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Was bringt ein neues Logo wirklich?

Volkswagen, Lufthansa, Facebook: Viele Firmen haben ihre Markenauftritte kostspielig überarbeitet. Dabei kann ein neues Emblem durchaus auch schaden.

80 Maschinen fliegen schon im neuen Gewand (l.). Bis alle 300 Flugzeuge umlackiert sind, dauert es noch sechs Jahre. Foto: dpa
80 Maschinen fliegen schon im neuen Gewand (l.). Bis alle 300 Flugzeuge umlackiert sind, dauert es noch sechs Jahre. Foto: dpa

Am Tor des VW-Werks in Zwickau glänzt das neue Markenzeichen in tiefem Schwarz und auffälligem Silber. Mehrere Hundert Kilometer von der Zentrale in Wolfsburg entfernt haben Techniker das im September enthüllte Logo längst montiert. Nur an einer Stelle wurde geschludert. Am Pförtnerhäuschen hat der Hausmeister das alte Logo einfach mit Folie überklebt. Nicht schön, aber wenigstens neu. Design kann eben auch pragmatisch sein.

In Zwickau herrscht Aufbruchstimmung. Seit Montag läuft in der sächsischen Fabrik VWs Vorzeigestromer ID.3 vom Band. Zum Produktionsstart ist sogar Angela Merkel gekommen. In Halle 26 lässt sich die Kanzlerin mit den Topmanagern ablichten. Im Hintergrund: die neuen Autos, an deren Frontpartien ebenfalls das neue Markenzeichen angebracht ist. Ein Bild, das für die Neuausrichtung eines gesamten Unternehmens stehen soll: Saubere E-Mobile statt dreckiger Dieselfahrzeuge. „New Volkswagen“ sagen sie in Wolfsburg.

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Um den Wandel bei VW sichtbar zu machen, werden bis Ende 2020 bei mehr als 10.000 Händlern in aller Welt die Logos ausgetauscht. Damit ist VWs Rebranding eines der größten Wechselspiele der Industrie, aber bei Weitem nicht das einzige: Anfang der Woche hat Facebook ein neues Emblem enthüllt.

In den Warenhäusern der fusionierten Unternehmen Kaufhof und Karstadt prangt seit März der blau-grüne Schriftzug Galeria. Bei der Lufthansa fliegt ein weißer Kranich auf blauen Heckflossen durch die Lüfte. Die Liste der kleinen und großen Eingriffe in die Logolandschaft ist aber noch viel länger: Egal ob Douglas, Bosch, Ikea oder Aldi Süd – Deutschlands Firmen sind im Rebranding-Fieber.

Das Bohei mit der Umetikettierung beschäftigt in den Konzernen Heerscharen von Mitarbeitern. Agenturen durchlaufen Pitch-Marathons, Freelancer feilen in Nachtschichten an Entwürfen, und am Ende – Designer mögen Nachsicht walten lassen – sieht der neue Markenauftritt doch irgendwie fast so aus wie der alte. Wozu also der Aufwand? Und hätte es das alte Logo nicht auch getan?

Der Fall VW: Aufbruch in eine neue Ära

In Jochen Sengpiehls Büro in Wolfsburg leuchtet das neue VW-Logo schon länger. Wochen vor der offiziellen Enthüllung musste der Volkswagen-Marketingchef die Jalousien an seinem Arbeitsplatz runterlassen. Zu groß war die Gefahr, dass irgendjemand von der angrenzenden Bundesstraße aus vorab das Logo erspähte. Erste Managementlehre also: Rebranding ist Geheimarbeit.

„Jedes Logo hat seine Zeit“, sagt Sengpiehl, als er seinen Gast empfängt. Der VW-Marketingchef hatte damals, als der Vorstandschef noch Martin Winterkorn hieß, den Claim „Das Auto“ erfunden. Präzision, Spaltmaße, Stanzungen, Nockenwellen dafür stand schon immer die VW-Welt. Es war ihre „Story“, wie der Marketingchef sagt. Dazu passte auch das alte 3D-Logo von 2012 mit Sengpiehls Spruch. Die Frage war: „Was ist das nächste Kapitel?“

