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Bund-Länder-Zoff um Corona-Beschlüsse: Ministerpräsidenten bremsen Merkel aus – vorerst

Bei der Zwischenbilanz zum Teil-Lockdown endet die jüngste Einigkeit von Bund und Ländern. Statt Beschlüssen gibt es daher nur Appelle an die Bürger. In zehn Tagen dürfte sich das ändern.

Per Pressekonferenz haben die Kanzlerin, Bayerns Ministerpräsident Söder und Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller am Abend über das weitere Vorgehen in der Pandemie informiert. Foto: dpa
Per Pressekonferenz haben die Kanzlerin, Bayerns Ministerpräsident Söder und Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller am Abend über das weitere Vorgehen in der Pandemie informiert. Foto: dpa

Die Corona-Beratungen von Bund und Ländern an diesem Montag waren als Zwischenbilanz zwei Wochen nach Beginn des Teil-Lockdowns im November geplant. Das Kanzleramt wollte aber offenkundig mehr, zumindest deutete die von der Regierungszentrale erarbeitete Beschlussvorlage darauf hin. Durchsetzen konnte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) damit jedoch nicht.

Nach den Beratungen räumte Merkel ein, dass es „unterschiedliche Vorstellungen“ gegeben habe – beispielsweise bei der Frage, ob Verschärfungen bei den Kontaktregeln notwendig sind.

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Die überwiegende Mehrheit der Länder habe aber keine „Zwischen-Rechtsänderung“ gewollt. Dennoch bilanzierte die Kanzlerin nach dem digitalen Treffen: Für eine Zwischenbilanz sei das Erreichte „ein guter Beschluss“.

Zufrieden kann Merkel allerdings nicht sein. Sowohl bei strengeren Kontaktbeschränkungen als auch bei neuen Auflagen für die Schulen blockten die Länder ab.

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Ende Oktober hatten sich Merkel und die Ministerpräsidenten noch einmütig auf weitgehende Einschränkungen des öffentlichen Lebens verständigt, darunter die Schließung von Restaurants und Bars sowie ein Verbot von Veranstaltungen. Nun war es wieder vorbei mit der Einigkeit zwischen Bund und Ländern.

In der Nacht zu diesem Montag war ein zehnseitiges Papier öffentlich geworden, in dem das Kanzleramt Beschlüsse für die Corona-Beratungen vorformulierte. Die Vorlage stieß im Kreis der Länder auf Unverständnis.

Denn nach Informationen des Handelsblatts aus Länderkreisen sah das Meinungsbild bei der vorbereitenden Schaltkonferenz von Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) und den Chefs der Staatskanzleien am Sonntag anders aus. Eine Mehrheit der Bundesländer habe dafür plädiert, mit weiteren Maßnahmen noch abzuwarten.

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Die Reaktionen in einigen Landesregierungen über die Vorlage aus dem Kanzleramt reichten dann auch von Verwunderung bis Verärgerung. Die Rede war von einer „Nacht-und-Nebel-Aktion“ der Bundesregierung. Die Landesregierungen gingen schließlich mit einer konkurrierenden Beschlussvorlage in die Beratungen, in der wesentliche Punkte abgeschwächt dargestellt wurden.

Dass die Ministerpräsidenten ein Gegenpapier zu Merkels Corona-Plänen vorlegen, ist ein Novum. Die Gespräche von Bund und Ländern dauerten dann auch deutlich länger als erwartet, erst nach 19 Uhr trat Merkel gemeinsam mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) vor die Presse.

Appelle statt Beschlüsse

Die ursprünglichen Pläne des Kanzleramts sahen vor, die Kontaktbeschränkungen in der Corona-Pandemie noch einmal zu verschärfen. Seit Anfang November gilt, dass sich nur Angehörige des eigenen und eines weiteren Hausstands in der Öffentlichkeit aufhalten dürfen, maximal jedoch zehn Personen.

Nun sollte der Aufenthalt in der Öffentlichkeit nach den Vorstellungen des Kanzleramts nur mit den Angehörigen des eigenen Hausstands und maximal zwei Personen eines weiteren Hausstands gestattet sein. Der Bund wollte diese Regel verpflichtend machen, Verstöße von den Ordnungsbehörden sanktionieren lassen.

