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Britische Regierung verlängert Coronahilfen

Großbritannien fürchtet einen zweiten Corona-Abschwung der Wirtschaft. Finanzminister Rishi Sunak hält mit neuen Milliardenhilfen für Unternehmen dagegen.

Die Regierung will, dass mehr Menschen im Homeoffice arbeiten. Für die Unternehmen gibt es zusätzliche Entlastung. Foto: dpa
Die Regierung will, dass mehr Menschen im Homeoffice arbeiten. Für die Unternehmen gibt es zusätzliche Entlastung. Foto: dpa

Eigentlich hatte Finanzminister Rishi Sunak die britischen Unternehmen allmählich von den Corona-Hilfen entwöhnen wollen. Doch angesichts der zweiten Infektionswelle legte er am Donnerstag noch einmal frische Milliarden nach.

Sein „Winter-Wirtschaftsplan“ sieht neue Kurzarbeitsmaßnahmen sowie Steuer- und Krediterleichterungen für Firmen vor. So können kleine und mittlere Unternehmen ab November Lohnkostenzuschüsse beantragen, wenn ihre Mitarbeiter mindestens ein Drittel der regulären Arbeitszeit arbeiten.

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Auch können Firmen die Rückzahlung ihrer Coronakredite von sechs auf zehn Jahre strecken – ohne zusätzliche Kosten. Das drückt die monatlichen Raten.

Zudem gilt der auf fünf Prozent gesenkte Mehrwertsteuersatz für Gastronomie und Tourismus nun zwei Monate länger.

„Das Wiederaufleben des Virus und die daraus folgenden Einschränkungen stellen eine Bedrohung der fragilen wirtschaftlichen Erholung dar“, sagte Sunak im Parlament. Deshalb beginne nun die nächste Phase der Krisenbekämpfung. In den Wintermonaten müsse man „den Aufschwung pflegen“.

Corona: Ökonomen erwarten mehr Arbeitslosigkeit in Großbritannien

Premierminister Boris Johnson hatte diese Woche eine Verschärfung der Corona-Maßnahmen angeordnet, um den rasanten Anstieg der Infektionen zu verlangsamen. Unter anderem sollen alle Arbeitnehmer nach Möglichkeit wieder im Homeoffice arbeiten. Die Vorschriften gelten vorerst für sechs Monate. Sie könnten auch noch verschärft werden. So wird über einen zweiwöchigen Lockdown mit Schulschließungen im Oktober spekuliert.

Die Einschränkungen drohen den leichten Aufschwung der britischen Wirtschaft abzuwürgen. Im zweiten Quartal war die Wirtschaftsleistung aufgrund des Lockdowns um mehr als 20 Prozent eingebrochen. Im dritten Quartal hingegen ging es wieder aufwärts. Ökonomen rechnen mit einem Wachstum von mindestens 15 Prozent gegenüber dem niedrigen Niveau im zweiten Quartal.

Zugleich erwarten sie einen deutlichen Anstieg der Arbeitslosenquote. Diese liegt bisher bei niedrigen vier Prozent. Bis zum Jahresende könnte sie auf 7,5 Prozent steigen, schätzt die Bank of England. Die US-Investmentbank Goldman Sachs rechnet sogar mit 9,5 Prozent.

Sunak hofft, mit den Lohnkostenzuschüssen Unternehmen von Massenentlassungen abhalten zu können. Die Zuschüsse ersetzen die bisherige Corona-Sonderregelung, die der Regierung zu teuer wurde. Seit dem 20. April konnten Unternehmen ihre Mitarbeiter beurlauben. Der Staat zahlte Arbeitnehmern weiterhin 80 Prozent des Gehalts bis maximal 2500 Pfund pro Monat.

Zeitweise war ein Drittel aller britischen Arbeitnehmer beurlaubt. Das Programm, das den Staat bisher 39 Milliarden Pfund (rund 42,7 Milliarden Euro) gekostet hat, läuft Ende Oktober aus. Eine Umfrage des Thinktanks Resolution Foundation ergab, dass ein Viertel der beurlaubten Arbeitnehmer es für wahrscheinlich oder sicher hält, entlassen zu werden.

„Wir haben Leute dafür bezahlt, dass sie zu Hause bleiben“, sagte Sunak. Das müsse ein Ende haben. Jetzt müsse man Unternehmen helfen, ihre Mitarbeiter aus dem Corona-Zwangsurlaub zurück an die Arbeit zu bringen.

Der Staat wird künftig bis zu 22 Prozent des Lohns übernehmen. Große Unternehmen sind von dem Programm ausgenommen. Die Beratungsfirma Capital Economics schätzt die Kosten für den Steuerzahler auf drei Milliarden Pfund.

Zustimmung aus der Wirtschaft

Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften begrüßten das Paket einstimmig. „Diese mutigen Schritte des Finanzministeriums werden in diesem Winter Hunderttausende Arbeitsplätze retten“, sagte die Chefin des Unternehmerverbands CBI, Carolyn Fairbairn. Vor seiner Rede hatte der Schatzkanzler demonstrativ mit Fairbairn und der Chefin des Gewerkschaftsverbands TUC, Frances O’Grady, für die Kameras posiert.

Mehr erhofft hatte sich hingegen der Verband der Veranstalter. Da man bis März keine Veranstaltungen organisieren könne, habe ein Lohnkostenzuschuss keinen großen Nutzen, klagte Verbandschef Chris Skeith.

Ohne gezielte Unterstützung sehe die Zukunft für die 600.000 Beschäftigten seiner Branche düster aus.

Trotz der Lohnkostenzuschüsse sei es für Unternehmen immer noch billiger, eine Vollzeitkraft statt zwei Teilzeitkräfte zu beschäftigen, kommentierte Torsten Bell von der Resolution Foundation. Experten rechnen weiterhin mit einer Entlassungswelle.

Seinen Plan, im November einen Haushalt vorzulegen, hat Finanzminister Sunak aufgegeben. Im Sommer hatte er noch gesagt, man müsse das Defizit mittelfristig wieder auf ein nachhaltiges Niveau bringen.

Die Staatsverschuldung ist in der Pandemie auf über zwei Billionen Pfund gestiegen und liegt bei mehr als 100 Prozent der Wirtschaftsleistung. Im August war daher bereits über Steuererhöhungen diskutiert worden, doch rechnen Ökonomen nicht mit einer baldigen fiskalischen Kehrtwende.

Insgesamt wird die Coronakrise den britischen Staat dieses Jahr 317 Milliarden Pfund kosten, schätzt der unabhängige Thinktank Institute of Government. So hoch ist die zusätzliche Schuldenaufnahme.

Je nach Verlauf der Pandemie könnte die Rechnung noch höher ausfallen. Ein zweiwöchiger Lockdown mit Schulschließungen im Oktober könnte 2,5 Prozentpunkte an Wachstum kosten, schätzt Oxford Economics. Dann wäre Sunak wohl noch einmal gefragt.