In Wolfsburg erzählt man sich die Anekdote, dass Sengpiehl zusammen mit Chefdesigner Klaus Bischoff in der Entwicklungsphase des ID.3 das alte Logo auf dem neuen Modell erspähte. Dann schüttelte er den Kopf und befand, dass es so nicht funktionieren würde, denn: „Unser Brand Design steht für die Neuausrichtung des gesamten Unternehmens.“

Sengpiehl lässt keinen Zweifel daran, dass der Strategieschwenk einscheidend für die Zukunft des Konzerns ist. „Elektrifizierung“, „klares Commitment zum Thema CO2“, „Dekarbonisierung“, „Digitalisierung“ – so fasst er die Eckpfeiler des neuen, des „New Volkswagen“ zusammen. Kollabiert auch nur eine Säule, schadet das der Marke – und damit auch dem Auftritt.

Natürlich habe die Abgasaffäre das Tempo, mit dem VW seinen neuen Markenauftritt entwickelt hat, massiv beschleunigt. „Normalerweise braucht man für die Erarbeitung eines 360-Grad-Brand-Designs, wie wir es gemacht haben, ungefähr anderthalb bis zwei Jahre. Wir hatten das in wenigen Monaten fertig.“ Trotzdem besteht Sengpiehl darauf, dass es auch ohne Dieselgate ein neues Logo gegeben hätte. Nur eben nicht ganz so „radikal“, wie der Chief Marketing Officer sagt.

Das Firmenlogo ist das wohl wichtigste Aushängeschild eines Unternehmens, sagen Markenexperten. Es soll einzigartig sein, Kunden Vertrauen und Qualität vermitteln. Für manche hat es gar Kultcharakter – wie das Apfel-Logo für die Fans des iPhone-Herstellers. Nicht nur nach Fusionen und bei Übernahmen mögen Management und Kreativabteilung gute Gründe haben, auch optisch eine neue Zeit zu symbolisieren.

„Bei Marken ist es wie bei Menschen“, sagt Franz-Rudolf Esch, Unternehmensberater und Professor für Markenmanagement an der EBS-Universität in Oestrich-Winkel. „Sie müssen sich im Zeitverlauf weiterentwickeln, um attraktiv zu bleiben.“ Manchmal aber sei ein neues Emblem auch nur ein Egospielchen des Managements, das sich ein Denkmal setzen will, so Esch.

„Markenführung ist erst mal Diktatur“, sagt VW-Manager Sengpiehl. Doch der Entstehungsprozess des neuen VW-Logos sei „maximal basisdemokratisch“ abgelaufen. In Berlin hat der Konzern ein sogenanntes „Powerhouse“ für die Arbeit am Branddesign eingerichtet. Etwa 60 Werber und Kreative feilten mit 40 VW-Beschäftigten in agilen Sprints am Neuauftritt. Insgesamt waren 19 interne Teams und 17 Agenturen beteiligt. Zu Stoßzeiten traf man sich zwei- bis dreimal pro Woche – parallel zum Tagesgeschäft. Inzwischen sei die Taktung niedriger, so Sengpiehl.

Lohnt sich der Aufwand? Einer ersten VW-Auswertung zufolge ja. In Googlesuchen, der neuen Währung im digitalen Marketingzeitalter, werde Volkswagen nun deutlich öfter mit Elektromobilität in Verbindung gebracht. Die Assoziation zwischen dem Modellnamen „ID“ und der Autoindustrie habe sich seit der Kampagne in Onlinebefragungen mehr als verdoppelt, auch die Verbindung zwischen „ID“ und Volkswagen habe im Bewusstsein der Kunden stark zugenommen, sagt Sengpiehl. Auch dass der Konzern trotz Dieselskandals mehr Autos verkauft als jemals zuvor, deutet darauf hin, dass langfristig aufgebaute Marken kurzfristige Krisen überdauern. Logo hin oder her.

Bei den Kosten will der Marketingchef hingegen nicht ganz so tief ins Detail gehen, nur so viel: Der finanzielle Aufwand sei „gar nicht so groß“ gewesen. Die Konzeptions- und Entwicklungskosten für das neue Logo seien vergleichbar mit einer großen Markteinführungskampagne, erklärt er.

