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Widerspruchslösung abgelehnt: Organspenden weiter nur bei ausdrücklicher Zustimmung möglich

Tausende kranke Menschen in Deutschland warten auf ein Spenderorgan – viele vergeblich. Nun hat der Bundestag über die Regeln für Organspenden abgestimmt.

Der Bundestag hat bei den Organspenderegeln für einen Vorschlag der Gruppe um die Grünen-Chefin gestimmt. Foto: dpa
Der Bundestag hat bei den Organspenderegeln für einen Vorschlag der Gruppe um die Grünen-Chefin gestimmt. Foto: dpa

Jens Spahn ergriff in der Bundestagsdebatte über die Neuregelung der Organspende als letzter Redner das Wort. Noch einmal warb der Gesundheitsminister für die „doppelte Widerspruchslösung“, bei der Menschen nach dem Hirntod automatisch zu Organspendern werden sollten, wenn sie zu Lebzeiten nicht ausdrücklich widersprochen haben, und ihre Angehörigen keine andere Willensbekundung kennen.

Diese Reform sei „kein Allheilmittel, keine Wunderwaffe“, sagte der CDU-Politiker. Allerdings sei sie eine Lösung, „die Menschenleben rettet“.

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Doch die Mehrheit der Abgeordneten folgte Spahn nicht. In der namentlichen Abstimmung votierten 379 Parlamentarier gegen den vom Minister unterstützten Gesetzentwurf, 292 befürworteten ihn, drei enthielten sich.

Im Anschluss nahm der Bundestag einen Alternativentwurf an, der festschreibt, dass Organspenden auch weiter nur bei ausdrücklich erklärter Zustimmung erlaubt sind. Die Bürger sollen aber durch regelmäßige Ansprachen beim Bürgeramt und beim Arzt dazu bewegt werden, eine Entscheidung zur Organspende zu treffen.

Der von einer Abgeordnetengruppe um die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock und die Linken-Chefin Katja Kipping erarbeitete Entwurf erhielt 432 Stimmen. Dagegen votierten 200 Parlamentarier, 37 enthielten sich.

Vorangegangen war eine leidenschaftliche Debatte. Baerbock forderte dabei, jedem Bürger die Entscheidung zur Organspende selbst zu überlassen, aber die Bereitschaft zu stärken, sich auf ein Ja oder Nein festzulegen.

„Wir stimmen hier heute über eine hochethische Frage ab, nämlich: Wie kommen wir zu mehr Transplantationen? Wie retten wir mehr Leben?“, sagte Baerbock. „Wir stimmen aber auch darüber ab: Wem gehört der Mensch? In unseren Augen gehört er nicht dem Staat, nicht der Gesellschaft, er gehört sich selbst.“

Viele Deutsche sehen Organspenden positiv

In kaum einem anderen europäischen Land spenden so wenige Menschen nach ihrem Tod ein Herz, eine Leber oder eine Niere wie in Deutschland. Während fast 10.000 Schwerkranke auf den Wartelisten für ein Spenderorgan stehen, gab es 2019 nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) bundesweit nur 932 Organspender. Das ist ein leichter Rückgang im Vergleich zum Vorjahr (955), aber immerhin mehr als 2017, als mit 797 Spendern der niedrigste Stand seit zwei Jahrzehnten verzeichnet worden war.

Dabei haben viele Deutsche eine positive Haltung zur Organspende. Laut einer aktuellen Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse (TK) stehen 84 Prozent der Bundesbürger Organspenden positiv gegenüber. Am höchsten ist die Zustimmung demnach bei jungen Leuten zwischen 18 und 29 Jahren mit 93 Prozent.

Allerdings haben nur 37 Prozent der Befragten in einem Organspendeausweis ihre Spendenbereitschaft bekundet. Viele potenzielle Spender überwinden also nicht die Hürde, sich aktiv um den Ausweis zu bemühen. Außerdem liegt das Dokument oft nicht vor, wenn sich die Frage der Organentnahme im Krankenhaus stellt.

Die Abgeordnetengruppe um Spahn und den SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach hatte argumentiert, dass die Zahl der Organspender mit einer doppelten Widerspruchslösung deutlich erhöht werden könne. Nur dieser Weg sei „eine einfache, unbürokratische Regelung“, sagte Lauterbach in der Bundestagsdebatte.

Bürger sollen alle zehn Jahre angesprochen werden

Allerdings ist auch im nun verabschiedeten Alternativentwurf der Anspruch formuliert, die „bestehende Differenz“ zwischen der positiven Einstellung in der Bevölkerung zur Organspende und dem dokumentierten Spenderwillen zu verringern. Ziel sei, „eine stets widerrufbare Entscheidung klar zu registrieren, verbindliche Information und bessere Aufklärung zu gewährleisten und die regelmäßige Auseinandersetzung mit der Thematik zu fördern“.

Vorgesehen ist, die Bürger mindestens alle zehn Jahre direkt anzusprechen. Wer ab 16 Jahren einen Personalausweis beantragt, ihn verlängert oder sich einen Pass besorgt, soll auf dem Amt Informationsmaterial bekommen. Beim Abholen kann man sich dann auch schon vor Ort in ein neues Online-Register eintragen – mit Ja oder Nein.

Auch den Hausärzten soll eine wichtige Rolle bei der Aufklärung zukommen. Laut Gesetz sollen sie ihre Patienten „bei Bedarf aktiv alle zwei Jahre über die Organ- und Gewebespende beraten und sie zur Eintragung in das Online-Register ermutigen“. Die Betragung soll aber ergebnisoffen und mit dem Hinweis erfolgen, dass es keine Pflicht zu einer solchen Erklärung gibt.

Nach der Entscheidung des Bundestages kündigte Spahn an, die beschlossenen Pläne als Minister voller Tatkraft umzusetzen. „Dass ich ein Stück enttäuscht bin, liegt in der Natur der Sache“, sagte er zum Scheitern der Widerspruchslösung. Es gehe aber nicht „um Gewinnen und Verlieren. Hier geht es darum, Menschen in Not zu helfen.“

In den Augen des Ministers war die Debatte über die Organspende, die er vor anderthalb Jahren mit seinem Vorstoß zur Widerspruchslösung angestoßen hatte, ein Wert an sich. Patienten, die teils seit Jahren auf ein Organ warteten, hätten gesehen, dass sie nicht vergessen seien, sagte Spahn. In drei, vier oder fünf Jahren müsse dann geschaut werden, ob sich an der Lage der Betroffenen tatsächlich etwas geändert habe.