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Ab 2022: Millionenfaches Kükentöten wird verboten

Millionen Küken werden jedes Jahr getötet, weil sie männlich sind und sich nicht vermarkten lassen - so ist es Routine. Nach langem Ringen kommt jetzt ein Verbot, um mehr Tierschutz durchzusetzen.

In Deutschland werden jährlich mehr als 40 Millionen männliche Küken kurz nach dem Schlüpfen routinemäßig getötet, weil sie keine Eier legen und nicht so viel Fleisch ansetzen.
In Deutschland werden jährlich mehr als 40 Millionen männliche Küken kurz nach dem Schlüpfen routinemäßig getötet (Bild: dpa)

Mit dem massenhaften Töten männlicher Küken in der Legehennenzucht soll ab Anfang 2022 in Deutschland Schluss sein. Das legt ein Verbot von Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) fest, das der Bundestag beschlossen hat.

Stattdessen sollen dann Verfahren auf breiter Front einsetzbar sein, um das Geschlecht schon im Ei zu erkennen und männliche Küken gar nicht erst schlüpfen zu lassen. Tierschützer fordern seit Jahren ein Ende des Tötens. Die Geflügelbranche warnte vor einem nationalen Alleingang. Große Supermarktketten haben schon damit begonnen, ihre Sortimente auf Eier aus Produktion ohne Kükentöten umzustellen.

"Damit zeigen wir, dass Tierschutz und Wirtschaftlichkeit zusammengeht"

Klöckner sagte der Deutschen Presse-Agentur, das Gesetz sei ein Meilenstein für den Tierschutz. "Damit sind wir weltweit Vorreiter." Um das Kükentöten jetzt rechtssicher untersagen zu können, seien Millionen in Spitzenforschung investiert worden. Brütereien stünden dadurch nun Alternativen zur Verfügung. "Damit zeigen wir, dass Tierschutz und Wirtschaftlichkeit zusammengeht", betonte die Ministerin. "Wir lagern Tierschutzfragen nicht einfach ins Ausland aus, sondern bieten hier in Deutschland eine Lösung an."

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Obwohl auch AfD und Grüne für das Gesetz stimmten, kam aus der Opposition deutliche Kritik: So warnten AfD und FDP, ein nationaler Alleingang führe zur Abwanderung der Branche ins Ausland. Linken und Grünen geht das Gesetz hingegen nicht weit genug. Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali nannte es eine "Scheinlösung", die Küken nicht erst nach dem Schlüpfen zu töten, sondern kurz davor. Mit dem Gesetz soll sich abschließend auch noch der Bundesrat befassen.

Lesen Sie auch: Beim Verbot des Kükentötens soll es Ausnahmen geben - Verfütterung erlaubt

Jährlich werden mehr als 40 Millionen männliche Küken in Deutschland kurz nach dem Schlüpfen routinemäßig getötet, weil sie für Brütereien wirtschaftlich nicht lohnend sind. Denn sie legen keine Eier und setzen nicht so viel Fleisch an. Teils ist von "Schreddern" die Rede, die Küken werden meist aber mit Gas getötet. Dabei legt das Tierschutzgesetz fest, dass niemand einem Tier "ohne vernünftigen Grund" Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen darf. Das Bundesverwaltungsgericht entschied 2019, dass Tierschutzbelange schwerer wiegen als wirtschaftliche Interessen der Hennenzüchter und erklärte die Praxis nur noch für eine Übergangszeit für zulässig.

Sorge vor dem Ausweichen ins Ausland

Konkret heißt es im Tierschutzgesetz künftig: "Es ist verboten, Küken von Haushühnern der Art Gallus gallus zu töten." Und zwar gültig ab 1. Januar 2022, ausgenommen für Maßnahmen bei Tierseuchen oder für Tierversuche. Zum 1. Januar 2024 soll zudem eine Verschärfung bei der Geschlechtsbestimmung im Ei folgen. Dann sollen nur noch Methoden erlaubt sein, die frühzeitiger funktionieren - ab dem 7. Tag des Bebrütens sollen Eingriffe tabu sein. Hintergrund ist, dass Embryos ab dann ein Schmerzempfinden haben, wie das Ministerium erläuterte. Derzeit seien Verfahren zwischen dem 9. und dem 14. Tag marktreif. Insgesamt dauert es 21 Tage, bis Küken schlüpfen.

Der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft nannte den Ausstieg richtig, kritisierte aber ein rein nationales Verbot. "Unseren heimischen Brütereien wird damit quasi der Boden unter den Füßen weggezogen", warnte Präsident Friedrich-Otto Ripke. EU-weit einheitliche Regeln müssten dringend vorangebracht werden. Die vielen kleineren Brütereien könnten durch höhere Erzeugungskosten für Küken und Junghennen nicht mehr wirtschaftlich agieren. Große, international agierende Anbieter bekämen mehr Anreize, Brutgeschäft ins Ausland zu verlagern. Der Verband begrüßte, dass eine Prüfklausel eingefügt wurde: Bis Ende März 2023 soll das Ministerium über den Stand bei Verfahren zur früheren Geschlechtsbestimmung berichten.

Für mehr Tierschutz kommt es auch darauf an, dass das Verbot nicht durch Einkauf aus dem Ausland umgangen wird. Das betrifft Großabnehmer, die Eier zum Beispiel zu Nudeln und Kuchen verarbeiten. Klöckner rief die Supermärkte zuletzt auch schon auf, Eier ohne Kükentöten in die Regale zu nehmen. Damit würde ein Ei nach Handelsangaben ein bis zwei Cent teurer. Tatsächlich haben Ketten wie Rewe, Aldi, Edeka und Lidl teils schon vor längerem mit Umstellungen begonnen und wollen dies im Sortiment schrittweise weiter ausdehnen.

Tierschutzbund kritisiert zu spätes und zu schwaches Verbot

Der Deutsche Tierschutzbund kritisierte das Verbot als zu spät und zu schwach. Es sei richtig, "den millionenfachen Mord an männlichen Küken aus rein ökonomischem Antrieb zu beenden", sagte Präsident Thomas Schröder. Wer Tierschutz konsequent denke und gesellschaftliche Akzeptanz wünsche, müsse aber auch "das Leid der Legehenne als Eierproduktionsmaschine beenden".

Die Fördergelder zur Entwicklung der Geschlechtserkennung im Ei wären besser in die "Praxisreife" von Zweinutzungshühnern investiert gewesen, ergänzte Schröder. Dabei sollen weibliche Küken Eier legen, männlichen Küken werden zur Mast aufgezogen. Der Verband der Zoologischen Gärten beklagte unterdessen, das generelle Verbot des Kükentötens gefährde "die Versorgung von Fleischfressern, die nicht mit Salat gefüttert werden können".

Der FDP-Agrarpolitiker Gero Hocker warnte, künftig würden noch mehr Produkte aus dem Ausland in den Regalen landen. "Einfluss auf die Produktionsbedingungen wie das Tierwohl verlieren wir dann immer mehr." Nötig sei ein EU-weites Verbot des Kükentötens.

Im Video: Glück gehabt - Küken aus Abwasserkanal gerettet