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Britisches Pfund stürzt auf Allzeittief zum US-Dollar – das sind die Gründe, die Folgen und die gefährlichen Parallelen zum Euro

Der Wert des britischen Pfunds verfällt. - Copyright: Daniel Harvey Gonzalez/In Pictures via Getty Images
Der Wert des britischen Pfunds verfällt. - Copyright: Daniel Harvey Gonzalez/In Pictures via Getty Images

1200 Jahre alt ist das britische Pfund, und damit die älteste noch gebräuchliche Währung der Welt. Das Pfund Sterling hat viele Krisen erlebt, war bis zum Zweiten Weltkrieg sogar wichtigste Leitwährung der Welt. Derzeit aber erlebt das Pfund einen rasanten Verfall. Am Montag fiel es zum US-Dollar auf den tiefsten Stand aller Zeiten: 1,0350 Dollar. Die Parität ist nicht mehr weit entfernt.

Unter Druck steht das Pfund schon lange. Der Brexit, die chronische Unruhe der britischen Politik und parallel dazu die allgemeine Stärke des Dollar ließen es sinken. Die Beschleunigung des Trends aber ist hausgemacht. Am Freitag stellte die britische Regierung der neuen konservativen Premierministerin Liz Truss ein Konjunkturprogramm vor – mit der größten Steuersenkung seit 1972. Alles soll – wie die bereits vorher angekündigte Gaspreisgrenze – über Schulden finanziert werden.

Nach Einschätzung der Dekabank dürfte allein die Steuerreform die britischen Schulden in den kommenden fünf Jahren um etwa 400 Milliarden Pfund erhöhen. Auch die Gaspreisbremse kostet Dutzende Milliarden. Das Powerplay von Liz Truss bereitet vielen Anlegern Sorgen.

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Dabei legt der Dollar, der in der aktuellen globalen Krise auch als sicherer Anlagehafen gefragt ist, auch im Vergleich zum Euro zu. In der Nacht zum Montag fiel der Euro bis auf 0,9554 Dollar und damit auf den tiefsten Stand seit 2002. Im Vergleich zum Pfund wiederum ist der Euro stärker.

In London hatte Finanzminister Kwasi Kwarteng am Freitag angekündigt, den Spitzensteuersatz von 45 auf 40 Prozent zu senken. Der Eingangssteuersatz soll von 20 auf 19 Prozent leicht zurückgenommen werden. Außerdem werden die Körperschaftsteuer für Unternehmen und die Sozialversicherungsbeiträge gesenkt und viele Hauskäufer von der Grunderwerbsteuer befreit. Die britische Regierung will zudem die Obergrenze für Bonuszahlungen an Banker abschaffen und die Erteilung von Arbeitsvisa erleichtern.

Truss und Kwarteng wollen damit die kränkelnde britische Wirtschaft ankurbeln und das Risiko einer schweren Rezession verringern. Auf eine Gegenfinanzierung wollen sie bewusst verzichten – also die Staatsverschuldung stark erhöhen. Daraufhin sprangen auch die Zinsen für britische Staatsanleihen in die Höhe. Das macht die geplante Verschuldung noch teurer. Die Gemengelage schürt Ängste, die Politik der neuen Regierung könne zu einem noch schnelleren Anstieg der Inflation und gleichzeitig der Zinsen führen.

Die Frage ist also, ob Truss mit ihren gigantischen Programmen die Abwärtsspirale aus Rezession, Inflation und steigenden Zinsen durchbrechen kann, oder ob sie genau diese Spirale noch beschleunigt.

Die Inflation in Großbritannien hatte im Juli mit 10,1 Prozent den höchsten Stand seit 40 Jahren erreicht und war im August nur minimal auf 9,9 Prozent gefallen. Ökonomen befürchten, dass die Programme der Regierung über eine Stärkung der Nachfrage die Inflation eher noch anheizen. Auch in Großbritannien lahmt schließlich das Angebot als Folge von Engpässen bei den Lieferketten, dem durch den Brexit noch verschärften Arbeitskräftemangel und den hohen Energiepreisen.

In jedem Fall dürfte die Schwäche des Pfunds die Inflation weiter anheizen. Eine schwächere Währung verteuert die Importe. Für Großbritannien gilt das um so mehr, weil das Pfund nicht nur zum US-Dollar, sondern auch zum Euro an Wert verliert. Die USA und die Euro-Länder sind die wichtigsten Handelspartner der Briten.

Im Kampf gegen die Inflation hatte die Bank of England ihren Leitzins Anfang 2022 in mehreren Schritten von nahezu Null auf 2,25 Prozent angehoben. Sie hat damit die Zinswende zwar früher eingeleitet als die Europäische Zentralbank, läuft aber auch den noch stärkeren Zinserhöhungen in den USA hinterher. Die Aufwertung des Dollars und der Einbruch des Pfunds spiegeln daher auch die Zinserhöhungen der US-Notenbank Fed wider, die den Leitzins bereits auf bis zu 3,25 Prozent angehoben hat. Dies hat einige Anleger dazu veranlasst, auf der Suche nach besseren Renditen Pfund in Dollar zu tauschen.

Marktteilnehmer fürchten nun, dass die Steuerpläne von Truss und Kwarteng die britische Zentralbank dazu bewegen könnten, die Zinsen noch aggressiver anzuheben. Es drohe das Szenario einer Stagflation mit einer stagnierenden oder sogar schrumpfenden Wirtschaft mit steigender Arbeitslosigkeit und einer hartnäckig hohen Inflation.

Die britische Wirtschaft ist im letzten Quartal bereits geschrumpft. Die Bank of England rechnet mit einer Rezession, die 15 Monate lang andauert, also länger als ein Jahr. Diese Zeit will Truss unbedingt abkürzen. Sie ist nur ins Amt gekommen, weil ihr Vorgänger Boris Johnson über seine eigenen Eskapaden stürzte. In zwei Jahren muss sich Truss also schon wieder einer Parlamentswahl stellen.

Vielen Briten sehen sich aktuell neben der allgemein hohen Preissteigerung auch mit Energierechnungen konfrontiert, die oft noch stärker steigen als in Deutschland.

Insgesamt ist die Lage beider Länder durchaus vergleichbar. In Deutschland kämpft Finanzminister Christian Lindner (FDP) zwar noch um eine nur maßvolle Erhöhung der Schulden und die Einhaltung der sogenannten Schuldenbremse. Doch Deutschland ist von den Folgen des russischen Überfalls auf die Ukraine besonders hart getroffen. Die Rettung der Gas-Unternehmen wie Uniper, die Entlastungspakete für Haushalte, die versprochenen Hilfen für Unternehmen lassen Zweifel daran aufkommen, wie diese Lasten gestemmt werden sollen, zumal Lindner höhere Steuern kategorisch ausschließt.

Die OECD hat gerade prognostiziert, dass Deutschland im kommenden Jahr von allen großen Industrie- und Schwellenländern die tiefste Rezession und die höchste Inflation droht. Ein weiterer Verfall des Euro könnte auch in Deutschland diese Spirale befeuern.

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