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Bundesregierung zahlt fast eine Million Euro für veraltetes Microsoft-Betriebssystem

Bundesregierung zahlt fast eine Million Euro für veraltetes Microsoft-Betriebssystem

Der Support für Windows 7 ist eingestellt, trotzdem laufen in Bundesregierung und Behörden tausende PCs mit dem System. Die Kosten sind erheblich.

Seit Jahren ist bekannt, dass Microsoft die Unterstützung für Windows 7 einstellt – seit dem 14. Januar liefert der Softwarehersteller standardmäßig keine Updates mehr aus, damit bleiben auch Sicherheitslücken offen. Trotzdem ist in Bundesregierung und Bundesbehörden die Umstellung auf ein modernes Betriebssystem, Windows 10, längst nicht abgeschlossen.

Auf mindestens 33.000 PCs läuft zum Stichtag weiterhin die alte Software, wie das Bundesinnenministerium auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion schreibt, die dem Handelsblatt vorliegt. Dadurch entstehen erhebliche Kosten: Für das „Extended Security Update“-Programm, mit dem Unternehmen und Behörden gegen Gebühr weiter Updates bekommen können, würden im laufenden Jahr „ca. 800.000 Euro“ fällig, schreibt der Parlamentarische Staatssekretär Günter Krings (CDU). Es dürfte allerdings eine erhebliche Dunkelziffer geben.

Der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz warf der Bundesregierung vor, „keinerlei Überblick über die Gesamtsituation“ zu haben, weil es nicht möglich gewesen sei, Daten von allen Bundesministerien zu bekommen. „Daher ist davon auszugehen, dass das Ausmaß der Probleme noch sehr viel größer ist, als auch so schon deutlich wird“, sagte von Notz dem Handelsblatt.

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„Durch ihre massiven Versäumnisse ist die Bundesregierung dafür verantwortlich, dass die IT-Systeme von Kanzleramt, Bundesministerien und Bundesbehörden nur unzureichend geschützt sind“, kritisierte der Bundestagsabgeordnete. „Das ist angesichts eines anhaltend hohen Bedrohungspotentials grob fahrlässig.“

Auch viele Landesverwaltungen nutzen noch Windows 7. In Berlin beispielsweise sind mit dem Ende des kostenlosen Windows-7-Supports noch rund 20.000 der insgesamt 85.000 Verwaltungsrechner im Einsatz. Das war zwar Jahre vorher bekannt, kostet das Land aber dennoch rund eine Million Euro extra.

Behörden selbst für „zeitgerechte“ Umstellung verantwortlich

Microsoft erklärt, dass jede Windows-Version „einen klar definierten Lebenszyklus“ habe, „um höchste Sicherheit und eine zeitgemäße Funktionalität zu gewährleisten“. Der Softwarehersteller teilt mehrere Jahre im Voraus mit, wann er die Lieferung von Updates einstellt. Bei Windows 7 ist das knapp zehn Jahre nach der Markteinführung der Fall.

Damit zwingt der Konzern viele Organisationen de facto zum Umstieg auf Windows 10 – der Einsatz von MacOS und Linux ist in der Geschäftswelt oft mit Schwierigkeiten verbunden. Weil sich die IT-Welt rasant verändere, brauche es „eine Plattform, (…) die Unternehmen befähigt, von den Vorteilen der digitalen Transformation zu profitieren“, argumentiert der Konzern. Was er nicht sagt: Es entstehen auch neue Geschäftschancen.

In der Bundesregierung läuft seit einiger Zeit die Umstellung auf Windows 10, im Fachjargon Migration genannt. Das Innenministerium hat nach eigenen Angaben Mitte 2018 ein Programm zur Unterstützung der Bundesbehörden eingerichtet, um mit „Konzepten, Ressourcen, Lösungsschablonen und standardisierten Vorgehensmodellen“ zu helfen.

30 Behörden nehmen an dem Programm teil, 20 haben bereits vollständig auf Windows 10 umgestellt. Zudem nutzen einige Stellen die Dokumente als Grundlage für eigene Migrationsprojekte, „so dass mehr als ein Drittel aller Arbeitsplätze der Bundesverwaltung von dem Programm profitiert“, schreibt CDU-Staatssekretär Krings.

