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Das bringt das Börsenjahr 2019

Was sind die größten Risiken für die Börse, welche Chancen bietet das Jahr 2019 und wie sollten sich Anleger positionieren? DER AKTIONÄR hat für die Titelstory der Ausgabe 51/18 bei mehreren Experten nachgefragt. Hier sind die Antworten auf diese Fragen von Robert Halver, Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank.

DER AKTIONÄR: Was war Ihrer Meinung nach ausschlaggebend für den jüngsten Kursrücksetzer: Rezessionsängste, die inverse Zinsstruktur, Sorgen um den Handelsstreit oder ein ganz anderer Grund?

Robert Halver: Bislang hält das Quartetto Infernale - Handelskonflikt, EU-Italo-Schuldenstreit, Brexit, Zinsangst - die Finanzmärkte fest im Schwitzkasten, so dass Hedge Funds und Vermögensverwalter ihre Investitionsquote auf Sparflamme halten. Der Anfang einer lang anhaltenden Baisse ist das aber grundsätzlich nicht. Allerdings sind dazu politische Lösungen der o.g. Probleme eine Bringschuld.

Welche weitere Entwicklung erwarten Sie im laufenden Handelsstreit zwischen den USA und China?
Eine nachhaltige Lösung des von den USA ausgehenden Handelskonflikts mit China und der EU verlagert sich in das kommende Jahr. Die Basis für eine Lösung ist jedoch gelegt. Trotz der Huawei-Affäre hat China immerhin bekräftigt, dass es den Handelsstreit beilegen will, so dass bis März 2019 sogar mit einem Abkommen zu rechnen ist. Möge Trump seine egozentrischen Aktionen unterlassen. Denn damit torpediert er seinen eigenen US-Aktienmarkt. Während China nicht den US-Absatzmarkt aufgeben will, kann Amerika nicht auf die günstigen Vorprodukte aus China verzichten und will weiterhin Sojabohnen, Weizen und Mais nach China exportieren. China hat sich in der Zollfrage bereits offen gezeigt. Die Fabrikschließungen bei GM, die auch auf den Handelsstreit mit China zurückgehen, werden der Trump-Administration zu denken geben.

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Rechnen Sie für 2019 mit einer deutlichen Abschwächung der Weltkonjunktur?
Von einer Rezession ist nicht auszugehen, wenn atmosphärische Annäherungen im Handelskrieg zwischen den USA und China wie Doping die angeschlagene Wirtschaftsstimmung aufhellt. In den USA wird die Wachstumsverlangsamung von einer nicht weiter bremsenden US-Notenbank abgefedert. Das sorgt gleichzeitig für wieder freundlichere Wirtschaftsperspektiven in den Schwellenländern, die nicht unter massiver Kapitalflucht in die USA zu leiden haben, was ihre Währungen stabilisiert. Und in der Eurozone kehrt finanzpolitische Gnade vor Stabilitäts-Recht die Schuldenprobleme insbesondere in Italien unter den Teppich und hebt insofern die finanzpolitische und damit auch konjunkturelle Stimmung. Vor diesem Hintergrund ist auch kein Ende der geldpolitischen Happy Hour der EZB zu erwarten, die weiterhin als Konjunkturstabilisator wirkt und den Anlagenotstand verlängert, der im Aktienmarkt Linderung sucht. Und dazu hat sie jetzt die höheren Weihen vom Europäischen Gerichtshof bekommen, der Anleihekäufe der EZB als gesetzeskonform erklärt hat. Damit hat die EZB ein Instrument, dass sie bei jeder Krise einsetzen kann.

Wie werden die Notenbanken in den USA und in Europa darauf reagieren?
Der Zinsrealismus ist in der Chefetage der Fed angekommen. Die selbst in den USA stockenden Konjunkturperspektiven haben US-Notenbankpräsident Powell bewogen, sanftere Zinstöne anzuschlagen. Laut Notenbankchef Powell liegt der US-Leitzins nur noch knapp unter dem für die Wirtschaft neutralen Niveau, bei dem sich Risiken der konjunkturellen Überhitzung und des wirtschaftlichen Abschwungs ausgleichen. Solche Aussagen lassen aufhorchen, waren doch die amerikanischen Leitzinsen laut Fed noch Anfang Oktober weit entfernt von jeglicher Neutralität und sollte der Zinserhöhungskurs bis 2020 fortgesetzt werden. Vor diesem Hintergrund ist 2019 das Jahr des Exit vom Zinserhöhungstrend. Angesichts der Überschuldung Amerikas auf Staats- aber auch privater Ebene und einer Wachstumsverlangsamung wird man der Konjunktur nicht mit noch weiterer Zinsrestriktion den Garaus machen. Vor Zins- und Renditeerhöhungsängsten muss man 2019 ähnlich wenig Angst haben wie vor dem Gespenst unter dem Bett.
Auf ihrer Jahresabschlusssitzung hat die EZB ihre Anleihekäufe zwar wie erwartet eingestellt. Bei näherer Betrachtung ist diese geldpolitische Maßnahme aber kaum restriktiv, da zunächst das Rekordniveau an Liquidität durch Reinvestierung fällig werdender Anleihen längerfristig erhalten bleibt.