Viele Manager würden die Wirkung eines neuen Logos überschätzen, sagt Markenexperte Esch. „Für Kunden ist das eigentliche Produkt der viel größere Hebel, um sich für eine bestimmte Marke zu entscheiden.“ Was sie primär mit einer Marke verknüpfen, sei die Qualität oder der Service, die eine Firma biete. „Da ist es nachrangig, wie das neue Logo aussieht.“

Dem widerspricht VW-Mann Sengpiehl: Natürlich stehe das Produkt im Mittelpunkt und müsse halten, was es verspreche. „Ein konsistenter, glaubwürdiger Markenauftritt ist jedoch deutlich wichtiger geworden. Keinen Kunden interessiert heute allein das Produkt.“

Der Fall Lufthansa: Vertrauen statt Revolution

Dass man auch 28 Jahre lang als Konzern mit dem gleichen Logo gut leben kann, zeigt das Beispiel Lufthansa. Alexander Schlaubitz hatte die Aufgabe, dem Kranich des Konzerns ein Facelift zu verpassen. Vergangenes Jahr, zum 100-Jährigen des Ur-Symbols, präsentierte der Marketingchef das neue Logo. Es macht Schluss mit dem als Spiegelei bekannten gelben Kreis am Heck. Ob ihm das alte Logo nicht gefallen habe? „Es war großartig, aber nur in der analogen Welt.“ Auf Handys und Smartwatches sei das alte Emblem „nicht so trennscharf zu erkennen“ gewesen.

Ähnlich wie bei VW symbolisiert auch das neue Selbstverständnis der Hansa die hauseigene Strategie. Lufthansa will sich von Billigfliegern absetzen und weiter im Premiumsegment positioniert bleiben. Neue Flotte, neue Businessclass, neuer Markenauftritt: „Mit der blauen Farbe wollen wir bei Kunden und Mitarbeitern Klarheit, Wertigkeit und Seriosität signalisieren“, sagt Schlaubitz, der vorher bei Facebook arbeitete.

Zunächst Strategie und Geschäftsmodell definieren, dann die Optik darauf abstimmen – für Experten ist dieses Vorgehen im Rebranding beispielhaft. Aber: Nur wenige halten sich ans Lehrbuch, oft passen Unternehmen nur die Ästhetik an. „Das bringt überhaupt nichts, weil die äußere Hülle nicht mehr glaubwürdig zum Inhalt der Marke passt“, sagt Jürgen Gietl, Managing Partner bei der Markenstrategieberatung Brand Trust. Rebranding sei weniger Kosmetik als Heilfasten, sagt Gietl: „Die Schönheit kommt von innen.“

Trotzdem haben Kritiker bei Lufthansa viel zu meckern: Zu mutlos, sagen die einen, zu wenig Lufthansa-Gelb, sagen die anderen. Kritik, die Peter Martin schon oft gehört hat. Der Gründer und CEO der Münchener Markenberatung „Martin et Karczinski“, Lufthansas Lead-Agentur, entgegnet: Das Gelb habe „eine neue Qualität“. Die Farbe sei dosierter eingesetzt, überall dort, wo Orientierung und Interaktion gefragt sei – auf Hinweisschildern oder Buttons der Homepage.

Bis zu 25 Mitarbeiter der Agentur arbeiteten zwei Jahre lang an der neuen Markenidentität von Lufthansa, daneben vier weitere Marketingkenner, ein Lackierungsexperte und zehn Spezialagenturen, die etwa die neue Lufthansa-Schrift entworfen haben. Acht Konzernmitarbeiter bildeten das Kernprojektteam – und bewerteten die Entwürfe der Agentur. 100 Anläufe brauchten die Designer allein, um den Kranich neu zu zeichnen, immer wieder passten sie Details ein, um der Darstellung in der digitalen Welt und auf den Fliegern gerecht zu werden.

Dennoch lief nicht alles glatt. Die ersten beiden Maschinen waren schon neu lackiert, als die Macher feststellten: Das Logo auf dem Leitwerk ist zu klein. Außerdem wirkte das Blau bei schlechten Lichtverhältnissen schwarz. „Die Lackfarbe eines Flugzeugs ist eine eigene Wissenschaft“, sagt Agenturchef Martin. Die Farbe müsse hohe Temperaturunterschiede aushalten, dürfe aber – um Kraftstoff zu sparen – auch nicht zu schwer sein.