Trotzdem läuft auf vielen PCs noch die alte Software. Die genaue Zahl lässt sich nicht ermitteln, da eine „zentrale Übersicht“ nicht vorhanden sei, wie Krings einräumt. Fünf der 14 Bundesministerien mit Tausenden von Mitarbeitern sind demnach in der Auflistung des Innenministeriums nicht enthalten. Die Behörden und Ressorts seien für eine „zeitgerechte“ Umstellung auf Windows 10 selbst verantwortlich, erklärt Krings.

„Chaotisch und unkoordiniert“

Der Grünen-Politiker von Notz kritisierte, der „schlichte Verweis darauf, dass die Ministerien für die IT-Ausstattung selbstverantwortlich sind, ist angesichts der extra geschaffenen Koordinationsgremien und der Tatsache, dass dem Steuerzahler durch die Versäumnisse ein Millionenschaden entsteht, ein starkes Stück“.

Auch der Steuerzahlerbund reagierte mit scharfer Kritik. „Genau dieses sogenannte Ressortprinzip ist den Steuerzahlern schon oft auf die Füße gefallen. Es hapert an einer effektiven ressortübergreifenden Abstimmung, jedes Ministerium werkelt bei der IT für sich allein“, sagte Verbandspräsident Reiner Holznagel dem Handelsblatt.

„Ob es sich um Softwarelösungen für die Finanzverwaltung handelt oder um die desaströse Konsolidierung der Bundes-IT: Vor allem bei IT- und Softwaremaßnahmen sind Bund und Länder schon häufig negativ aufgefallen“, fügte Holznagel hinzu. Offensichtlich lerne die Bundesregierung mal wieder nichts aus ihren Fehlern. „Deshalb fordere ich, dass gerade beim Thema IT, das elementar wichtig für die Digitalisierung der Bundesverwaltung ist, darauf geachtet wird, dass sie professionell, einheitlich und effizient gemanagt wird.“

Nachprüfen ließe sich dies indes nur begrenzt. Denn die Bundesregierung verweigert die Auskunft zur IT-Infrastruktur beim Bundesnachrichtendienst (BND) und Verfassungsschutz – staatliche wie nicht-staatliche Akteure könnte diese nutzen, um „Rückschlüsse auf Vorgehensweisen und spezifische Fähigkeiten“ der Geheimdienste zu ziehen, argumentiert der Innenstaatssekretär Krings. Grundsätzlich rechne die Bundesregierung aber „im Wesentlichen derzeit mit keinen Problemen“ nach Ablauf des Supports von Windows 7.

Für den Grünen-Politiker von Notz zeugt die Einschätzung des CDU-Politikers schon von einer „gewissen Chuzpe“. „Insgesamt wird noch einmal deutlich, wie chaotisch und unkoordiniert das Vorgehen in jedweden digitalpolitischen Belangen auf Regierungsseite bis heute ist“, sagte von Notz.

Der Haushaltspolitiker der Linken, Victor Perli, forderte die Bundesregierung auf, endlich eine sichere und vor allem preisgünstige Alternative bei Betriebssystemen oder Büro-Software zu entwickeln - am besten zusammen mit anderen EU-Ländern. „Microsoft nutzt seine Marktführerschaft, und es ist sicherlich sehr schwierig, Alternativen zu Windows zu finden“, sagte Perli dem Handelsblatt. Aber „Bequemlichkeit“ dürfe für den Bund keine Ausrede sein.

„Wenn nicht einwandfrei geklärt ist, dass der Einsatz von Microsofts Produkten auf Rechnern von Bundesbehörden kein Sicherheitsrisiko darstellt, dann muss die Regierung Alternativen in Erwägung ziehen - auch zum großen Microsoft-Konzern“, betonte der Bundestagsabgeordnete. „Die Bürger müssen sich drauf verlassen können, dass mit sensiblen Daten verantwortungsvoll umgegangen wird.“

Immerhin, die Bundesregierung und Verwaltung sind mit dem Problem nicht allein, Windows 7 ist bis zum heutigen Tag beliebt: Nach Zahlen des Marktforschers Statcounter läuft das Betriebssystem noch auf knapp 22 Prozent aller PCs weltweit. Die Unternehmen und Privatnutzer bezahlen die Kosten allerdings auch nicht aus Steuern.