dies wohl auch bleiben.“

Canon hatte die Branche bis vor einigen Jahren gemeinsam mit Nikon als Duopol dominiert. Ab 2013 revolutionierte Sony mit spiegellosen Systemkameras den Markt und eroberte sich erhebliche Anteile. Erst vor zwei Wochen war Canon mit einem technisch gleichwertigen Modell nachgezogen. „Es war kein zeitliches Rennen, wir wollten vielmehr die richtige Konzeption auf den Markt bringen“, verteidigt Führes die späte Reaktion.

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Er gesteht aber, dass die gesamte Foto- und Bildbranche sich wandelt, was zu einer Neuausrichtung der am Mittwoch startenden Photokina führt. „Wir sehen, dass der Foto- und Imaging-Markt immer smarter wird und sich für künstliche Intelligenz öffnet“, so Führes.

Lesen Sie hier das ganze Interview:

Wenn Rainer Führes zum Wandel der Kamerabranche gefragt wird, erzählt der Canon-Deutschlandchef und Vorsitzende des Photoindustrie-Verbands gern von seiner eigenen Kindheit. Damals habe er nur in Ausnahmefällen und unter strenger Aufsicht die Kamera seines Vaters benutzen dürfen. Das sei heute alles anders, jeder fotografiere, auch dank Smartphones. Im Handelsblatt-Gespräch macht er aber deutlich, dass Kameras für ihn heute trotzdem noch etwas besonderes sind.

Herr Führes, was haben Sie für ein Mobiltelefon?
Ich habe ein Smartphone der neuesten Generation eines bekannten US-Herstellers.

Und damit fotografieren Sie auch regelmäßig?
Selbstverständlich.

Brauchen Sie dann überhaupt zusätzlich noch eine Digitalkamera?
Absolut. Mit dem Smartphone kann man schnell mal eine Aufnahme machen, um sie über Messenger-Dienste zu verschicken. Solche Bilder haben aber keine nachhaltige Relevanz. Bei den Aufnahmen mit einer Kamera ist mir die Qualität wichtig, da ist mir die Situation wichtig, da möchte ich ein gutes Ergebnis haben.

Im Januar 2007 hatte Steve Jobs das iPhone der ersten Generation vorgestellt, was bis heute als Anbeginn des Smartphone-Zeitalters gesehen wird. Was hat sich seitdem in Ihrer Branche geändert?
Die Mitte der Nullerjahre war natürlich eine Zeit, in der wir einen absoluten Hype beim Verkauf digitaler Kameras hatten. Bis dahin gab es einfach gar keine Alternativen, um schnell mal ein Bild zu machen. Dann kam das Smartphone. Der Markt hat sich insofern verändert, dass das Niedrigpreis-Segment, also die Kameras für unter 100 Euro, nahezu komplett ersetzt wurden. So zeigt der Trend heute aber ganz eindeutig, dass qualitativ hochwertige Bildaufnahmen und Kameras an Beliebtheit gewinnen. Belichtung, Auflösung und Objektivqualität werden auch für die junge Generation zu entscheidenden Parametern beim Fotografieren.

In den letzten Jahren haben sich namhafte Kamerahersteller, etwa Samsung, aus der Branche verabschiedet. Wird der Druck durch Smartphones die Konsolidierung weiter befeuern?
Ob es weiterhin eine Konsolidierung der Branche geben wird, will ich nicht ausschließen – wobei der Markt grundsätzlich schon recht konsolidiert ist. Die Player, die heute im Markt aktiv sind, werden dies wohl auch bleiben.

Beim Geschäft mit Kameras handelt es sich doch eindeutig um einen Schrumpfmarkt. Muss es dann nicht irgendwann zwangsläufig eine weitere Verdichtung geben?
Das hängt sicherlich vom allgemeinen Anspruch ab, den die Leute an Kameras haben werden. Heute haben wir Bildauflösungen mit 4 K, irgendwann vielleicht Bildqualitäten von 16 K oder 32 K. Und bei höheren Ansprüchen an das Bild wird die Digitalkamera sicherlich beliebter oder sogar alternativlos. Der Trend zeigt, dass heute wieder viel mehr die Bildqualität im Fokus steht als noch vor einigen Jahren. Bei Smartphones stoßen Sie da an Grenzen.

Aber diese Grenzen verschieben sich doch ebenfalls.
Ich kann natürlich nicht 20 oder 30 Jahre in die Zukunft schauen. Aber im Bereich qualitativ hochwertiger Bildaufnahmen werden Kameras weiter ganz andere Möglichkeiten haben als das Smartphone. Mit der Neueinführung unserer ersten spiegellosen Systemkamera im Vollformat, der EOS R, Anfang September haben wir einen technologischen Grundstein für die nächsten Jahrzehnte gelegt.

Das aber vergleichsweise spät: Sony hatte schon 2013 mit einer spiegellosen Vollformatkamera den Markt revolutioniert.
Uns ging es nie darum, zwingend eine spiegellose Kamera zu bauen, nur um ein Produkt mit Wechselobjektiven anzubieten, das kompakter als eine Spiegelreflexkamera ist. Aus unserem Kundenkreis haben wir stets gehört, dass das auch einige Nachteile haben kann. Es war kein zeitliches Rennen, wir wollten vielmehr die richtige Konzeption auf den Markt bringen.

Und da war es Ihnen egal, dass sie jetzt erheblich Rückstände aufholen müssen? Sonys Marktanteil mit spiegellosen Kameras ist dreimal so hoch wie der von Canon.
Canon ist jetzt über 80 Jahre alt und es hat immer wieder technologische Brüche gegeben. Wir haben technologische Sprünge, ganz gleich welcher Art, stets aus der Perspektive des Anwenders betrachtet und haben erst dann gehandelt, wenn wir einen klaren Vorteil für den Anwender erschließen konnten. Damit sind wir seit langem Marktführer. Und das wollen wir auch in Zukunft bleiben.

Trotzdem zeigt auch die Photokina, dass die Branche sich wandelt.
Wir sehen, dass der Foto- und Imaging-Markt immer smarter wird und sich für künstliche Intelligenz öffnet. Und diese Veränderungen wollen wir natürlich auch bei der Photokina abbilden. Daher sind Themen wie Bildsoftware, Apps, Cloud-Lösungen und Augmented Reality in diesem Jahr noch deutlich stärker vertreten.

Wie verlief der Prozess dieser Umstrukturierung?
Es wurde im Branchenverband (PIV) natürlich viel miteinander diskutiert. Einige wollten lieber am traditionellen Konzept der Photokina festhalten und den Fokus ausschließlich weiter auf die klassische Fotografie legen. Aber letztendlich war man sich einig, nicht mehr nur über Fotografie, sondern über Imaging als Gesamtes sprechen zu wollen und damit das gesamte Imaging-Ökosytem abbilden zu müssen – von der Fotografie über die Bildbearbeitung zur Bildausgabe, also dem Druck.

Sie kooperieren neuerdings mit dem rheinischen Gründerszene-Treffpunkt „Startplatz“. Inwieweit bringt sie das voran?
Canon investiert im Jahr nahezu acht Prozent seines weltweiten Umsatzes in Forschung und Entwicklung. Naturgemäß konzentrieren wir uns dabei auf unsere Kernbereiche. Veränderungen wie die Digitalisierung bedeuten aber auch, dass man nicht alles selbst entwickeln und erforschen kann. Und da ist die Szene junger Unternehmer sehr inspirierend. Ob es mit den Startups dieser Plattform dann auch geschäftliche Kooperationen geben wird, wird sich noch zeigen.

Herr Führes, vielen Dank für das Gespräch.