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Briten wollen wohl einen langsameren Brexit

Der Abschied der Briten aus der Europäischen Union zieht sich in die Länge. Die Brexit-Verhandlungen in Brüssel gehen zäh voran, viele Streitpunkte sind ungeklärt. Dabei rückt der Stichtag am 29. März 2019 unaufhörlich näher.

Wohlweislich haben Briten und Europäer bereits eine Übergangsperiode vereinbart: Wenn das Land im kommenden Frühling den europäischen Binnenmarkt und die Zollunion verlässt, sollen die alten Regeln noch bis Ende 2020 weiter gelten. So haben Unternehmen und Behörden mehr Zeit zur Vorbereitung.

Diesen Punkt unterstrich Premierministerin Theresa May am Mittwochnachmittag, als sie sich mit Unternehmenslenkern, darunter den deutschen Vorstandschefs Harald Krüger (BMW) und Johannes Teyssen (Eon), in der Downing Street traf.

Längere Übergangsfrist angestrebt

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Zunehmend wird jedoch klar, dass die Übergangsfrist viel zu kurz bemessen ist. Deshalb denkt May laut britischen Medien schon über eine Art zweite Übergangsperiode nach: Um Zeit für eine Lösung des irischen Grenzproblems zu gewinnen, will sie in Brüssel vorschlagen, die Regeln der Zollunion noch bis 2023 gelten zu lassen. Und selbst dieses Datum könnte noch nicht das letzte Wort sein.

Das Gerede über eine zweite Übergangsperiode zeigt: Großbritannien ist nicht bereit für den Brexit. „Es gibt Bereiche, in denen das Land weder im März 2019 noch im Dezember 2020 bereit sein wird“, sagt der Brexit-Experte Mats Persson von der Beratungsfirma EY. „Die irische Grenze ist das offensichtliche Beispiel.“

Ein weiteres Beispiel ist die Europäische Chemikalienagentur ECHA. Es gebe keine entsprechende britische Behörde, die den Chemiesektor regulieren könnte, sagt Persson. „Und so schnell lässt sie sich nicht aus dem Boden stampfen“.

Kein Ersatz für einige EU-Behörden in Sicht

Der frühere britische Botschafter in Brüssel, Ivan Rogers, wies vergangene Woche darauf hin, dass die Regierung bislang keine ernsthaften Anstalten mache, einen nationalen Ersatz für die EU-Aufsichtsbehörden in verschiedenen Branchen aufzubauen.

Ein hoher Regierungsbeamter bestätigte der „Financial Times“, die Vorbereitungen seien „praktisch nicht existent“. Das Finanzministerium zögert, Ausgaben zu tätigen, die sich am Ende vielleicht als unnötig erweisen.

May setzt offenbar darauf, dass Großbritannien auch in Zukunft auf wesentliche Teile der EU-Infrastruktur zugreifen kann. Im Weg stehen allerdings noch ihre eigenen roten Linien. Sie wiederholt bei jeder Gelegenheit, dass das Land Binnenmarkt und Zollunion verlassen wird. Hinter den Kulissen sucht sie aber schon nach Wegen, wie sie diese harten Brexit-Vorgaben aufweichen kann.

Übergangszeit für die Grenze auf der irischen Insel

Beispiel Irland: Um die künftige EU-Außengrenze offen zu halten, diskutiert Mays Kabinett seit Wochen über zwei Optionen: Die Zollpartnerschaft und „unsichtbare“ Grenzkontrollen etwa durch technologische Lösungen. Weil beides frühestens 2023 einsatzbereit wäre, sollen als Zwischenlösung bis dahin erst mal die alten Regeln weiter gelten.

Ob eines der neuen Modelle je zum Einsatz kommt, ist fraglich: Die EU hat beide Vorschläge bereits abgelehnt, und selbst in der britischen Regierung gibt es große Zweifel, ob sie überhaupt umsetzbar wären. Am Ende, so die Einschätzung in regierungsnahen Kreisen, könnte es darauf hinauslaufen, dass Großbritannien einfach eine neue Zollunion mit der EU vereinbart, wenn die Brexit-Debatte etwas abgeklungen ist.

Eine Zollunion allein würde jedoch nicht ausreichen, um den grenzenlosen Handel zu sichern. Schließlich müssten Waren immer noch auf ihre Binnenmarkt-Tauglichkeit geprüft werden. Im Gespräch ist daher auch ein Verbleib im Binnenmarkt für Güter.

Aus Sicht der konservativen Hardliner wäre das Verrat an der Brexit-Idee. Schließlich würde Großbritannien EU-Regeln folgen, ohne ein Mitspracherecht zu haben. Doch der Druck aus der Industrie ist immens, die wirtschaftlichen Interessen in den Vordergrund zu stellen.

Britisches Rosinenpicken

Die andere Frage ist, ob die Europäer bei dem Plan mitmachen würden. Bisher sperren sie sich gegen einen selektiven Zugang zu Zollunion und Binnenmarkt. Jegliche Sonderbehandlung der Briten, so die Furcht, könnte Ansprüche bei anderen Mitgliedstaaten wecken. Auch eine Verlängerung der Übergangsperiode ist im Scheidungsvertrag nicht vorgesehen.

EU-Chefunterhändler Michel Barnier hat immer auf einem klar definierten Endpunkt bestanden - schon um den Druck auf den schwächeren Verhandlungspartner Großbritannien zu erhöhen, zu einer Einigung zu kommen.

Londoner Brexit-Beobachter halten eine zweite Übergangsperiode aber für unumgänglich. „Die Übergangsperiode ist nicht lang genug“, sagt Sam Lowe vom Thinktank Centre for European Reform. Großbritannien werde Ende 2020 immer noch nicht bereit sein für den Brexit. Im besten Fall könnten beide Seiten bis dahin ein neues Handelsabkommen aushandeln. Die Umsetzung könne dann aber nicht über Nacht erfolgen, sondern erfordere eine weitere Übergangszeit.