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Brisante Chefsuche: Commerzbank-Aufsichtratschef tauscht sich rege mit Bundesregierung aus

Hans-Jörg Vetter hat sich mehrfach mit Vertretern des Finanzministeriums getroffen. Wie stark mischt sich die Politik in die Suche nach einem neuen CEO ein?

Der neue Aufsichtsratschef der Commerzbank hat in den vergangenen zwei Wochen mit Finanzminister Olaf Scholz, Finanzstaatssekretär Jörg Kukies und Bafin-Chef Felix Hufeld gesprochen. Foto: dpa
Der neue Aufsichtsratschef der Commerzbank hat in den vergangenen zwei Wochen mit Finanzminister Olaf Scholz, Finanzstaatssekretär Jörg Kukies und Bafin-Chef Felix Hufeld gesprochen. Foto: dpa

Seit dem 3. August ist Hans-Jörg Vetter Aufsichtsratschef der Commerzbank – und seitdem ist sein Kalender gut gefüllt. Bereits einen Tag nach seiner Wahl hatte der 68-Jährige einen Termin bei Felix Hufeld, dem Chef der Finanzaufsicht Bafin. Das geht aus einer Antwort des Finanzministeriums auf eine kleine Anfrage des FDP-Finanzexperten Frank Schäffler hervor, die dem Handelsblatt vorliegt.

Am 27. August traf Vetter dann Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Finanzstaatssekretär Jörg Kukies. Laut Finanzministerium handelte es sich dabei um den üblichen Antrittsbesuch eines neuen Chefkontrolleurs. Gut eine Woche später, am Sonntag, dem 6. September, sprach Vetter dann erneut mit Kukies.

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Der Finanzstaatssekretär hatte am 26. August zudem einen Termin mit Commerzbank-Firmenkundenchef Roland Boekhout. Dem Niederländer werden gute Chancen eingeräumt, die Nachfolge von Commerzbank-Chef Martin Zielke anzutreten, der das Institut spätestens Ende des Jahres verlässt.

„Der regelmäßige Austausch mit Herrn Vetter und anderen Managern der Commerzbank zeigt, dass sich die Bundesregierung bei der Suche nach einem neuen Vorstandschef und einer neuen Strategie intensiv einmischt“, sagt FDP-Politiker Schäffler.

Grundsätzlich sei es richtig, dass sich der Bund als größter Aktionär dafür einsetze, dass die Commerzbank endlich eine neue Führungsspitze und eine neue Strategie bekomme, findet der Bundestagsabgeordnete. „Ich würde mir allerdings wünschen, dass der Bund mit offenem Visier agiert und klar kommuniziert, was er von der Commerzbank erwartet.“

„Vetter lässt sich von niemandem reinreden“

Der Staat hat die Commerzbank in der Finanzkrise vor dem Aus gerettet und ist heute mit einem Anteil von 15,6 Prozent größter Aktionär. Mit Jutta Dönges und Frank Czichowski sitzen zwei Vertreter der Bundesregierung im Aufsichtsrat. Dönges, im Hauptberuf Co-Chefin der Finanzagentur, leitet zudem den Präsidial- und Nominierungsausschuss, der mit der Suche nach einem neuen CEO betraut ist.

Der Eindruck, dass am Ende die Politik über den neuen Vorstandschef entscheidet, wird in Vetters Umfeld jedoch entschieden zurückgewiesen. Dass der Chefkontrolleur mit dem Bund über die CEO-Suche und die Lage der Bank spreche, sei selbstverständlich, sagten mehrere mit dem Thema vertraute Personen. Am Ende liege die Entscheidung aber bei Vetter und dem Aufsichtsrat.

Vetter hatte im Sommer Finanzkreisen zufolge klargemacht, dass er den Aufsichtsratsvorsitz bei der Commerzbank nur übernimmt, wenn er dort freie Hand hat. Dass er sich von der Politik im Tagesgeschäft nicht beeinflussen lässt, hat er bereits in seiner Zeit als Chef der Landesbank LBBW mehrfach unter Beweis gestellt. Gerüchte, dass sich in Berlin einige eine externe Kandidatin als neue Commerzbank-Chefin wünschen, werden in Vetters Umfeld deshalb eher amüsiert zur Kenntnis genommen.

Auch in Regierungskreisen heißt es, für die Auswahl und Berufung von Vorstandsmitgliedern sei der Aufsichtsrat verantwortlich, der dabei eigenständig agiere. „Das gilt besonders für Vetter. Der hat seinen eigenen Kopf und lässt sich von niemandem reinreden.“

Vetter selbst hat kürzlich in einem Interview im Intranet der Commerzbank betont, dass die Suche nach einem neuen CEO für ihn höchste Priorität hat.

„Wir werden eine Shortlist möglicher interner und externer Kandidaten zusammenstellen und dann im Aufsichtsrat gemeinsam entscheiden“, erklärte er. „Dabei werden wir uns genau anschauen, welche Eignungen die Kandidaten mitbringen und wie gut das zu dem passt, was die Commerzbank braucht.“

Wichtig ist dem Aufsichtsrat Finanzkreisen zufolge, dass der neue CEO Erfahrung darin hat, beschlossene Umbaumaßnahmen konsequent umzusetzen. Darüber hinaus soll er ein guter Kommunikator sein, der die Mitarbeiter beim anstehenden Umbau mitnehmen kann. Erwünscht sind darüber hinaus Kenntnisse im Privat- und Firmenkundengeschäft. Die Commerzbank wollte sich zur Chefsuche nicht äußern.

„Beim Bund gibt es einen Interessenkonflikt“

Deutschlands zweitgrößte Privatbank steht wegen der dauerhaft niedrigen Zinsen, des harten Wettbewerbs und der Coronakrise unter Druck. Als Reaktion will das Institut Tausende Stellen streichen, sein Filialnetz ausdünnen und die Kosten so deutlich senken. Beschlossen werden kann die neue Strategie jedoch erst, wenn ein neuer Vorstandschef an Bord ist.

FDP-Politiker Schäffler fordert, dass der Bund seine Anteile an dem Geldhaus möglichst schnell über den Markt verkauft. „Denn es ist unwahrscheinlich, dass zeitnah ein Käufer aus dem In- oder Ausland um die Ecke kommt.“ Dazu seien die Risiken am Bankenmarkt zu groß und sei die Verfassung der Commerzbank zu schlecht.

„Problematisch finde ich, dass es beim Bund ganz offensichtlich einen Interessenkonflikt gibt, weil er bei der Commerzbank als Eigentümer und Aufsicht unterwegs ist“, sagt Schäffler. Während die Bafin mit der Commerzbank über Wirecard und andere Themen spreche, habe der Bund ein Interesse daran, seinen Anteil an der Bank zu einem möglichst hohen Preis zu verkaufen. „Das hat ein Geschmäckle“, findet Schäffler. „Der Umgang der Bundesregierung mit der Commerzbank zeigt, wie problematisch staatliche Beteiligungen an Unternehmen grundsätzlich sind.“

Das Finanzministerium hält die Kritik für unbegründet. „Die Commerzbank unterliegt bekanntermaßen der EZB-Aufsicht und nicht der Aufsicht der Bafin“, erklärte ein Sprecher.