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Bullenmarkt? Welcher Bullenmarkt?

Öl und Opec - Bullenmarkt? Welcher Bullenmarkt?

In zweieinhalb Wochen 20 Prozent Gewinn. Was wäre das für eine fantastische Rendite für Geldanleger. Klingt unglaublich? Das ist tatsächlich möglich. Beim Öl. Das hat seit dem 2. August einen schier unglaublichen Satz hingelegt.
Die Nordseesorte Brent etwa hat sich um knapp zehn Dollar auf bis zu 51,16 Dollar je Barrel (159 Liter) verteuert. Ähnlich gut lief es für das nordamerikanische Leichtöl WTI, das sich um neun Dollar auf bis zu 48,71 Dollar verteuerte.

Da sich die beiden leitenden Sorten damit um jeweils mehr als ein Fünftel verteuerten, sprechen Nachrichtenagenturen wie Bloomberg oder führende Medien wie das Wall Street Journal bereits von einem Bullenmarkt. Der Fachjargon bezeichnet eine Marktstimmung während eines Aufschwungs, bei der Anleger steigende Preise erwarten.

Doch so manchem Analysten geht die Einschätzung zu weit. „Von der aktuellen Beobachtung eines Bullenmarktes sollte man nichts halten. Genauso wenig wie von dem Bärenmarkt, der noch vor einem Monat ausgerufen wurde“, sagt Eugen Weinberg, Leiter der Rohstoffanalyse bei der Commerzbank. „Allein die Definition, dass zwanzig Prozent Gewinn ausreichen, um einen Bullenmarkt zu bestimmen, halte ich für unzureichend.“ Bestimmend sei am Ende schließlich nicht nur der Rück-, sondern vielmehr der Vorausblick.

Und genau da erkennen viele nicht mehr viel Luft nach oben. „Ich glaube, dass wir zwischen 50 und 52 Dollar je Barrel Brent einen Gipfel erreichen“, urteilt Ole Hansen, Rohstoffanalyst der dänischen Saxo-Bank. Der Grund: Die jüngste Preisrally wurde vor allem durch die verbale Intervention der getrieben.

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, um über „Stabilität“ am Ölmarkt zu beraten, so haben Minister der ölfördernden Staaten den Preistrend erst richtig angefacht.

Beteiligt waren vor allem der saudische Energieminister Khalid Al-Falih, der jedwede Möglichkeit offen hielt, stabilisierende Maßnahmen am Ölmarkt zu ergreifen, sowie sein russischer Kollege, Alexander Nowak, der sich zu Gesprächen über eine Fördergrenze bereit erklärte.


Saudi-Arabien könnte Förderung steigern

Dass sich der hingegen noch nicht entschied, einem möglichen Abkommen beizutreten, äußerte sich nicht in den Kursen am Markt. Der Iran spielt eine wichtige Rolle in der Diskussion über eine Fördergrenze. Als Gespräche darüber zuletzt im April und Juni geführt wurden, scheiterte das Vorhaben allen voran an den Differenzen zwischen den Kontrahenten Saudi-Arabien und Iran. Während die Saudis im Moment schon auf Rekordniveau fördern, will der Iran seine Produktion weiter ausweiten.

Zwar glaubt Emmanuel Ibe Kachikwu, der Ölminister des Opec-Landes Nigeria, dass theoretisch stabilisierende Maßnahmen denkbar seien. Welche konkret das sein könnten, verriet er jedoch nicht. Eine selbstauferlegte Fördergrenze oder gar –kürzung schloss er hingegen aus. „Werden wir unsere Fördervolumen kürzen? Ich glaube nicht“, sagte Kachikwu. Doch auch diese klare Absage fand sich bislang nicht im Kursverlauf wieder.

Der Ölpreis stieg aber auch,

Bei den Fundamentaldaten hat sich indes nicht viel verändert. „Eigentlich hat sich die Situation sogar bezüglich eines steigenden Ölpreises eher verschlechtert“, sagt -Analyst Weinberg. „Die Nachfrage zieht weniger an als gedacht, die Lagerbestände sind weiter gut gefüllt und die Produktion wird wohl noch höher ausfallen als gedacht“, erklärt er.

Schon heute fördern etwa Saudi-Arabien mit 10,67 Millionen Barrel und Russland mit 10,85 Millionen Barrel täglich auf oder nahe Rekordniveaus. Saudi-Arabien erklärte jüngst, es könnte theoretisch schon im August noch mehr Öl aus dem Boden pumpen und dann Russland überholen. Nicht zu vergessen bleibt der Iran. Das Land will seine Förderung erhöhen, nachdem die Sanktionen des Westens gegen den Iran Anfang 2016 weitgehend aufgehoben wurden. Derzeit fördert das Land knapp 3,6 Millionen Barrel täglich. Vor den Sanktionen waren es über vier Millionen.

Trotz des steigenden Angebots hat die Internationale Energieagentur jüngst prognostiziert, dass schon im dritten Quartal 2016 die Nachfrage das Angebot übertreffen könnte. Commerzbank-Analyst Weinberg rechnet damit jedoch allenfalls im Lauf des nächsten Jahres.

Da bei Preisen um die 50 Dollar auch US-Fracking-Unternehmen wieder stärker an den Markt zurückkehren können, bleibt das Aufwärtspotenzial weiter begrenzt. Dieser Prozess könne sich bei den aktuellen Preisniveaus noch beschleunigen. Bereits in den vergangenen sieben Wochen stieg die Zahl der Ölbohrungen in den USA auf 396 und damit ein Sechs-Monats-Hoch.