Nach der Intervention der Länder ist diese Passage verschwunden. Stattdessen gibt es nur Appelle an die Bevölkerung: Private Zusammenkünfte mit Bekannten und Verwandten sollen sich auf „einen festen weiteren Hausstand“ beschränken, das gilt auch für Kinder und Jugendliche. Auf private Feiern sollen Bürger ganz verzichten.

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Außerdem sollten Bürger Freizeitaktivitäten, nicht notwendige private Reisen und touristische Tagestouren unterlassen. Gleiches gelte für nicht notwendige Aufenthalte in geschlossenen Räumen mit Publikumsverkehr oder nicht notwendige Fahrten mit öffentlichen Beförderungsmitteln.

Ältere und verletzbare Menschen sollten nur dann besucht werden, wenn alle Familienmitglieder frei von jeglichen Krankheitssymptomen und keine Kontaktrisiken eingegangen sind. Merkel sagte, es handele sich dabei zwar nicht um Vorschriften, sondern Mahnungen. Diese seien aber „wirklich ernst“.

Für große Diskussionen sorgte auch die Vorstellung des Kanzleramts, dass sich die Bürger „bei jedem Erkältungssymptom“ fünf bis sieben Tage in häusliche Quarantäne begeben sollten – also auch bei Husten und Schnupfen. In der Wirtschaft wurde dieser Gedanke mit Fassungslosigkeit aufgenommen.

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer verfasste eilig ein Schreiben an die Kanzlerin und die Länderchefs: „Ich hoffe, Sie sind sich darüber bewusst, dass in dieser Jahreszeit alljährlich jeder einmal Schnupfen hat.“ Eine derartige Regel würde „faktisch in kürzester Zeit sämtliche Betriebe“ lahmlegen.

Länder stellen sich auch beim Thema Schule quer

Im Bund-Länder-Beschluss von Montagabend steht nun eine abgeschwächte Passage: Empfohlen werde, dass „Personen mit Atemwegserkrankungen, die seit Oktober wieder eingeführte Möglichkeit, sich telefonisch bei ihrer Ärztin beziehungsweise ihrem Arzt krankschreiben lassen können, nutzen“.

Zu Hause zu bleiben, bis die akuten Symptome abklingen, und sich auszukurieren sei zudem für die Heilung sinnvoll, „auch wenn keine zusätzliche ärztliche Behandlung erforderlich ist“.

Bei den Schulen schwebte dem Kanzleramt unter anderem vor, Schulklassen zu verkleinern und eine Maskenpflicht für alle Jahrgänge festzuschreiben – auf dem Schulgelände sowie im Unterricht. Auch hier stellten sich die Länder quer. Nun wollen Bund und Länder auf der nächsten Konferenz in der kommenden Woche darüber beraten, wie Ansteckungsrisiken im Schulbereich insbesondere in Gebieten mit hohem Infektionsgeschehen reduziert werden können.

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Ohnehin werden viele wichtige Fragen im weiteren Kampf gegen das Coronavirus wohl erst in der auf den 25. November terminierten Videoschalte geklärt werden. Söder sagte am Montagabend: „Nächste Woche ist Woche der Entscheidung.“

Bayerns Regierungschef, der Merkels harte Linie in der Coronakrise stützt, glaubt nicht an schnelle Lockerungen. Denkbar seien dagegen Verschärfungen, wenn die Infektionszahlen nicht deutlich sinken würden. „Ich habe wenig Hoffnung, dass Ende November wieder alles gut ist“, sagte er.

Merkel deutete an, dass Bund und Länder kommende Woche eine längerfristige Strategie für die nächsten Monate beschließen könnten. Es werde nicht nur darum gehen, wie es nach dem 30. November weitergehe. Sondern auch um einen Ausblick bis zum neuen Jahr und die Wintermonate, „damit ein Stück Berechenbarkeit in die ganze Corona-Pandemie-Situation kommt“.