Zudem gibt es Überlegungen, die Liquiditätsoffensive mit anderen Instrumenten, mit der erneuten Zurverfügungstellung von Langfristkrediten (TLTROs) an Banken sozusagen „über Bande spielen“ verkappt fortzusetzen. Diese Finanzmittel könnten die Banken wie bereits nach den Liquiditätsspritzen 2014 und 2016 zum Kauf von Staatsanleihen nutzen. Sobald sich zeigt, dass Italien nicht von der Euro-Fahne geht, gibt es dann keinen Grund für unter Anlagenotstand leidende Anleiheinvestoren sich die hohen italienischen Renditen zu sichern. Dem Renditeerhöhungsdruck für Staatsanleihen der Eurozone - auch aus Italien - wäre wirksam vorgebeugt.

Darüber hinaus geben der Handelskonflikt und eine insgesamt verhaltenere Weltwirtschaft der EZB sowieso Munition für zinsseitige Entspannungspolitik. Vor diesem Hintergrund dürften die Leitzinsprojektion der EZB sogar eher noch taubenhafter ausfallen. Schädigende Zinssteigerungen haben DAX und Co. 2019 nicht zu befürchten.

Sollten Anleger 2019 eher auf Aktien, Rohstoffe oder Anleihen setzen?
Die Politiker müssten kollektiv an Rinderwahnsinn leiden, wenn sie nach 10-jähriger Dauerrettung auf Eskalation der Krisenpotenziale wechseln und damit den Untergang der Finanzwelt mit allen Kollateralschäden in Kauf nehmen. Vor diesem Hintergrund hat das Aktienjahr 2019 das Zeug dazu, das Gegenteil von 2018 zu werden. Für 2018 war man zu positiv gestimmt, für 2019 zu pessimistisch. Die Erwartungshaltung ist sehr gering. Aktien sollten auch im kommenden Jahr zentraler Portfoliobaustein bleiben.
Zinsvermögen als Aktien- Alternative bleibt so attraktiv wie Fußpilz. Die diätösen Zinsen machen den Weltspartag schon zum Volkstrauertag. Doch es kommt noch schlimmer. Nach Inflation wird aus dem Volkstrauertag sogar der Totensonntag.
Abseits nicht aussterbender Konflikte kommen dem Edelmetall insgesamt zwar nicht die fundamental völlig gerechtfertigten Kurssteigerungen zugute. Als solide Vermögensversicherung gegen finanz- und geopolitische Risiken spricht aber nichts gegen eine Portfolio-Beimischung von etwa 10 Prozent.

Welche Märkte halten Sie im Hinblick auf die kommenden zwölf Monate für besonders attraktiv?
Technologieaktien sprechen vor allem amerikanisch:

