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Britische Regierung warnt vor Dauerstau in Dover

In der Hafenstadt Dover droht ein Stau mit Wartezeit von zwei Tagen. Die Politik fordert Spediteure auf, sich besser auf den Brexit vorzubereiten. Diese sind empört.

Hundert Tage vor dem Austritt Großbritanniens aus dem Europäischen Binnenmarkt steigt in London die Nervosität. Die britische Regierung rief am Mittwoch die Spediteure auf, sich dringend auf den 1. Januar vorzubereiten. Die Vorschriften würden sich in jedem Fall ändern, egal, wie die EU-Freihandelsgespräche ausgingen, betonte Kabinettsbürominister Michael Gove im Parlament.

Laut Gove sind bis zu 50 Prozent der großen Speditionsfirmen und bis zu 80 Prozent der kleinen nicht bereit für die neuen EU-Grenzkontrollen. Wer ab Januar ohne die richtigen Papiere an der Fähre auftaucht, wird abgewiesen und muss eine Strafe zahlen.

Um das befürchtete Verkehrschaos vor dem Eurotunnel und dem Hafen in Dover zu verringern, will die Regierung eine Zufahrtserlaubnis für die gesamte Grafschaft Kent einführen. Lastwagenfahrer ohne diese Erlaubnis müssen auf Parkplätzen außerhalb warten.

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Laut dem offiziellen „Worst-Case-Szenario“ könnten sich auf britischer Seite bis zu 7000 Lastwagen stauen. Die Regierung rechnet mit Wartezeiten von zwei Tagen. Der Ausnahmezustand könne bis zu drei Monate anhalten.

Gove betonte, es handele sich nicht um eine Prognose, sondern um eine Warnung. Er will die Speditionsfirmen aufrütteln. Sämtliche Informationen, die sie benötigen, seien verfügbar, sagte er. In einem Brief hatte er zuvor bereits erklärt, „die größte Ursache für Störungen“ seien die Unternehmen selbst.

Die Branchenverbände weisen diese Schuldzuweisung empört zurück und verweisen darauf, dass die nötige Infrastruktur noch nicht bereitstehe. Tatsächlich sind mehrere IT-Systeme der Regierung noch nicht live, mit denen die Zollformalitäten künftig erledigt werden sollen.

In der Grafschaft Kent werden bereits Lkw-Parkplätze gebaut

Die neue Website SmartFreight etwa, auf der die Lastwagenfahrer ihre Zollpapiere vor dem Losfahren checken können, soll erst im November freigeschaltet werden. Auch fehlt der Großteil der benötigten 50.000 Zollbeamten.

Die Regierung müsse nicht nur über ihre Vorbereitungen reden, sondern auch das Geld überweisen, hatte Tim Rearden, der Brexit-Beauftragte des Hafens Dover, bereits am Dienstag vor dem Finanzausschuss des Parlaments geklagt. Der konservative Ausschussvorsitzende Mel Stride hatte ebenfalls gerügt, dass die Regierung alles auf den letzten Drücker erledige.

Im Unterhaus lösen die schleppenden Vorbereitungen scharfe Kritik aus. „Dies sind Worst-Case-Szenarien, aber da wir eine Worst-Case-Regierung haben, müssen wir davon ausgehen, dass diese Szenarien eintreten“, sagte die Labour-Abgeordnete Rachel Reeves.

Auch konservative Abgeordnete zeigten sich besorgt. Die Aussicht auf eine Schlange von 7000 Lastwagen lasse es den Einwohnern seines Wahlkreises kalt den Rücken hinunterlaufen, sagte der konservative Abgeordnete Damian Green. Er vertritt den Wahlkreis Ashford in der Grafschaft Kent, wo einer der neuen Lastwagenparkplätze entsteht.

Der Tory-Abgeordnete Andrew Mitchell sagte, dass die Autobauer in seinem Wahlkreis in den Midlands um ihre Just-in-time-Produktion fürchteten.

Ein ungeordneter Brexit würde langfristig mehr Schaden anrichten als Corona

Die Regierung versucht, die Schuld nicht nur auf die Firmen abzuwälzen, sondern auch auf die EU. „Wir können alle Vorbereitungen der Welt treffen“, sagte Umweltminister George Eustice diese Woche im Parlament. „Aber wenn die Lastwagen auf der anderen Seite ankommen, und es ist schlampig und unorganisiert und es gibt Chaos wegen des Versagens der EU zu planen, dann liegt das jenseits unserer Kontrolle.“

Die Häfen in Frankreich, Belgien und den Niederlanden hingegen haben bereits vor Monaten erklärt, für die zusätzlichen Kontrollen gerüstet zu sein. Jeden Tag kommen bis zu zehntausend Lastwagen aus Dover auf das europäische Festland.

Das Chaos könnte im Januar noch um einiges größer ausfallen, wenn die derzeit laufenden Freihandelsgespräche scheitern. Dann nämlich hätten die meisten Spediteure nicht einmal eine Lizenz, um in die EU zu fahren. Auch wären weitere Branchen wie Luftfahrt und Finanzdienstleistungen betroffen, sagt Jonathan Portes vom Thinktank UK in a Changing Europe.

Die Denkfabrik hat die Kosten eines ungeordneten Brexits berechnet. Kurzfristig würde die Coronakrise die Brexit-Folgen überdecken, heißt es in dem Bericht. Aber langfristig würde ein „No Deal“ einen zwei- bis dreimal so großen Schaden in der britischen Wirtschaft anrichten wie die Pandemie.

Das britische Wirtschaftswachstum würde bei einem harten Bruch in den kommenden zehn Jahren um acht Prozentpunkte niedriger ausfallen, als wenn das Land in der EU geblieben wäre, schätzen die Experten.

Ein Chaos-Brexit mitten in der Coronakrise würde für Wirtschaft und Politik einen Doppelschlag bedeuten, sagt Portes. Deshalb sei nun „kein guter Zeitpunkt für einen No Deal“.