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Bundestrainer Joachim Löw – Von der Notwendigkeit zur Veränderung

Die K.-o.-Phase der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland ohne deutsche Beteiligung? Undenkbar! Dementsprechend segelten wir Ende Juni in lockerer Vorfreude auf meiner „Pink Gin“ in Richtung Sankt Petersburg. Dort wollten wir das Achtelfinale sehen und selbstverständlich abends auf der Jacht den Einzug ins Viertelfinale feiern. – Denkste! Viel lieber hätte ich mit Joachim Löw, den ich im Sommer 2018 auf Sardinien persönlich kennen und schätzen gelernt habe, über die Perspektive Titelverteidigung gesprochen. Nun aber: Aus der Traum. Chance vergeigt. Der Trainer wackelt.

Für gute Freunde und mich hatte ich Stadiontickets frühzeitig gesichert. Die Nachricht vom frühen Aus einer deutschen Mannschaft, die völlig von der Rolle in ihrem letzten Gruppenspiel „Angstgegner“ Südkorea unterlag, war nur noch mit Galgenhumor zu ertragen. Bitteres Wendemanöver auf der Ostsee: „Wir könn’n nach Hause fahr’n ...!“

Vier Jahre zuvor als Weltmeister heroisiert, jetzt dem Hohn und Spott der Weltpresse ausgeliefert. Wie oft haben wir schon beobachten können, wie Menschen, die im Mittelpunkt der Medien stehen, zu deren Spielball werden, von heute auf morgen gemodelt vom angehimmelten Idol zum tragischen Clown. Die Fallhöhe bringt Schlagzeilen. Fair geht nicht immer vor.

Ich glaube, Jogi Löw war sich dieser Gefahr von Anfang an bewusst und hat sich deshalb so geschickt verhalten. Er hat einen Einblick in seine Trainerseele gestattet und beschrieben, wie für ihn der Titelgewinn schon zu einer Belastung wurde, als die anderen noch im Zustand der maximalen Euphorie in Rio die Korken knallen ließen. Ich kann ihn verstehen. Und ich finde, es verdient hohen Respekt, wenn sich jemand ganz authentisch gegen die Rollen behauptet, die ihm von außen aufgedrängt werden sollen.

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Auf die Rolle als Triumphator festgelegt zu sein, kann ja nur im Scheitern enden. Jogi Löw hat dagegen vor der WM wiederholt klar gesagt, dass jeder Erfolg immer wieder neu erarbeitet werden muss. Und er hat trotzdem nach dem WM-Aus sich selbst „fast schon Arroganz“ vorgeworfen, weil doch nicht alles Erforderliche umgesetzt worden war.

Wohl gemerkt, sich selbst hat er das vorgeworfen – und nicht den hochdekorierten Profis auf dem Platz, die uns doch manchmal so erschienen, als hätte sie der Mannschaftsgeist verlassen. Ein charakterstarker Trainer, der in einer solchen Situation sein eigenes Defizit sucht und keine Sündenböcke im Team.

„Fast schon arrogant“, das hat er auf der längsten Pressekonferenz gesagt, die es in der DFB-Geschichte jemals gab. 110 Minuten, gemeinsam mit Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff ein Spießrutensitzen in aller Öffentlichkeit. Zwei Monate nach der WM. Jogi Löw warf sich vor, er habe alles perfektionieren und auf die Spitze treiben wollen. Sich neu zu besinnen war dabei zu kurz gekommen.

Ich finde, das ist einer der Punkte, bei denen deutlich wird, warum man die Herausforderungen für Trainer und Unternehmer ganz gut vergleichen kann. Ich habe mich bei Ottobock ja stets als Teamchef definiert, der – wie bei einer Fußballmannschaft – die richtigen Leute am richtigen Platz einsetzen muss.