Das Gros der Aushängeschilder im Technologiebereich ist in den USA zuhause. Diese Titel sind vergleichsweise hoch bewertet. Während Social Media-Anbieter unter Druck stehen, ihr Werbegeschäft auszubauen und kosteneffizienter zu werden, muss Apple den Nokia-Effekt verhindern und sich auf die Erschließung neuer Geschäftsfelder konzentrieren. Es reicht zukünftig nicht mehr, immer neue Smartphones mit Minimalverbesserungen auf den Markt zu bringen. Angesichts der immer höheren Verkaufspreise sowie der Konkurrenz durch Samsung und Huawei ist der Markt zunehmend gesättigt. Allerdings besteht der NASDAQ nicht nur aus Apple und Facebook, Alphabet, Twitter, etc.. Branchenintern kommt es zu Trendwechseln. Der Fokus auf Entertainment lässt zugunsten der industriellen Digitalisierung nach. Die Tech-Riesen im Bereich Cloud-Computing profitieren von ihrer Marktführerschaft. Zudem stehen Unternehmen aus den Wachstumsbereichen „Robotics“ und „künstlicher Intelligenz“ - d.h. Ersatz des Menschen durch die Maschine - langfristig im Mittelpunkt des Anlegerinteresses.
Außerdem werden Werte aus der zweiten Reihe die erste zunehmend verdrängen. Ihnen gehört mit Innovationen, noch lange nicht ausgereizten Geschäftsmodellen und nicht zuletzt mit Übernahmephantasien die Aktienzukunft. Zwar sind zwischenzeitliche Gewinnmitnahmen immer wieder einzukalkulieren. Insgesamt dürfte sich die relative Stärke von High-Tech-Werten angesichts des Megathemas Digitalisierung, das den Vergleich mit der Erfindung der Dampfmaschine nicht zu scheuen braucht, gerade in Amerika anhalten.

Schwellenländer - Die Spreu trennt sich vom Weizen:
Die (wirtschafts-)politischen Krisen in der Türkei und in Lateinamerika wachsen sich nicht zu einer allgemeinen Schwellenländer-Krise aus. Insgesamt sind die Anleger bereit, eine differenzierte Einschätzung der Schwellenländer anhand ihrer volkswirtschaftlichen Kennzahlen vorzunehmen, die sich ebenso in unterschiedlicher Wertentwicklung ihrer Aktienmärkte offenbart. Sicherlich gilt, dass das allgemeine Krisenvirus in den Emerging Markets in Form von Kapitalabzug umso größer ist, je mehr die US-Notenbank eine restriktive Haltung an den Tag legt. Doch ist sich die Fed ihrer weltkonjunkturellen Bedeutung bewusst und wird ihre geldpolitischen Verschärfungen der Vergangenheit nicht wiederholen. Denn bei einer von den Emerging Markets ausgehenden Weltwirtschaftskrise wäre sie gezwungen, anschließend die Zinsen wieder drastisch zu senken. Daher fährt sie einen ruhigen, bald beendeten Zinserhöhungskurs.
Regional sind die Länder Asiens nicht nur aufgrund ihrer finanzpolitischen Bonität und vielfach ausgestattet mit Leistungs- und Exportüberschüssen stabiler aufgestellt als die Konkurrenz aus Lateinamerika. Länder wie Indien oder Indonesien bilden ebenso konsumstarke Binnenmärkte, die sie weniger anfällig für weltkonjunkturelle Schwankungen machen. Nicht zuletzt laufen die asiatischen den lateinamerikanischen Ländern auch in puncto Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit sowie Zukunftsbranchen wie Internet, Elektromobilität und Digitalisierung den Rang ab. Diese Outperformance ist auch an den Aktienmärkten zu beobachten.

Europa - Hurra, wir leben noch:
Bei politischer Lösung insbesondere der italienischen Schuldenfrage ergeben sich auch in Europa wieder gute Anlagechancen. Wenn das Damokles-Schwert der Eurosklerose an einem festeren Seil aufgehängt wird, werden sich internationale Anleger neben dividendenstarken auch den Exportaktien wieder zuwenden.
Vor allem sind dann deutsche Aktien aus der zweiten Reihe nachhaltig vielversprechend. Im Gegensatz zu Standardwerten aus dem DAX besetzen sie mit ihren spezialisierten Qualitätsprodukten, Industriepatenten und einer effizienten Kostenstruktur Positionen als Weltmarktführer in zahlreichen Nischenmärkten und machen sich damit unabhängig von der wirtschafts- und finanzpolitischen Großwetterlage. Hinzu kommen Übernahmephantasien von Firmen, die lieber kurzfristig aufkaufen als langfristig selbst entwickeln wollen. Dies gilt speziell für Technologietitel aus dem TecDAX, die vom Megathema Digitalisierung profitieren.

Dividenden:
Nicht zuletzt ist Dividendenlust das Mittel gegen Zinsfrust. Auch 2019 dürften die Unternehmen ähnlich hohe Ausschüttungen vornehmen wie 2018. Damit schlägt man Zinsen und kann vor allem den Zinseszinseffekt durch den Dividendendividendeneffekt ersetzten, wenn man die Ausschüttungen wiederanlegt. Übrigens haben dividendenstarke Aktien haben zudem eine kursstabilisierende Wirkung.