Bundesbankchef hält Zinsgipfel-Bestimmung noch nicht für möglich
(Bloomberg) -- Auf die Frage, ob die Leitzinsen im Euroraum ihr Maximalniveau im Zyklus erreicht haben, ist nach Ansicht von Bundesbankpräsident Joachim Nagel noch keine Antwort möglich.
Weitere Artikel von Bloomberg auf Deutsch:
Anklage in €24 Mio. schwerem Insiderhandels-Fall in Frankfurt
Birkenstock-IPO wird $1,6 Mrd. schwer - Norwegen interessiert
“War es das jetzt mit den Leitzinsanstiegen? Haben wir die Hochebene erreicht? Das lässt sich noch nicht klar absehen”, sagte Nagel laut Redetext am Donnerstag beim Verbandstag der Sparda-Banken in Frankfurt.
Die Teuerung sei noch immer zu hoch. “Und noch immer zeigen die Prognosen nur einen langsamen Rückgang hin zum Zielwert von 2%”, so Nagel. Angesichts dessen sollten die Zinsen für eine ausreichend lange Zeit ausreichend hoch bleiben. Was das genau bedeutet, werde von den Daten abhängen.
Die Inflation sollte so schnell wie möglich auf den EZB-Zielwert gedrückt werden, sagte Nagel. Die Notenbank müsse vermeiden, mit ihrer Geldpolitik der Dynamik hinterherzulaufen.
Vergangene Woche hatte die Europäische Zentralbank die Leitzinsen zum zehnten Mal in Folge erhöht. Die Belastungen, die die geldpolitische Straffung für die Konjunktur mit sich bringen, sind indessen Wasser auf die Mühlen der Tauben im EZB-Rat.
Deutschland ist mit seiner stark industriell und exportgeprägten Wirtschaft die einzige große Volkswirtschaft im Euroraum, deren Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr schrumpfen dürfte. Nagel wehrte sich jedoch gegen zu viel Pessimismus, obgleich die Bundesbank für das dritte Quartal eine Schrumpfung erwartet.
Unter Verweis auf positive Trends wie hohe Auftragsbestände in Teilen der Industrie, einen stabilen Konsum und einen robusten Arbeitsmarkt sagte Nagel, die Beschreibung Deutschlands als ‘kranker Mann’ scheine übertrieben.
“Die aktuelle Wachstumsschwäche ist von Sonderfaktoren getrieben”, so der deutsche EZB-Rat. “Die verhaltene globale Konjunktur wirkt sich im exportstarken Deutschland überproportional stark aus. Der durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelöste Umbau der Energieversorgung war in Deutschland besonders herausfordernd. Die Konsumausgaben des Staates gehen in Deutschland anders als in anderen Ländern des Euroraums im laufenden Jahr voraussichtlich stark zurück.”
Wenn in Bezug auf diese Sonderfaktoren das Gröbste überstanden sei, sollte auch die Wachstumsschwäche nachlassen. “Für das Jahr 2024 rechnen wir damit, dass die Wirtschaft wieder wächst”, so Nagel.
Überschrift des Artikels im Original:ECB’s Nagel Says Too Soon to Declare Rates Have Reached Plateau
©2023 Bloomberg L.P.