Und anderthalb Jahre nach der Logo-Präsentation fängt die Arbeit an vielen Stellen jetzt erst so richtig an: Die Terminals an den Drehkreuzen München und Frankfurt werden 2020 angepasst. Von den 300 Lufthansa-Jets fliegen erst 80 im neuen Gewand. Bis 2025 dürfte es noch dauern, erst dann wird die gesamte Flotte umlackiert sein.

Das sei „aus Branding-Sicht ein suboptimaler Zeitraum“, gibt Lufthansa-Manager Schlaubitz zu. Damit das Projekt in einem „wirtschaftlich sinnvollen Rahmen“ stattfinde, würden die Flieger nicht früher umlackiert als nötig. Aus demselben Grund wird an Bord der Jets auch nicht jedes der 800 Lufthansa-Logos geändert.

Der Fall Facebook: Imagepolitur in drei Farben

Radikaler hat sich Facebook verändert. Statt in dicken blauen Lettern präsentiert sich das Online-Netzwerk nun in schmalen Großbuchstaben. Der Roll-out erfolgt in den nächsten Wochen. Mit dem neuen Brand Design will Facebook-Marketingchef Antonio Lucio gerade den jüngeren Kunden klarer machen, dass auch die Fotoplattform Instagram und der Messenger WhatsApp zum Konzernimperium gehören.

Dazu soll auf jeder Plattform auch der Schriftzug „Facebook“ sichtbar sein: Bei WhatsApp in Grün, bei Instagram in Rot-Orange. Die Hoffnung dahinter: Durch die klarere Verbindung solle sich das Ansehen des Gesamtkonzerns verbessern. Facebook steht nach diversen Datenskandalen in der Kritik. Der Konzern hatte sogar offen über eine Namensänderung nachgedacht, sich am Ende aber dagegen entschieden.

Die Firma habe nicht den Eindruck erwecken wollen, dass sie vor Problemen weglaufe. Dennoch könnte das Logo-Pendel für Facebook auch in die andere Richtung ausschlagen, räumt auch Lucio im Interview mit dem US-Wirtschaftsdienst „Bloomberg“ ein: dann nämlich, wenn das angeschlagene Image der Marke negativ auf die anderen Produkte abfärbe. Aber das hofft am Hauptsitz in Menlo Park niemand. Positiv denken, lautet das Mantra im Silicon Valley.

Am Ende geht es beim Rebranding immer um Behutsamkeit. Weswegen bisweilen der Eindruck entsteht, dass die Kreativen nicht sonderlich viel verändert haben. So wie bei Ikea: Der schwedische Möbelhändler änderte im Sommer sein Logo lediglich in homöopathischen Dosen. Das gelbe Oval ist etwas rundlicher als vorher, die Serifen der blauen Buchstaben leicht reduziert. Ergebnis: Die Ikea-Buchstaben sind 15 Prozent größer. Den meisten Kunden dürfte das nicht aufgefallen sein – dennoch plädieren Experten für solche Anpassungen. „Kunden nehmen das unterbewusst wahr“, sagt Gietl. Im Übrigen würden sie sehr bewusst wahrnehmen, wenn ein Logo nicht mehr in die Zeit passe.

Auch VW-Manager Sengpiehl sagt, man müsse mit einer Marke vorsichtig umgehen. Jedes Jahr am Logo rumfummeln – das gehe doch nicht. „Je größer der Bruch ist, desto skeptischer sieht das der Verbraucher“, fasst es Markenexperte Gietl zusammen. Das gelte umso mehr für die Luftfahrt, wo ein zu gewagter optischer Neuauftritt Vertrauen verspielen könne.

Diese Erfahrung musste auch der Schweizer Schokoladenhersteller Cailler machen. Die Nestlé-Sparte macht deutlich mehr Umsatz als der hierzulande bekanntere Chocolatier Lindt & Sprüngli. Doch dieser Vorsprung wäre durch eine Veränderung am Erscheinungsbild fast dahingeschmolzen: Auf Wunsch einer Managerin lancierte das Unternehmen 2006 neue Edelverpackungen aus Plastik.

Die Konsumenten störten sich daran, der Umsatz brach um ein Viertel ein. Selbst manche Händler nahmen die Schweizer Schoki zwischenzeitlich aus dem Programm. Cailler stieg nach der Kritik wieder auf die ursprüngliche Verpackung um. Und die Managerin? Musste gehen.