KONTEXT

Die Folgen des Billigöls

1. Billiges Erdöl treibt die Wirtschaft an

Tatsache ist: Europas Verbrauchern nutzen die Niedrigpreise sehr. Im Februar war Energie im Euroraum dem Statistikamt Eurostat zufolge 8,0 Prozent günstiger als vor einem Jahr, bei Haushaltsenergie und Sprit in Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamts 8,5 Prozent. Von Mitte 2014 bis Ende 2015 verbilligte sich das "schwarze Gold" um zwei Drittel, das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut meldete beim Rohstoffpreis-Index den tiefsten Stand seit 2004. Die Deutschen gaben 2015 laut Mineralölverband 13,5 Milliarden Euro weniger für Sprit und Heizöl aus. Auch große Teile der Industrie freuen sich: Je billiger der Schmierstoff der Weltwirtschaft, umso mehr Entlastung im Einkauf.Wahr ist aber auch: Die Chemie zum Beispiel muss bessere Konditionen oft mit niedrigeren Preisen für Kunst- oder Farbstoffe an ihre Kunden weitergeben. Beim Branchenriesen BASF etwa sank der Überschuss 2015 auch deshalb um fast ein Viertel auf rund 4 Milliarden Euro.

2. Bald steigen die Ölpreise stark, dann kommt das böse Erwachen

"Langfristig dürfte ein steigender (Öl-)Preis die Geldentwertung anheizen", glaubt Eugen Weinberg von der Commerzbank. Die Gefahr: Wenn es mächtigen Förderländern gelingt, das Fracking in den USA aus dem Markt zu drängen, könnte das Angebot knapp werden und die Kosten hochkatapultieren. Für Flüssigtreibstoffe ermittelte die französische Bank Société Générale von 2005 bis 2015 einen Rückgang der Preise um fast 30 Prozent. Die Internationale Energieagentur (IEA) sieht aber allerspätestens 2021 deutliche Erhöhungen. "Für Verbraucher ist es einfach, sich durch niedrige Preise einlullen zu lassen, aber sie sollten die Signale nicht überhören", warnte IEA-Chef Fatih Birol.Zwar ist vor allem die kühlere Konjunktur in China ein Grund; dort gab es 2015 mit 6,9 Prozent das schwächste Wachstum seit 25 Jahren. Aber auch unklare Ziele des Opec-Kartells spielen eine Rolle. Der Iran will nach dem Ende der Sanktionen Öl exportieren, die Saudis und das Nicht-Opec-Mitglied Russland peilen eine Deckelung der Produktion an. Wenn mehr US-Quellen dicht machen, könnten am Ende Engpässe - so fürchtet Birol - zu "nach oben schießenden Ölpreisen" führen.

3. Das Billigöl würgt den Börsen-Boom endgültig ab

Weltweit haben Aktienbesitzer nach dem Jahreswechsel herbe Verluste einstecken müssen. Ein Grund, der neben der befürchteten schwächeren Weltkonjunktur oft genannt wird: das Ölpreis-Tief. Dauerhaft billige Rohstoffe werten die Märkte als Zeichen schrumpfender Nachfrage.Chinas Schwäche sorgt weiter für Zweifel - zusammen mit den dortigen Finanzmarkt-Turbulenzen und Exporten, die im Februar um ein Fünftel einbrachen. Und wie lange können Förderer Kredite voll bedienen? "Wir erwarten, dass Banken in ölexportierenden Regionen ein höheres Gläubiger-Risiko haben", warnt die Ratingagentur Moody's. Sie prüft eine Abstufung von zwölf Förderländern, darunter Russland und Saudi-Arabien. Das Preistief werde wohl noch "mehrere Jahre" dauern.

4. Das Klima verliert, denn günstiges Öl blockiert die Energiewende

Beim Pariser Klimagipfel Ende 2015 einigte sich die Weltgemeinschaft auf einen Verzicht auf fossile Brennstoffe bis Ende des Jahrhunderts. Solange die Abkehr von Öl, Gas und Kohle nicht klappt, verschleppt das Ölpreis-Tief die Energiewende zusätzlich, sagte Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung im Deutschlandfunk: "Ein niedriger Ölpreis behindert den Umstieg Richtung Energiesparen." Prognosen zum Welt-Energiebedarf gibt es viele. So erwartet BP, dass die Fossilen auch 2035 den Löwenanteil (60 Prozent) zur globalen Versorgung beitragen, obwohl erneuerbare Quellen parallel zulegen.Die Schwellenländer wollen jedoch mehr Wohlstand - und brauchen dafür mehr Energie. Andererseits entlasten niedrige Ölpreise sie nur dann, wenn rückläufige Verkäufe sie nicht treffen. IWF-Chefin Christine Lagarde bot Hilfe an: "Der IWF steht offen für alle Mitglieder."

5. "Die Elektroauto-Industrie wird unter niedrigen Ölpreisen leiden"

Dies sagt nicht irgendwer - sondern der schillernde Gründer des US-Elektroautobauers Tesla, Elon Musk. Über seine bei CNN geäußerte Einschätzung kann man streiten: Es gibt viele Faktoren, die eine "Verkehrswende" erschweren. Elektroautos sind gegenüber Benzinern meist teuer, die Reichweite ist gering. Laut Kraftfahrt-Bundesamt kamen 2015 in Deutschland gerade 12 363 reine E-Autos zusätzlich auf die Straße, verglichen mit der Gesamtzahl von 3,2 Millionen Pkw. Die Bundesregierung hat zu möglichen Subventionen noch keine klare Linie.In der Auto-Nation USA jedenfalls schiebt das billige Öl den Absatz von Spritschluckern an. Nach Zahlen der Deutschen Bank stieg der Verkaufsanteil leichter Trucks dort zwischen 2000 und 2015 von 50 auf über 60 Prozent, während normale Pkw zuletzt 40 Prozent erzielten. Ursache: "das enorme Abrutschen der Öl- und damit der Benzinpreise".