Man kann auch in einer Firma das Bestehende eine ganze Zeit lang perfektionieren, aber irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem man das Erreichte den sich verändernden Rahmenbedingungen anpassen muss. Am Ende werden auch wir an Ergebnissen gemessen.

Ballbesitzfußball ist pfui

Vielleicht hat mich ja auch deshalb schon auf dem Rückweg über die Ostsee die Frage so sehr beschäftigt, wie es jetzt weitergeht, mit Jogi Löw, der Nationalmannschaft, Fußball in Deutschland. Jeder schien ganz plötzlich zu wissen, dass der Ballbesitzfußball à la FC Barcelona oder Bayern München pfui ist.

Als hätte sich etwas an der Weisheit geändert, dass der Gegner keine Tore schießen kann, solange du selbst am Ball bist. Richtig bleibt natürlich auch: Was nützt der Ballbesitz, wenn die Kreativität verloren geht, selbst Tore zu schießen.

Löw hat die bei der WM 2018 von ihm und seinem Team gemachten Fehler analysiert und eingesehen. Nachdem er aus Loyalität und Dankbarkeit zu lange an seinen Weltmeistern von 2014 festgehalten hat, wird er für die EM 2020 einen Umbruch einleiten und eine rundum erneuerte Mannschaft aufbauen!

Hier werden die Spieler Sané, Gnabry, Draxler, Goretzka, Süle , Reus, Brandt, Kimmich, Werner und Kehrer eine entscheidende Rolle spielen. Dass er ein Team aufbauen kann, hat er mit den Erfolgen bei der WM 2006 und 2010 mit jeweils Platz 3 und vor allem mit dem WM-Titel 2014 bewiesen! Eine zweite Blamage wie 2018 wird es nicht geben, und er wird das in ihn gesetzte Vertrauen mit Erfolgen zurückzahlen!

Es gehört wohl zum Schicksal ergebnisorientierter Menschen, dass sie Euphorie eher verdächtig finden und stattdessen stabile Aufwärtsentwicklungen anstreben. Das schließt gelegentliche Enttäuschungen zwar nicht aus, verändert aber die Reaktion darauf. Die Antwort ist nämlich dann, die Notwendigkeit von Veränderungen zu akzeptieren.

Nicht selten ist damit verbunden, sich von Gewohnheiten zu verabschieden und im Kreis der maßgeblichen Akteure Verjüngungsprozesse auf den Weg zu bringen. Mut statt Wehmut. Wir greifen noch mal an.

Jogi Löw hat mit dieser Einstellung die kritische Phase nach dem WM-Aus überstanden. Aber auch er wird nicht ewig Bundestrainer bleiben. Wenn es so weit ist, will er eine erfolgreiche und spielstarke Mannschaft hinterlassen. Gut dran sind diejenigen, die den Zeitpunkt selbst bestimmen können, an dem sie sich aus der Verantwortung zurückziehen. Dafür wünsche ich unserem Bundes-Jogi ein gutes Händchen.


Wer der Jury noch auffiel

Elon Musk

Der Tesla-Gründer und Chef hat Autoliebhaber, Investoren und Weltraumfans gleichermaßen in Atem gehalten. Elon Musk beleidigte Analysten, verunsicherte die Börse und schrieb Geschichte. Vor allem als er per Twitter den Rückzug von der Börse inklusive Preisvorstellung ankündigte, ließ er den Kurs erst explodieren und dann wieder implodieren. Das Ergebnis: Die fast absolute Macht des 47-Jährigen wurde eingeschränkt, zum ersten Mal hat er jetzt echte Kontrollinstanzen im Unternehmen.

Auch sonst war es ein Jahr der ersten Male für Musk: Zum ersten Mal ist sein neues Massenauto – das Model 3 – auf den Markt gekommen. Trotz aller Zweifler hat er viele Produktionsschwierigkeiten gemeistert. Zum ersten Mal hat das verlustträchtige Unternehmen Tesla im dritten Quartal einen Gewinn geschrieben. Und zum ersten Mal hat Musk im Februar mit SpaceX erfolgreich Raketen ins All geschossen, die danach wieder auf der Erde landeten. Katharina Kort
Emmanuel Macron

Gerade 40 Jahre alt geworden war Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hoffnungsvoll ins Jahr gestartet. Doch dann stand er vor einer Hürde nach der anderen. Mit Europa ging es nicht richtig weiter. Seine hochfliegenden Pläne kamen nicht überall gut an, wurden auch von Deutschland ausgebremst. Im eigenen Land häuften sich die Probleme. Er wurde für seine Politik als „Präsident der Reichen“ kritisiert, er erließ Steuern für Unternehmen, lockerte die Arbeitsgesetze und erzürnte das Volk mit herablassenden Sprüchen.

Er wurde als „arrogant“ kritisiert, als er mit kostspieligen Renovierungen im Élysée-Palast und einem Pool in der Sommerresidenz in Südfrankreich Schlagzeilen machte. In den Umfragen fiel er immer weiter ab und liegt nur noch bei etwa 20 Prozent. Die Proteste der Gelbwesten über Wochen ließen ihn Zugeständnisse machen und bescheidener auftreten: „Wir haben seit anderthalb Jahren keine Antwort geben können.“ Die muss er 2019 dringend finden. Tanja Kuchenbecker

Mark Zuckerberg

Es war das schwerste Jahr in der Unternehmensgeschichte von Facebook. Die Skandalserie um Mark Zuckerberg, Chef des weltgrößten Netzwerks mit insgesamt 2,2 Milliarden Mitgliedern, scheint kein Ende zu nehmen. Was mit dem Vorwurf begann, zu wenig gegen russische Einflussnahme bei den US-Präsidentschaftswahlen getan zu haben, weitet sich immer mehr zur Führungskrise aus. Zahlreiche Investoren plädieren für eine Absetzung des 34-Jährigen. Die Stimmung im Unternehmen ist schlecht.

Nach einer internen Studie, aus der das „Wall Street Journal“ zitiert, glaubt nur noch die Hälfte der Mitarbeiter an eine positive Zukunft für das Netzwerk. Nach Cambridge Analytica, der millionenfachen Kompromittierung von Profilen, den Enthüllungen über die Machenschaften der PR-Agentur Definers sowie internen Mails, die belegen, dass Zuckerberg sehr wohl mit Daten handelte, steht das Netzwerk vor einer unklaren Zukunft. Britta Weddeling

Kai Diekmann und Lenny Fischer

Der Kombi-Pack aus Börsen-Expertise und Kommunikations-Know-how sollte den Erfolg bringen. Leonhard „Lenny“ Fischer und Kai Diekmann waren vor etwa einem Jahr angetreten, dem deutschen Sparer in der Null-Zins-Welt endlich das anzubieten, was er braucht: eine stabile, verlässliche Rendite. Der ehemalige Vorstand der Dresdner Bank und der Ex-Chef der Zeitung „Bild“ legten den „Zukunftsfonds“ auf. Mit dem konservativen und nur digital angebotenen Mischfonds, der in Anleihen und Aktien investiert, planten sie den großen Coup.

Die beiden Promis wollen über einige Jahre viele Milliarden Euro einsammeln — in einem hart umkämpften Markt für Sparprodukte. Die bisherige Bilanz der beiden Freunde aus Kindertagen ist allerdings ernüchternd. Trotz Werbung hat der Fonds gerade einmal 15 Millionen Euro Kapital. Dabei stammt ein größerer Teil des Geldes aus dem Umfeld der Fondsgründer. Und der bisherige Verlust von vier Prozent dürfte Sparer kaum locken. Ingo Narat

Lesen Sie in unserem 35-seitigen Dossier „Menschen des Jahres 2018“, wer in diesem Jahr Großes geleistet hat, wer überrascht oder enttäuscht hat.